Re: Jahresbilanz 2011: Highlights, Lowlights und alles andere

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Leo-suomi

Registriert seit: 16.03.2010

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10. Shaidar Logoth – Chapter I: The Peddler

Ich muss selbst ein bisschen über mich schmunzeln, wenn ich sehe, dass es Shaidar Logoth mit ihrer ersten Demo auf Rang 10 meiner bisherigen Jahresbestenliste geschafft haben. Denn „Chapter I: The Peddler“ ist weder wirklich kreativ, noch in irgendeiner Weise besonders oder innovativ. Vielmehr verdankt das Album seine Platzierung dem eigenwilligen Charme eines Werkes, der immer dann entsteht, wenn ein einigermaßen junger Künstler seine Kreativität und seine Ideen noch nicht in geordnete Bahnen lenken kann und mit einem gewissen Überschwang ein oftmals etwas unvollständiges, aber immer sehr authentisches, persönliches Album schafft. Ehrlich gesagt habe ich keine Kenntnisse von den Künstlern hinter „Shaidar Logoth“ und vielleicht sind es 35-jährige Musiker, die schon viele Alben in anderen Bands veröffentlich haben, aber zumindest klingt das Material so wie oben beschrieben.
Musikalisch lässt sich das Ganze im einigermaßen traditionellen Black Metal einordnen, wobei man das Ganze durchaus mit dem Attribut „Highspeed“ versehen könnte, da Shaidar Logoth eigentlich nur recht selten den Fuß vom Gaspedal nehmen und Blastbeats den größten Teil der Demo vorherrschen.
Die Stimmung ist – wie sollte es anders sein? – ziemlich düster, wirkt gelegentlich aufgrund kleiner, unheimlicher Intros etwas okkult und durch den wirklich alles aus sich herausholenden, keifenden Sänger wird Hass versprüht, wo man nur hinhört. Die treibenden Rhythmen preschen immerzu nach vorne und die rohe Gewalt, die dieser Veröffentlichung innewohnt, hat dieses ganz spezielle, archaische Feeling, auf das so viele traditionellere Black Metal-Bands abzielen und dessen Vervollkommnung nur so wenigen von ihnen gelingt. Hier sollte allerdings gesagt sein, dass auch diese Demo natürlich nicht dieses hohe Ziel erreicht; aber der Ansatz ist schon mal da und streckenweise sehr gut ausgeführt. Zuletzt sorgen auch die spärlich aufkommenden, erhabenen und melancholischen Parts, die allerdings keine besonders große Eingängigkeit besitzen, was in diesem Fall klar zu begrüßen ist, für die Abrundung des Werkes, was auch zeitweise von recht ruhigen Stellen (wie z.B. ganz am Ende des Albums) getragen wird, in denen sich offenbart, dass Shaidar Logoth doch mehr sind, als man zu Anfang vermuten würde. Diese Demo ist keineswegs vollkommen und es finden sich auch hier noch einige deutliche Schwachstellen, doch schon allein die Tatsache, dass eine solch unscheinbare Veröffentlichung, die ich mir fast blind zugelegt habe, es mit vielen, aktuell noch aktiven großen Namen des traditionelleren Black Metals aufnehmen kann, lässt die Band in einem absolut positiven Licht dastehen und erhöht die Spannung auf das, was da möglicherweise noch folgen mag.

