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LeukonWie wäre es mit dem Prinzip der Menschenwürde? Ist doch immerhin eine Konvention, auf die man sich hierzulande ganz gut verständigen konnte. Wie wäre es mit einem Ansatz, der versucht die Rechte und Pflichten des Individuums gegenüber anderen Einzelnen in der Form zu bestimmen, dass jedermann zwar seinen Rechtsgenossen ein gewisses Maß an Solidarität schuldet, dass es aber niemals Gegenstand einer solchen Solidaritätspflicht sein kann, zugunsten von Individualinteressen sein Leben hingeben zu müssen?
das prinzip der menschenwürde ist, abgesehen von seiner schwammigkeit, für mich nicht mehr als eine faustregel. festhalten am prinzip der menschenwürde, koste es was es wolle, halte ich eigentlich für verrückt. für den alltag eignet es sich natürlich trotzdem, auch für utilitaristen, denn es würde die meisten unglücklich machen, in ihrer würde verletzt zu werden.
Leukon
wie lässt sich denn feststellen, ob die Rettung vier konkreter Personen unter Opferung des Trägers der Organe tatsächlich dazu führt, dass die Summe des Glückes auf der Erde steigt? Das hängt ja wohl entscheidend davon ab, wie sich die geretteten Personen zukünftig verhalten werden, in welchen Beziehungen sie zu anderen Menschen stehen etc. Vielleicht verursacht einer der Patienten später einmal fahrlässig einen schweren Unfall, bei dem mehrere Menschen sterben. Die Antwort auf diese Frage kann, wenn man intellektuell redlich bleibt, nur lauten: wir wissen es nicht; wir können es noch nicht einmal wissen. Denn wenn man intellektuell redlich bleibt, muss man zugeben, dass menschliches Handeln sehr oft gerade von einer Paradoxie des Wollens gegenüber dem Wirken gekennzeichnet ist.
wenn eine situation einem utlilitaristen nicht zur gänze bekannt ist (man weiß zb. nicht, wie sich jemand zukünftig verhalten wird), muss man eben nach dem „erwartungswert“ vorgehen – und wenn man nichts über die vier personen weiß, und auch nichts über die eine person die geopfert werden soll, ist der erwartungswert des glücks dass sie „erzeugen“ bei allen gleich groß – und damit bei den vier leuten viermal so groß wie bei dem einzigen.
dass es sich für einen menschen, jedenfalls in unserer gesellschaft, auszahlt zu leben, halte ich für eine recht sichere annahme. sollte das nicht so sein, könnte man sich schließlich auf der stelle umbringen.