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15. Altar Of Plagues – Mammal
Das Album, das es gerade noch in meine Top 15 geschafft hat und gleichzeitig auch das Album, zu dem ich – so vermute ich jedenfalls zu diesem Zeitpunkt – am wenigsten zu sagen habe (anscheinend doch nicht). Dies lässt sich einerseits darauf zurückführen, dass ich mich mit der restlichen Diskographie von Altar Of Plagues zu wenig auskenne, um das Album wirklich richtig einordnen zu können, andererseits fällt mir aber auch generell relativ wenig zum Album ein. Das Album hat etwas abgebaut, nachdem ich es nach dem ersten Hören eigentlich sehr gut fand und vor allem die Post-Metal-ähnliche Atmosphäre wirklich spüren konnte. Das Grundgerüst der Songs bildet zwar immer noch der Black Metal, allerdings sind Altar Of Plagues dem Black Metal insoweit fern, als dass sie statt auf Aggressivität und pechschwarze Atmosphäre lieber auf eine graue, neblige und etwas urban-industriell angehauchte Stimmung setzen. Dieses leicht Neblige lässt sich vor allem im 20-minütigen Opener recht leicht wiederfinden, in dem die Vocals relativ stark in den Hintergrund gerückt werden, aus diesem jedoch immer wieder, zum verzweifelten Versuch des Ausbruchs ansetzend, den Songtitel nach draußen schreien. Im weiteren Verlauf des Albums lassen sich dann einige weitere kreative Elemente finden, die zum Beispiel aus recht schönen Clean-Vocals, schamanenähnlichem Gesang und leicht drone-igen Strukturen bestehen. Die Atmosphäre wird jedoch durchweg beibehalten und überzeugt auch grundsätzlich. Was dem Album fehlt sind trotzdem herausragende Momente, vor allem im kompositorischen Sinne. Es gibt eigentlich keine einzige Stelle des Albums, die mich wirklich umgehauen hat, oder die wenigstens ein größeres songwriterisches Gespür offenbart. So bleibt „Mammal“ zwar durchaus ein überzeugendes Album, lässt allerdings auch die Ahnung bestehen bleiben, dass es durchaus viel besser hätte werden können.
14. Ramesses – Possessed By The Rise Of Magik
Es passiert nicht gerade oft, dass ein so einfach gestaltetes Doom Metal-Album mich so sehr überzeugen kann wie Ramesses’ „Possessed By The Rise Of Magik“. Eigentlich wirken alle Zutaten, die Ramesses verwenden recht bekannt und auf den ersten Blick nicht besonders spannend. Da hätten wir einmal die relativ rohe Produktion, die dröhnenden Gitarren, die unmelodische Riffs raushauen, und den zähen, langsamen Rhythmus. Nun kann ich mich generell auch mit einem solchen Album gelegentlich anfreunden, wenn die Riffs nicht allzu langweilig gestaltet werden. Allerdings würde das nicht dazu führen, dass solch ein Album den Weg in meine Top 15 fände. Zum Glück strahlt „Possessed By The Rise Of Magik“ aber einen ganz besonderen Charme aus, der es zu einem viel interessanteren und überzeugenderen Album macht. Diesen besonderen Charme hat das Album vornehmlich dem intuitiven, fast schon spontan wirkenden Geist, der über den Aufnahmen schwebt, zu verdanken. Nicht nur der Proberaum-Sound, der mit seiner eigenartigen Trennung des Instrumentalen vom Gesang schon beim ersten Hören auffällt, sorgt für diese eigentümliche Atmosphäre, sondern beispielsweise auch die Vocals selbst, die sich gelegentlich anhören, als wäre es dem Sänger völlig egal gewesen, wie sich das, was er da ins Mikrophon „singt“, später anhört. Hierbei ist jedoch zu erwähnen, dass dem Sänger offenbar eine gewisse Vielseitigkeit eigen ist, die es ihm möglich macht, nicht nur den oben genannten Effekt zu verursachen, sondern auch mit