http://www.youtube.com/watch?v=4hJQKsb3WfI

9. Ash Borer – Ash Borer

Juhu, Hipster-BM aus den USA. Ist ja eigentlich nichts wirklich Neues mehr, haben Wolves In The Throne Room doch mittlerweile fast schon Weltstar-Status erreicht. Und trotzdem weisen die amerikanischen Vertreter – so scheint es mir zumindest – im Durchschnitt doch eine wesentlich höhere Qualität auf, als dies bei den europäischen Post-Black Metal-Vertretern der Fall ist. Dies mag nicht zuletzt auch daran liegen, dass sich viele amerikanische Bands oftmals eher an folkig-naturalistischer Spiritualität oder am versifften Hardcore-Underground orientieren, während die europäischen Bands ihren „Black Metal“ mit schwelgerisch-romantischem Post-Rock/Shoegaze paaren (auch das kann natürlich gelegentlich absolut schön sein…oft aber auch nicht). Ash Borer stellen hierbei dann doch eine kleine Besonderheit dar. Denn inmitten der kaskadischen, von Natur-Spiritualität geprägten Black Metal-Szene stellen sie eben jenen punkigen Pol dar, der ihnen eine dann doch gar nicht so kleine Eigenständigkeit einbringt. Mit wunderbar dreckigem LoFi-Sound tragen sie in drei mehr oder weniger langen Songs ihre Vision eines neuen Black Metals vor. Dieser beinhaltet zwar viele bekannte Elemente, gleichzeitig weist er aber vor allem durch seinen völlig abgeänderten Spannungsaufbau eine deutliche Abgrenzung von den wirklich puristischen Vertretern des Genres auf. Ash Borer gestalten die Strukturen ihrer Melodien zwar niemals komplex, aber doch immer mit einer gewissen Detailarbeit und geraten so nicht selten in völlig ausufernde Gefilde. So prägen vor allem einfache, lang ausgearbeitete Arrangements das Bild und sowohl Höher-Schnelle-Weiter-Attitüde als auch Komplexitätsfimmel werden vergeblich gesucht. Vielmehr beschränken sich Ash Borer in ihrer Arbeit auf die wehmütigen, gelegentlich verzweifelten, an anderer Stelle aber fast schon positiv oder lebensbejahend wirkenden Melodien. Zumindest ist das Bild, das auf diesem Debüt gezeichnet wird, keineswegs durchweg negativ. Der oftmals treibende Rhythmus lässt eine gewisse überbordende, energetische Freude erahnen, die hinter der Musik steht. Natürlich kommt diese Emotion in dieser Form keineswegs auf dem Album vor, aber dennoch wird das Bild nicht ausschließlich von den dunkleren Harmonien geprägt und diese kleinen Eruptionen des Überschwangs machen einen erheblichen Teil der Qualität des Albums aus, liefern sie doch auch einen kleinen Einblick in das, was Black Metal alles darstellen kann. Auch die ruhigeren, fast schon neblig-unheimlichen Stellen, wie beispielsweise zu Beginn des dritten Songs, gliedern sich wunderbar ins Gesamtwerk ein, das ohnehin nur am Stück wirklich wirkt. Insgesamt wäre auch kompositorisch sicherlich noch einiges drin gewesen, aber ich denke mal, dass die Band noch lange nicht alles gesagt hat und so bleibt abzuwarten, ob in Zukunft noch größere Kunststücke folgen werden.

http://www.youtube.com/watch?v=9vN_G9NFwJU

8. Echtra – Paragate

Mh, die hier im Forum schon teilweise ausgebrochene Diskussion (ok, das Wort ist jetzt übertrieben) um das Album möchte ich jetzt mal geschickt umgehen und überwiegend auf die positiven Aspekte des Albums hinweisen. Zu Echtra sei gesagt, dass es sich hierbei um ein Projekt handelt, das wie Ash Borer ebenfalls aus der kaskadischen Black Metal-Szene stammt, das allerdings den Black Metal in seinem Klangbild aufs Minimalste reduziert hat und ihn größtenteils mit leichtem Drone und Akustik-Gitarren verbindet. Diese Akustik-Gitarren sind es dann auch, die Paragte zu einem derart intensiven Werk machen, dass es immerhin auf Platz 8 steht. Sie tragen in langsamer, wohlgewählt wirkender Manier beklemmende, düstere Melodien vor, die mit dem lockeren Drone-Teppich den besten Untergrund zu ihrer Unterstützung erhalten. Das Ganze ist mitunter durchaus monoton, was in diesem Fall aber nicht unbedingt schlecht ist, da man immer das Gefühl hat, auf etwas zuzusteuern. Hier stellt sich dann auch das große Manko des Albums dar (und so muss ich dann doch auf den Diskussionsgegenstand zurückkommen). Denn Echtra versäumen es (zumindest im ersten Song vollständig) ihren wunderbaren, nahezu perfekten Spannungsaufbau in eine ihm angemessene Entladung zu manövrieren. Vielmehr nehmen sie die Spannung genau in dem Moment vollständig weg, in dem eigentlich besagte Entladung erwartet. Zum Glück stellt sich dieses Problem allerdings beim zweiten Song als nicht ganz so schwerwiegend dar, da es hier wenigstens eine kleinere Spannungsentladung gibt (und damit meine ich nicht den meiner Ansicht nach unpassenden, kleinen Black Metal-Ausbruch). Überhaupt ist Song 2 auch songwriterisch eindeutig vorteilhafter gestaltet und die leise Gitarren-Melodie baut wirklich eine extrem dichte Atmosphäre auf, die mir teilweise ein wenig Angst bereiten konnte. Leider schwebt über dem gesamten Werk immer der Gedanke, dass es so viel besser hätte sein können, hätte sich Mr. Echtra wenigstens annähernd auf das Gesamtbild des Albums konzentriert. Trotzdem bleibt mir persönlich am Ende der gelungene Teil des Albums, den ich trotz der anderen Verfehlung des Künstlers durchaus genießen kann.

