Re: Übermut. Chaos. Keine Seife. Wunschlisten-Battle zwischen Ardor und DMG.

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Dancing Mad God

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Skit System – Helvetesmarschen

Und weiter geht’s mit Crust. Wie sich das fürs Genre gehört, ist der Sound roh produziert, hat jedoch trotzdem ungemein Power. Skit System holzen für zwei Minuten ununterbrochen durch, das Lied hat weder Melodien noch nennenswerten Groove, es ist einfach eine Wand, die unaufhörlich auf den Hörer zuwalzt. Für so ein kurzes Lied vermittelt „Helvetesmarschen“ die Erbarmungslosigkeit dieses Sound ziemlich gut, aber wahrscheinlich muss man direkt ein Dutzend solcher Song am Stück hören, damit sich ein gewisses Feeling breitmachen kann. Als Appetithappen aber durchaus geeignet.

Electric Wizard – Funeralopolis

Es gibt ja diese beliebte Ausrede, man sei nicht in der Lage, einen übermäßig technischen Song vernünftig zu bewerten, da man selbst kein Musiker sei und die zur Schau gestellten Fähigkeiten somit nicht wertschätzen könne (die ich übrigens selbst gerne mal benutze, weil ich auch kein Freund allzu Technik-fixierten Gefrickels bin). Bei Electric Wizard könnte man sich wahrscheinlich ähnlich billig herausreden, indem man zu Protokoll gäbe, man sei kein Kiffer und solche Musik könne man nur stoned wie ’ne Steintafel genießen.
Ganz so einfach will ich es mir aber natürlich nicht machen. „Funeralopolis“ fängt schonmal ziemlich cool an, mit Verstärker-Dröhnen, fettem Bass und Bong-Geblubber im Hintergrund. Die Marschrichtung ist klar. Sobald die tiefen und stark verzerrten E-Gitarren einsetzen, walzt der Song einfach nur noch mit behäbigem Rhythmus nach vorne und der Hörer, von Lethargie ergriffen, kommt gar nicht auf die Idee zur Flucht, sondern lässt sich einfach überrollen. Nach fünf Minuten legt der elektrische Zauberer an Fahrt zu und wechselt vom schleppenden ins Midtempo. Das verleiht dem Ganzen zusätzliche Power, fügt ansonsten aber keine Facette zum Sound hinzu.
Eigentlich ist die Musik schon cool, insbesondere der dichte und dröhnende Sound kann mich überzeugen; ich weiß aber nicht, ob ich das länger als einen Song lang ohne Abwechslung ertragen würde. Stoner war noch nie so richtig mein Genre und auch wenn ich verstehen kann, was andere an dieser Musik finden, hab ich im Moment eher wenig Motivation, mich da weiter reinzuhören.

Prezident – Mise en Abyme

Ein weiterer Künstler, den Ardor selbst ausgesucht hat. Für die Auswahl gibt es zwar Props, aber mit Prezident rennt man bei mir offene Türen ein; einer der wenigen, wenn nicht der einzige Deutschrapper, der mich wirklich überzeugen kann.
Dem Track liegt eine clevere Idee zugrunde: Fünfeinhalb Minuten lang wird die ziemlich unspektakuläre Lebensgeschichte eines namenlosen Protagonisten erzählt, der eine normale Jugend mit allen Stationen des Erwachsenwerdens durchlebt, bis er während seines Zivildienstes von einem Bus überrollt wird. Im Augenblick seines Todes zieht sein Leben vor seinem inneren Auge vorbei, alle Ereignisse werden abgespult, bis es erneut zum tödlichen Unfall kommt, der einen weiteren Flashback zur Folge hat, an dessen Ende wiederum ein Flashback stehen wird. Auf diese Weise kommt es zu einer endlosen Kette von Binnenerzählungen, die den Zeitpunkt des Todes ewig in Länge ziehen und nie einen Abschluss finden wird.
Mein Problem mit dem Track ist, dass über 80% seiner Spielzeit darauf verwendet wird, den betont durchschnittlichen Werdegang des Protagonisten zu erzählen, bevor ganz am Schluss die Bombe platzt und der namensgebende „Mise en Abyme“-Effekt beschrieben wird. Das war beim ersten Mal noch ziemlich beeindruckend, hat mich allerdings mit jedem weiteren Durchlauf zunehmend gelangweilt. Auch der unheilschwangere Beat untermalt zwar effektiv Prez’ Raps, ist aber zu monoton, um den Song darüber hinaus hörenswerter zu machen. Andere Storyteller des Wuppertalers, z.B. „In Wohlgefalln“, finde ich daher besser als dieses Lied.

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[indent]Jerry lacht wie ein Kind. Schlurft wie ein alter Mann. Langsame, schleppende Sprache. Zufällige Gedanken, die in einem sterbenden Gehirn hängenbleiben. Verworrene Erinnerungen. Stimmen, die sonst niemand hört.[/indent]