einer völlig anders klingenden Stimme völlig andere Emotionen hervorzurufen. Durch die improvisiert wirkende Spontanität, die dem Album zu Grunde liegt, erhält die Atmosphäre etwas eigenartig Wahnwitziges, das bei mir nicht zuletzt dadurch bestätigt wurde, dass die letzten beiden Songs in ihrer Wirkung überraschenderweise völlig von den anderen abweichen. Hier lassen sich cleane Gitarren vorfinden, die leise und auf unauffällige Art und Weise unterschwellig melancholische Melodien vortragen, die jedoch niemals wirklich einen Ausbruch finden, wie das auf dem Rest des Albums eigentlich permanent der Fall war. Und so offenbart sich der wahre Wert des Albums nur in seiner Gesamtheit, da die Band mit den letzten beiden Songs eine vollkommen unerwartete Kehrtwende vollzieht, die zu unterschiedlichen Interpretationen einlädt, die mich allesamt in gewissem Maße faszinieren. Somit ist den Briten ein Album gelungen, das während seines brachialen, walzenden und außerdem tiefschwarzen ersten Teils schon einige einnehmende Höhepunkte aufweist, das sich jedoch durch die letzten beiden Kompositionen auch deutlich von anderen Veröffentlichungen dieser Art abhebt und es für mich zu einem zumindest besonderen Album macht. Ich werde mich wohl oder übel auch mal mit der restlichen Diskographie der Band auseinander setzen müssen und für alle die das vielleicht ebenfalls mal tun möchten sei noch gesagt, dass zwei Ex-Member von Electric Wizard bei der Band mitwirken, obwohl der Sound dann doch recht deutlich von Electric Wizard abweicht.
http://www.youtube.com/watch?v=PRn2_bXh8Jo
13. Loss – Despond
Ein weiteres Doom Metal-Album, das allerdings weitaus weniger überraschend war als Ramesses‘ „Possessed By The Rise Of Magik“. Die US-Amerikaner Loss spielen Death/Doom, der auch mal in die Gefilde des Funeral Dooms abrutscht und praktizieren diesen zwar wenig innovativ, dafür aber durchaus gekonnt und auch ein wenig mitreißend. An dieser Stelle ist vor allem der unglaublich gelungene Einstieg in das Album hervorzuheben, in dem ein einminütiges Intro mit cleanen Gitarren und cleanen, gesprochen Worten schon mal ein völlig trostloses Bild zeichnet, wie man es ohnehin aus dem Genre kennt. Darauf folgen dann die gewohnt schweren, drückenden Gitarren, die von der Produktion in diesem Fall aber wirklich auf vorbildlichste Weise gestützt werden. Es werden ausladende, melancholische Melodiebögen vorgetragen, die sich immer tiefer in die Verzweiflung graben. Nur die gelegentlich eingestreuten, cleanen Songs lockern die Stimmung etwas auf, sorgen aber auch für Abwechslung. Glücklicherweise gelingt es den Amerikanern auf dem schmalen Grat zwischen melancholisch-depressiven Melodien und Kitsch zu balancieren und sie rutschen nie wirklich in die kitschigen Regionen anderer Death/Doom-Bands ab, obwohl man sich bewusst machen sollte, dass eine gewisse Portion Kitsch bei diesem Genre natürlich immer dazugehört. Auch der weitere Einsatz von Clean-Vocals ist nur zu befürworten, da dieser sich wirklich erstaunlich gut in das dichte Netz der erdrückenden Gitarren integriert und somit auch rein musikalische Abwechslung in den eng gesteckten Grenzen des düsteren Doom Metals mit sich bringt. Bleibt am Ende eigentlich nur zu sagen, dass „Despond“ zwar nicht außerordentlich besonderes ist und auch mit Sicherheit keinen großen Wurf darstellt, dass es sich aber innerhalb des Death/Funeral Dooms auf höchstem Niveau bewegt und wunderbar verzweifelte Melodien bietet, in denen man schwelgen kann, wenn man möchte.