http://www.youtube.com/watch?v=Oy1BDIOFJZg

7. Uncle Acid And The Deadbeats – Blood Lust

Komme ich nun also zum kleinen Exoten in meiner Liste. Uncle Acid And The Deadbeats sind eine psychedelic rock/traditional doom metal/stoner rock/wasauchimmer-Band, die auf ihrem zweiten Album Black Sabbath-Nostalgie in Bestform praktiziert. Hier treffen wunderbare Oldschool-Riffs auf einen Sänger, der mit seiner dröhnenden Stimme fast schon weiblich klingt. Das Ganze ist natürlich in keiner Weise auch nur ein bisschen innovativ, aber es wäre auch Schwachsinn, angesichts der genialen, stampfenden Ohrwurm-Riffs auf derlei Zeug zu setzen. Zwar wird das lyrische Konzept musikalisch nicht in besonderem Maße umgesetzt und Devil Doll, die – so glaube ich mich jedenfalls zu erinnern – zumindest auf ihrem Debüt ein ähnliches Konzept verfolgten, haben das Ganze musikalisch um einiges besser auf den Punkt gebracht, allerdings ist ein solches Konzept bei diesem Oldschool-Projekt natürlich auch immer mit einer gewissen Ironie zu betrachten und irgendwie entfaltet sich zwischen dem hohen Gesang und staubigen Riffs dann doch eine gewisse Verbundenheit von Musik und Texten, die übrigens – sollte ich vielleicht auch mal sagen – Horrorfilme(?) aus den Sechzigern thematisieren, wenn ich mich jetzt richtig erinnere. Auf jeden Fall ein lohnenswertes, sehr überzeugendes Album, das kaum Ausfälle hat und mit dem ich sicher noch einiges an Spaß haben werde.

http://www.youtube.com/watch?v=YjO5PuXJO48

6. The Flight Of Sleipnir – Essence Of Nine

Nun ein Album, das mich doch recht stark überrascht hat, hört sich der Stilmix, den The Flight Of Sleipnir praktizieren doch zunächst zu abstrus an, um wirklich richtig gut klingen zu können. So kann man sich irren. Das Gemisch aus stoner-artigen Rock-Riffs, black metal-artigem Gekeife und dazwischen folkigen Gitarren und Doom-Rhythmus funktioniert dann doch erstaunlich gut und entfaltet sowohl im einzelnen Song als auch auf Albumlänge eine fast schon entspannte Wirkung. Nicht zuletzt die etwas zugedröhnt wirkenden, aber dennoch schönen Clean-Vocals unterstützen den Eindruck dieser entspannten Atmosphäre, die vor allem dadurch begünstigt wird, dass sich trotz dem Black Metal entlehnter Elemente keine auch nur winzig kleine Spur von aggressiven Ausbrüchen auf dem Album wiederfindet. In den Stimmungen, die dieses Album ausmachen, beweisen die Künstler dann eine gewisse Vielfältigkeit, da sie einerseits die rockigen Riffs perfekt einzugliedern wissen und so teilweise wirklich coole, entspannte Melodien hervorbringen, andererseits jedoch auch die folkigen Parts zu wunderbaren, oft leicht wehmütigen Melodien verarbeiten, wodurch über dem Album immer eine gewisse Melancholie schwebt. Diese wird des Weiteren von den cleanen Vocals unterstützt, welche, oft mit basslastigem Gezupfe gepaart, eine fast schon etwas undurchdringliche, geheimnisvolle Atmosphäre erzeugen. Besonders schön ist dann, dass fast jeder Song wirklich spannend ist und ich somit erstaunlich oft Lust habe, das Album zu hören. Spannend sind The Flight Of Sleipnir schon allein wegen ihres formalen Stilmixes; allerdings sollte man sie nicht nur darauf reduzieren, da sie es vorbildlich schaffen, das Ganze auch als ein Ganzes zu gestalten und so erspielen sie sich ein nicht unerhebliches Maß an wirklicher Eigenständigkeit, die für eine Band, die anscheinend aus dem Pagan-Umfeld stammt, durchaus sehr beeindruckend ist.

http://www.youtube.com/watch?v=lgcUHsdm2dM
http://www.youtube.com/watch?v=XNqVKB3PgqE&feature=related