Re: Warum tragt ihr nen Patronengurt?

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palez

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DeoUlfIch bin in der Regel auch eher Fan von kleineren Konzerten aber hin und wieder sind große Bands in einer großen Location doch auch super. Oder ich formuliere es mal anders: wenn eine Band sich immer treu geblieben ist und ihren Stil nicht geändert hat (sondern nur verfeinert hat), gönne ich denen jeden kommerziellen Erfolg (als Beispiel sei hier HSB genannt; die habe ich das erste Mal vor zehn Jahren und vielleicht 40 Leuten in einem Popelclub gesehen und nun sind sie Headliner vor knapp 40.000 Leuten und deren Stil hat sich nur minimal verändert).

Merke: Auf der Stelle treten ist nicht zu verwechseln mit künstlerischer Integrität.

dentarthurdentMusik ist hetzutage einfach auch zu einem massenproduzierten Konsumgut ohne künstlerischen Anspruch.

Was heißt „heutzutage“? Die Geschichte der massenproduzierten und absichtlich austauschbaren „Gebrauchsmusik“ lässt sich mehrere Jahrzehnte zurückverfolgen; mein frühester Ansatzpunkt wären die 80er und beispielsweise Stock Aitken Waterman sowie Dieter Bohlen. Für meinen Eindruck begann sich das Ganze erst dann wirklich zu professionalisieren, es entstanden Räume, in denen es tatsächlich keinen Platz mehr gab für künstlerische Entfaltung und Idealismus. Gerade dann, wenn man sich, was Musik angeht, eher außerhalb der Mainstream-Radio-Reichweite aufhält, besteht aber die Chance, dass so etwas schnell vergessen und der aktuelle Gebrauchstrash intensiver wahrgenommen wird.

dentarthurdentAber es gibt eben, vor allem in jenen Stilen, die gerade in sind, eine Vielzahl von Leuten, für die Musik nur ein Weg ist, möglichst schnell reich und berühmt zu werden. Auf die Musik ist da mehr oder weniger geschissen. Und der Großteil der „jungen, aufstrebenden“ Künstler in dieser Richtung ist dementsprechend auch in erster Linie drauf bedacht, massenproduziert und reich und berühmt zu werden. Und die breite Masse konsumiert hier eben nur und läuft der Massenkultur hinterher.

Dies mag so vielleicht stimmen, aber nur, wenn man diese Regel beträchtlich ausweitet. Überall da, wo (Sub-)Genres entstehen und die Idee eines Einzelnen zum Stilmittel von Mehreren wird, gibt es bereits ein Publikum, das so etwas hören will. Und wo es dieses Publikum gibt, gibt es Nachschub. Dieser „Nachschub“, der das Fundament und den Bodensatz eines jeden Genres bildet, ist eine Interpretation von Standards und Stilmitteln, kann handwerklich gut oder weniger gut ausgeführt und mehr oder weniger effektiv sein, bleibt aber ebenfalls nach dem Geschmack einer gewissen Zielgruppe gerichtete Massenware. Es gibt kein (!) Genre, das davon verschont bleiben könnte.

Damit möchte ich den Bands und Künslern, die ebendiesen „Nachschub“ bzw. strengkonservative Genreplatten aufnehmen, aber nicht die Motivation von Produzenten(teams) wie Stock Aitken Waterman oder Bohlen unterstellen. Besagte Versorger des Mainstreammarktes stellen Musik quasiindustriell her, der Hintergrundgedanke ist vermutlich hundertprozentig kapitalorientiert. Das lässt sich natürlich nicht mit jedem Genre machen, mit Post-Rock oder Black Metal kann man nicht reich werden. Zudem sind die Szeneprotagonisten eng vernetzt, unabhängig und Selbstversorger, dass einige wenige Produzentenlichtgestalten die musikalischen Trends innerhalb einer Musikrichtung so bestimmen wie im Chartspop, gibt es selten bis gar nicht. Der Grund, wieso auch der Untergrund nicht davor sicher ist, dass Ideen zu Stilmitteln und Stilmittel zu Posen werden, liegt vermutlich in der komplexen Verkettung gegenseitiger Beeinflussung, also in dem sozialen Umfeld und Geschmack jener „jungen, aufstrebenden Künstler“. In den kleineren musikalischen Nischen denkt vermutlich niemand ernsthaft an Geld, hinter jeder Genreplatte kann grundsätzlich Leidenschaft stecken, aber vor allem der Einfluss der Szene, in der und für die sie entsteht.
Ich kann es nachvollziehen, wenn ein absolut nicht besonderes Exemplar einer weniger populären Gattung mehr der eigenen Moral/den eigenen Idealen entspricht als der neueste Auswurf von DSDS, am Ende bleibt jedoch beides sogenannte Massenware.