http://www.youtube.com/watch?v=Q-xLfhnC-l0
12. Negative Plane – Stained Glass Revelations
Somit komme ich nun zum ersten richtigen Black Metal-Album, das allerdings keineswegs reine Standard-Kost darstellt. Allein das rein formale Einordnen in die unzähligen Sub-Genres bereitet bereits Probleme. Doch lässt sich hier eindeutig sagen, dass sich auf jeden Fall deutliche Elemente des sogenannten „Orthodox Black Metal“ wiederfinden lassen, die vor allem der zweitweise etwas sakral wirkenden Atmosphäre zu verdanken sind, dass das Album jedoch durch eine ungewöhnliche Produktion, ungewöhnliche Vocals und ein auch ungewöhnliches Songwriting besonders gekennzeichnet wird. Die Stimmung ist dunkel, schemenhaft, flackernd und bewegt sich grundsätzlich und permanent in verschiedene Richtungen. Da wären zum einen die kleinen, instrumentalen Zwischensongs, die gelegentlich an kirchliche Orgelmusik erinnern, aber auch die immer leicht gehetzt und irgendwie feurig wirkenden Gitarrenmelodien, die eine gewisse Eingängigkeit besitzen. Die Produktion erweist sich in gewisser Weise als recht trocken und beim ersten Hören auch als etwas drucklos, gliedert sich jedoch bei längerem Hören ebenso gut ins Gesamtbild ein wie die am Anfang genauso drucklos und schwächlich wirkenden Vocals. Trotz der zeitweise wirklich einnehmenden Atmosphäre und ein paar durchaus guten, kompositorischen Stellen weist das Album einige deutliche Längen auf, die den Hörgenuss bei einer Länge von einer Stunde deutlich mildern und so auch dafür sorgen, dass es in meiner Rangliste nicht weiter vorne gelandet ist. Jedoch sorgt die ungewöhnliche, zwischen gotischen Kirchenbauten und rituellem Ums-Feuer-tanzen liegende Atmosphäre immerhin dafür, dass das Album insgesamt bei mir doch recht hoch im Kurs steht und ich es durchaus schätze.
http://www.youtube.com/watch?v=33TTxnGbVJk
11. Blut Aus Nord – 777 – Sect(s)
Von den Franzosen um Blut Aus Nord ist generell erst mal alles zu erwarten, haben sie doch in der Vergangenheit ihr musikalisch Gewand derart oft ausgetauscht, geändert und zerrissen. Nun legen sie ihre 777(wie innovativ!)-Trilogie vor. Offensichtlich stand ihnen der Sinn nach dem zuletzt wieder aufgegriffenen Memoria Vetusta-Thema und dem darauf folgenden unglaublich düsteren und rohen „What Once Was… Liber I“ nun eher nach experimentellem, technischem Avantgarde-Black Metal im Stile neuerer Deathspell Omega. Ich muss zugeben, dass ich nach erstmaligem Hören des Albums nicht besonders überzeugt war, was wohl vor allem auf die Sperrigkeit des Materials zurückzuführen ist.
Blut Aus Nord setzen im ersten Teil ihrer Trilogie größtenteils auf technische, disharmonische Riffs, die mit sehr unorthodoxen Rhythmen und Tempowechseln gepaart werden. Dieses Grundgerüst wird außerdem von der sehr differenzierten Produktion gestützt und offenbart nur in den Details und in spärlich gesetzten, atmosphärischen Abschnitten seinen wirklichen, ihm innewohnenden Wert.
Hier ist als glänzendes Beispiel der zweite Song (Epitome II) zu nennen, der mir seiner Ambient-unterlegten, majestätischen Art ein wahres Machtwerk an Atmosphäre ist und somit auch völlig auf ausufernde Melodien verzichten kann. Mit solchen Abschnitten schaffen es Blut Aus Nord, den Hörer immer wieder aus dem chaotischen Wirrwarr der technischen Gitarren herauszuholen und legen gleichzeitig die Atmosphäre dieser wenigen Stellen über das gesamte Werk, das sich mir persönlich erst sehr spät erschlossen hat. Zwar gelingt es ihnen nicht immer, die Qualität den ihnen hier stark ähnelnden Deathspell Omega zu erreichen, allerdings sollte das in diesem Fall auch nicht der Maßstab sein, denn „777 – Sect(s)“ ist für sich genommen ein wirklich gutes Album, das sich, nachdem man es erst einmal erfasst hat, wirklich voll entfalten kann. Bleibt zu hoffen, dass ihnen für die beiden folgenden Werke (das erste schon veröffentlichte Album habe ich leider noch nicht gehört) noch ein paar Neuerungen einfallen, die die Qualität noch ein wenig anheben (zutrauen würde ich es ihnen), was DsO mit ihrer Trilogie damals meiner Meinung nach leider nicht gelang, obwohl diese mit „Si Monumentum Requires, Circumspice“ natürlich schon ein wahres Machtwerk abgeliefert hatten.
http://www.youtube.com/watch?v=Ji-_tMa5m0Y
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