Re: Jahresbilanz 2011: Highlights, Lowlights und alles andere

Home Foren Maximum Metal Plattenladen Jahresbilanz 2011: Highlights, Lowlights und alles andere Re: Jahresbilanz 2011: Highlights, Lowlights und alles andere

#6583927  | PERMALINK

Bahl

Registriert seit: 13.09.2005

Beiträge: 1,745

2011 war für mich kein überragendes Metal-Jahr. Es gab ein paar sehr gute Veröffentlichungen, aber viele Enttäuschungen und Durchhänger und nichts Überragendes.

Sehr gut:

Ulcerate – The Destroyers of All

Die Neuseeländer haben schon ihre dritte Platte herausgebracht, ging irgendwie schnell. Ihren Stil haben sie immer weiter verfeinert und sich bisher mit jeder Platte steigern können. The Destroyers of All ist für mich ihr bisher reifstes Werk. Die Songs haben mittlerweile praktisch alle Überlänge und die ruhigeren Parts ufern weiter aus. Diese ruhigen Stellen gehören für mich zu den wichtigsten Eigenschaften von Ulcerate, ohne sie wäre deren Musik sicher auch gut, aber niemals so interessant. Im Kontrast dazu steht der sehr harte und technische Death Metal, den die Band seit jeher spielt. Vergleiche mit anderen Bands aus demselben Sektor fallen mir allerdings nicht ein, zu schräg, dissonant und unerwartet sind die Riffs für eine Band aus diesem Genre. Von der Stimmung her erinnert die Band mich manchmal etwas an Neurosis. Dazu kommt ein wahnsinniger Drummer, der wirklich Großartiges zu bieten hat. Das alles ist in einem druckvollen und dynamischen Soundgewand produziert, was ich besonders positiv finde, da technische Death Metal-Bands ja oft eine sehr sterile und flache Produktion bevorzugen. Einer meiner Favoriten in diesem Jahr von einer aufstrebenden und frischen Band. Mehr davon!
http://www.youtube.com/watch?v=V7kEwqPFytQ

Omega Massif – Karpatia
Die Band war mir vor Erscheinen von Karpatia gar nicht bekannt – dank dieser Veröffentlichung habe ich mir dann auch gleich den großartigen Back-Katalog besorgt. Geboten wird instrumentaler Doom/Sluge/Wasauchimmer Metal erster Güte. Das Tempo ist in der Regel – vorallem bei den längeren Songs – recht niedrig, tonnenschwere Riffs werden gespielt und eine düstere Stimmung verbreitet. Gesang wird hier nicht gebraucht, der würde hier sicher nur stören. Gut finde ich, dass alle Songtitel auf Deutsch sind, und die Songnamen an sich gefallen sehr gut und passen auch zur Musik wie Arsch auf Eimer. Besonders zu empfehlen hier m. E. die Vinyl-Version, auf der das sehr schöne Artwork wunderbar zur Geltung kommt (habe im Laden die CD gesehen, die daneben geradezu lächerlich unspektakulär ist). Hoffentlich gibt es da bald Nachschub.
http://www.youtube.com/watch?v=WKT9ohZ8d10

