Home › Foren › Maximum Metal › Plattenladen › Nezys und Paulas musikalische Umkleidekabine mit Guckschlitz (mit Prüchtepunch [sic!], Éclairs und Stargästen) › Re: Nezys und Paulas musikalische Umkleidekabine mit Guckschlitz (mit Prüchtepunch [sic!], Éclairs und Stargästen)
Ok, habe das nun gelesen. Hatte das Album witzigerweise schon bestellt, bevor ich überhaupt gesehen hatte, dass du hier eine Weitere deiner Lobeshymnen verfasst hast…
Und eigentlich will ich auch gar nicht weiter auf diesem Vergleich zwischen Converge und Plebeian Grandstand herumreiten, aber…eigentlich will ich das halt doch.
Nachdem ich Jane Doe nun einige Male gehört habe (es dabei natürlich noch nicht ansatzweise so erfasst habe wie du), sind mir einige Unterschiede aufgefallen, die ich nun hoffentlich auchin Worte fassen kann. Einige sind eher oberflächlicher Natur: Die Scream-Vocals z.B. klingen bei Converge noch weniger menschlich als bei PG; teilweise habe ich das Gefühl, mit dem passenden Effektgerät könnte man diese Laute auch aus einer Gitarre herauskitzeln. Der Gitarrensound klingt außerdem etwas anders, ist bei PG roher und knarzender, während Jane Doe eben bei allem Lärm jederzeit sehr sorgfältig produziert wirkt.
Wichtiger aber sind die Unterschiede im Songwriting, obwohl auf den ersten Blick vermutlich die Gemeinsamkeiten überwiegen. In beiden Fällen gibt es chaotische sowie schleppende Parts und eher ungewöhnliche, schwer greifbare Songstrukturen. Groovende Riffs wie in „Homewrecker“ wird man bei PG allerdings nicht finden und darüber bin ich auch froh, da sie, im Gegensatz zu Converge, absolut nicht zur Atmosphäre passen würden (mehr dazu später). Auch entfalten die zähen Momente (zumindest für mich) eine andere Wirkung: Während Converge auch mit angezogener Handbremse noch eine Menge Power ausstrahlen und kraftvoll auf den Hörer zuwalzen, hört es sich bei PG an, als ob sich etwas Schweres auf die Musik gelegt hätte und sie zu Boden drückte – depressed in mehr als einem Wortsinn. Natürlich wird auch bei PG eine gewaltige Energie frei, die aber eher aus den chaotisch-rasenden Parts geschöpft wird. Insgesamt verarbeiten PG wohl auch weniger (wahrnehmbare) Einflüsse als Converge, sodass ohne Thrash-Groove, ohne eindeutige Verbeugungen Richtung Noiserock und ohne cleane Vocals eine weniger eklektische Kompromissloigkeit entsteht.
Obwohl du geschrieben hast, dass der Krieg, den Converge ausfechten, im Bewusstsein stattfindet, führen die oben genannten Aspekte dazu, dass PG auf mich introvertierter wirken als Converge auf Jane Doe. Letzteres kann ich mir gerade wegen der straighteren Parts eher als eine Reaktion auf eine lebensfeindliche Umgebung vorstellen – inklusive allem, was eine solche mit den eigenen Gedanken anstellen mag – während Aggression bei PG ausschließlich nach innen gerichtet zu sein scheint und höchstens aufgrund ihrer gescheiterten Verarbeitung nach außen bricht. Jane Doe scheint mir der passendere Soundtrack zu sein, die Welt da draußen anzuschreien (und mich – vielleicht – während des Titeltracks auch ein wenig mit ihr zu versöhnen), während ich zu PG Stücke aus der Gummizellen-Polsterung herausbeiße, um meinen Kopf gegen die harte Wand darunter hämmern zu können.
Nicht trotzdem, sondern gerade deswegen bin ich aber extrem froh, mir Jane Doe gekauft zu haben und werde es sicherlich noch verdammt oft hören.
Eine Frage noch: Habe ich das richtig verstanden, dass die Absage an den Nihilismus auf Jane Doe für dich darin besteht, dass für gute 30 Minuten die grausamste, verzweifeltste und feindseligste Stimmung erzeugt wird, die vorstellbar erscheint, um durch die im Titeltrack aufkeimende Schönheit und Hoffnung dann zu zeigen, dass daraus nicht die Notwendigkeit erfolgt, allem Guten zu entsagen; dass quasi, wenn man nach dieser Tortur nicht zum Nihilisten wird, es keine hinreichende Bedingung für Nihilismus geben kann? Das wäre ein extrem interessanter Gedanke…
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[indent]Jerry lacht wie ein Kind. Schlurft wie ein alter Mann. Langsame, schleppende Sprache. Zufällige Gedanken, die in einem sterbenden Gehirn hängenbleiben. Verworrene Erinnerungen. Stimmen, die sonst niemand hört.[/indent]