Long Distance Calling – Long Distance Calling
Instrumentaler Rock, die zweite (wobei die Musik hier nicht ganz instrumental ist, aber dazu später mehr). Auch diese Band war mir vorher nur vom Namen bekannt und konnte mich auf Anhieb begeistern. Angefangen beim Artwork (die Zeichnung von der Band, die irgendwo im Weltraum spielt, ist einfach der Hammer!), das dank seiner nur zwei Farben sehr wirkungsvoll ist. LDC spielen instrumentalen Rock aus dem Progressive/Post-Bereich. die Musik ist jedenfalls sehr entspannt, Ausbrüche gibt es selten. Das bedeutet aber nicht, dass die Musik langweilig oder eintönig wäre: Trotz oder gerade wegen der Sparsamkeit der Musik ist diese fesselnd und lässt einen nicht mehr los. Dabei scheut man nicht, Keyboards einzusetzen, die die noch weiter verdichten können. Einen wirklichen Höhepunkt kann ich nicht ausmachen, jeder Song hat für mich seinen ganz speziellen Reiz (und am besten funktioniert die Platte ohnehin, wenn man sie an einem Stück durchhört), der vorletzte Song Middleville hebt sich jedoch von den anderen ab, da er der einzige mit Gesang ist. Gastsänger ist mit John Bush von Armored Saint und ehemals Anthrax einer meiner absoluten Lieblingssänger. Er liefert hier eine großartige Leistung ab und macht aus diesem Song einen über achtminütigen Hit. Es sit fast schade, dass er nicht auf dem ganzen Album singt, so sticht der song jedoch aus den anderen heraus und rundet das Album sehr gut ab.
Bei der limitierten Version ist außerdem ein Konzert vom Roadburn-Festival enthalten, das sich ebenfalls auf jeden Fall lohnt. Die Band präsentiert sich in bester Verfassung und liefert eine prima Show ab. Einer der sehcs gebotenen Songs ist übrigens kein regulärer Song, sondern mehr eine Jam-Session, die auch sehr gut rüberkommt. Ledier ist die LP-Version nicht mit diesem Konzert erhältlich, das wäre schon schön gewesen, aber was soll’s.
Eine sehr schöne Platte also, die auch nach vielen Hördurchläufen noch Spaß macht.
http://www.youtube.com/watch?v=-oHWSJElwtA

Lo-Pan – Salvador
Und noch eine Band, die mir zuvor überhaupt nicht bekannt war (die aber auch vor Salvador bisher nur eine Platte veröffentlicht hat). Lo-Pan spielen erfrischenden und sehr treibenden Stoner Rock, der einfach Spaß macht und gut produziert ist. Diese Platte geht schnell ins Ohr. Die Musik ist sehr direkt und unkompliziert, kann man also auch prima beim Grillen mit Kumpels oder bei ein paar Bierchen genießen.
http://www.youtube.com/watch?v=UeVirctSfGE

The Egocentrics – Center of the Cyclone
Tja, was soll ich sagen? Noch eine Band, die mir gar nichts sagte. Der Bandname schreckte mich erst mal ab, der erste Höreindruck war aber sofort positiv: instrumentaler Stoner/Post Rock der allerfeinsten Sorte, der mich ein bisschen an Leech oder Red Sparowes erinnert. Manchmal geht es richtig zur Sache, oft hält man sich aber zurück, was der Musik gut tut, denn dem Hörer wird so eine recht große Freiheit gelassen. Die Band hat das Prinzip, dass weniger manchmal mehr sein kann, offenbar gut verinnerlicht.
http://www.youtube.com/watch?v=yfqBAgyVhfo

Illogicist – The Unconsciousness of Living
Der extrem gute Vorgänger The Insight Eye liegt schon so lange zurück, dass ich kaum noch mit einem weiteren Lebenszeichen der Band rechnete. Umso größer war die Freude über eine neue Platte. Bei dieser wird der Faden des Vorgängers eins zu eins übernommen, man fühlt sich immer noch sehr oft an Death erinnert, und m. E. brauchen diese Herren sich vor ihrem offenkundigen Vorbild nicht zu verstecken: Die Instrumentalfraktion beherrscht ihr Handwerk unheimlich gut, lebt das aber nicht zu jedem Zeitpunkt aus, sondern versteht es durchaus, sich im Interesse der Qualität der Musik auch mal zurückzunehmen. Der Sänger ähnelt zudem Chuck Schuldiner vor allem in seiner späteren Phase. Mit dieser Platte ist eines der besten technischen Death Metal-Alben der letzten Jahre erschienen.
http://www.youtube.com/watch?v=U5K1Zjt8Qi0

Ordentlich:

The Haunted – Unseen
The Haunted waren schon immer sehr wandlungsfähig und traten nie auf der Stelle. Dabei haben sie mit schöner Regelmäßigkeit Fans vergrätzt und es sich sicher nicht immer leicht gemacht. Ich konnte ihnen bisher jedoch auf jedem Album etwas abgewinnen. Nachdem der Vorgänger Versus wieder etwas härter war, wurde hier die Aggression wieder etwas herausgenommen. Das Resultat sind großenteils Rocknummern, der Thrash Metal früherer Tag ist nur noch stellenweise herauszuhören (beim Opener etwas und in The City). Ein erfreuliches Album also, das sich keine Schwächen leistet, aber leider auch keinen Ausbruch nach oben. Kein Song sticht wirklich heraus und dadurch zieht sich die Sache mitunter etwas, bowohl die Platte nur gut vierzieg Minuten lang ist. Unterm Strich jedoch ein gewohnt gutes Album von The Haunted, das jedoch nicht an Glanztaten wie etwa Revolver heranreicht.
http://www.youtube.com/watch?v=8wQQ6MnJ0Kw

Decapitated – Carnival Is Forever
Es ist eine gefühlte Ewigkeit her, dass Organic Hallucinosis erschienen ist. Die Band hatte nach ihrem Unfall sicher auch erst mal andere Sorgen, als möglichst schnell neues Material nachzuschieben. Aber nun ist es da, und vorweg kann schon mal gesagt werden, dass sich der Musikstil nicht grundlegend verändert hat. Es wird immer noch technisch sehr anspruchsvoller Metal gespielt. Am Schlagzeug wurde ein adäquater Ersatz gefunden, der ähnlich wie sein Vorgänger verblüffende Qualitäten am Kit hat. Auch der Sänger wurde ausgetauscht: Hier ist der Eindruck aber zwiespältiger, denn schlecht ist der Neue nicht, aber mit seinem direkten Vorgänger kann er nicht mithalten und erst recht nicht mit Sauron (lächerlicher Name), dafür ist seine Stimme einfach zu schwachbrüstig. Das alles ist gut produziert, der Sound ist wirklich zufriedenstellend.
An der Musik hat sich, wie bereits gesagt, im Verhältnis zu den älteren Alben nicht viel geändert. Hervorzuheben ist m. E. der Titeltrack (spannender und atmosphärischer Aufbau, trotz der Länge kommt keine Langeweile auf) und alles, was danach kommt. Leider rauschen die ersten beiden Songs an mir relativ spurlos vorbei.
Fazit: Wären die ersten zwei Songs nicht und hätte die Band einen besseren Sänger, wäre das ein großartiges Album. So ist es immer noch gut und durchaus zu empfehlen.
http://www.youtube.com/watch?v=bMN_RZlqRqE

Evile – Five Serpent’s Teeth
Nachdem mit Infected Nations sehr gut gefallen hatte (vor allem der Instrumentaltrack!), war ich auf die neue Platte sehr gespannt. Auch hier gab es in der Zwischenzeit einen Verlust zu beklagen, an dieser Stelle sei noch mal kurz an den verstorbenen Bassisten Mike Alexander erinnert (was die Band selbst ja auch in In Memoriam tut).
Evile haben sich im Vergleich zum Vorgänger weiterentwickelt und präsentieren sich nun etwas eingängiger. Zweistimmiger Gesang wird jetzt benutzt, was den Songs ein bisschen zusätzliche Abwechslung bringt, und die Gitarrenriffs sind nicht mehr ausschließlich dissonant. Besonders gelungen finde ich Cult und Eternal Empire. Ein Wermutstropfen sind allerdings die gerade schon angesprochene Ballade In Memoriam, die doch sehr kitschig daherkommt und die beiden letzten Songs, die meiner Meinung nach das Niveau des ansonsten starken Albums nicht halten können.
Unterm Strich also eine gelungene Platte, bei der kleinere Makel nicht allzu sehr ins Gewicht fallen.
http://www.youtube.com/watch?v=YQvXY80cBLI

Zwiespältig:

Disma – Towards the Megalith
Auf die Band wurde ich aufmerksam, nachdem ich irgendeine der vielen positiven Rezensionen darüber gelesen hatte. Dass der ehemalige Sänger von Incantation dabei ist, war ein zusätzlicher Anreiz. Die Musik haut auch ordentlich rein und geht gut ab. Schnörkelloser, bösartiger und rüpelhafter Death Metal amerikanischer Prägung wird gespielt. Das alles auch auf einem guten Niveau, aber die Begeisterung über diese Platte kann ich irgendwie nicht teilen. Dabei ist die Platte recht abwechslungsreich und hat einen Bombensound. Leider springt der Funke bisher nicht über, außer beim Opener und Chasm of Oceanus. Vielleicht sollte ich dem Teil noch ein paar Durchläufe einräumen, bisher habe ich jedoch den Eindruck, dass dieses Album etwas überbewertet wird.
http://www.youtube.com/watch?v=FCYmAwgsFsU

Saxon – Call to Arms
Seit über 30 Jahren machen diese Herren schon Musik, und das auf einem meist hohen Niveau, allein dafür gebührt ihnen Respekt. Mit Call to Arms kommt wasweißichwievielte Album raus.
Zuerst eine gute Nachricht: Der unsägliche Charlie Bauerfeind ist endlich abgesägt, hoffentlich bleibt das so! Die schlechte Nachricht: So viel besser ist der Sound dadurch auch nicht geworden.
Insgesamt ist diese Platte in meinen Ohren eine zwiespältige Sache: Ungefähr die Hälfte aller Songs ist wirklich sehr gut, m. E. deutlich besser als das, was auf den letzten Alben so geboten wurde (vor allem Hammer of the Gods, der Titeltrack und Chasing the Bullet), vor allem die zweite Hälfte der Platte ist aber deutlich schwächer. Besonders unnötig ist dabei die zweite Version des Titelsongs, bei der einfach irgendwelche Streicher und andere klassische Instrumente (die allesamt extrem nach Plastik klingen) hinzugefügt wurden.
Hätten Saxon statt eines kompletten Albums eine EP veröffentlicht oder einfach etwas gewartet, bis sie genug Material für ein komplettes Album auf dem Niveau der oben angesprochenen Songs gehabt hätten, hätten sie eines der Alben des Jahres veröffentlicht. So ist das aber leider nicht der Fall, die Diskrepanz zwischen guten und schwachen Songs ist einfach zu groß.
http://www.youtube.com/watch?v=h2fmVRXmOq4

Enttäuschung:

Ghost Brigade – Until Fear No Longer Defines Us
Stellvertretend für die relativ vielen Alben, bei denen meine Erwartungen nicht erfüllt wurden, schreibe ich was zur Neuen von Ghost Brigade.
Mit Isolation Songs haben Ghost Brigade ein Album veröffentlicht, das ich auch heute noch sehr gern und regelmäßig höre und das auch nicht langweilig wird. Dementsprechend waren die Erwartungen relativ hoch.
Der Opener der Platte ist auch noch sehr vielversprechend – ich finde es gut, das Album so ruhig zu beginnen. Leider gelingt über die gesamte Platte dann aber kein wirklicher Ausbruch. Zu langsam ist das Tempo, zu klein die Abwechslung. Ich habe den Eindruck, dass immer wieder die mehr oder weniger selben Riffs gespielt werden. Dazu kommt erschwerend, dass der Klargesang wirklich sehr limitiert und monoton ist: Die Tonlage ist konstant dieselbe, die Stimme ist nicht besonders voluminös. Beim Vorgänger wurde dieses Manko noch gekonnt umgangen und diese Schwäche kam überhaupt nicht zum Vorschein, jetzt gehört sie jedoch zu den entscheidenden störenden Elementen.
Diese Platte habe ich gekauft, obwohl ich das lahme Clawmaster schon kannte – ganz schön dumm, nicht vorher ein wenig mehr reinzuhören. Genau das würde ich aber jedem raten, der darüber nachdenkt, sich Until Fear No Longer Defines Us zuzulegen – oder einfach Isolation Songs vorzuziehen.
http://www.youtube.com/watch?v=9h2eSQcfR6A

Hoffnungen/Erwartungen für 2012:

Neue (und gute) Platten von:

Meshuggah
Unanimated
Neurosis
Asphyx
OSI
Kongh
Darkane
Sanctuary
Overkill
The Crown
Necrophobic
Ascension
Sasquatch
Wooly Mammoth
Enslaved
Tribulation
Saint Vitus
Killing Joke
Mors Principium Est
Death Angel
Bloodbath
Grave
Deathspell Omega
Katatonia

--

Wurstberge sind auch juristisch schwer einzuordnen.