Re: Das Beste der Besten

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mors lucis

Registriert seit: 30.07.2011

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So, mein Sampler steht jetzt auch. Ich bin leider nicht zum Kompromiss zwischen dem, was ich am besten finde, dem, was zur Breitbandabdeckung einer Band am besten geeignet wäre und dem, was die Lücken anderer User füllen würde, gelangt und habe den Sampler gestern Nachmittag nochmal komplett umgeworfen.
Dann werde ich hier auch mal meine meterlangen Senfschlangen zur Entwicklung und Bedeutung der einzelnen Bands/Stücke ausbreiten.

In der Wahl der Bands hat sich nichts geändert: Alcest, Deine Lakaien, My Dying Bride, Opeth, Sopor Aeternus. Wobei Alcest knapp gegen Katatonia gewonnen hat. Bei den Lakaien muss ich sagen, dass ich sie inzwischen gar nicht mehr so enorm ultraüberhammer finde wie vor 5 Jahren, aber da sie einfach mal über mehrere Jahre hinweg meine Euphorie bestimmt haben und es damit sogar bis zu meiner Musiklehrerin geschafft haben :haha:, haben sie sich den Platz hierin schon ordentlich verdient. Desweiteren könnte man sich bei meiner Musiksammlung wundern, dass keine Black-Metal-Band dabei ist, aber da liegt es wahrscheinlich auch ein bisschen am Genre, dass einzelne Bands kaum herausstechen und wenn das doch mal der Fall sein sollte, dann sind das meist irgendwelche Unterholz-Einmann-Garagensound-Gruppen, die nach einem Album erstmal ne Ewigkeit in der Versenkung verschwinden und somit auch nicht so recht das Zeug zu einem Alltimefavoriten haben.

Gehen wir mal chronologisch vor. Deine Lakaien war die Band, die ich von all denen zuerst entdeckt habe. Mir ist der Name zwar in diversen Gruftimagazinen schon öfters untergekommen, aber ich habe die Gruppe immer für ne Mittelaltermarkt-Dudelkombo gehalten und somit nie größere Beachtung geschenkt. 2007 wurde dann zum Jubiläum die 20 Years of Electronic Avantgarde rausgebracht und ich stieß auf viele überschwängliche Reviews dieser DVD und dachte mir, wenn das was mit Orchester ist, dann wär das doch was für mich. Meine ersten Werke der Lakaien waren dann auch die beiden „unkonventionellen“ Liveaufnahmen, von denen 2/3 meines Lakaienteils stammen. Die Acousticaufnahme von 1995 hats mir besonders angetan, weil erstens: die überwältigende Stimme und zweitens, die noch viel überwältigerende Klavierarbeit. Vor den akustischen Darbietungen gehe ich immer noch regelmäßig auf die Knie. Am krassesten dürfte wohl das Stück Mirror Men sein, ein reichlich unmelodisches Krachwerk, von den meisten Fans musikalisch nicht mal gemocht. Trotzdem heimst es bei jeder Liveaufführung den allerhöchsten Applaus ein, was bei der körperlichen Schwerarbeit, die der Herr am präparierten Klavier auch im inzwischen höheren Alter da tätigt, auch nicht zu verdenken ist.
Das zweite größte Livemonument haben die Lakaien mit ihrer Orchestertour anlässlich des 20ten geschaffen. Ein Symphonieorchester, das trotzdem nicht Breitwand- sondern eher minimalistisch einige Stücke aus 20 Jahren Bandgeschichte intoniert, dazu allerhand altes Equipment (Analogsynthesizer, Bandmaschine, ein während des Stückes hängenbleibender C64) und ein Ernst Horn, der gleichzeitig das Orchester dirigiert und die Klaviaturen bedient.
Das Stück Battle of the Ghosts stammt von einem bis vor 10 Jahren unveröffentlichten Werk, das wie der Name schon sagt, 1987 entstanden ist und allem Anschein nach ein experimenteller Seitensprung sein sollte, den die Musiker damals anscheinend aus Spaß gemacht hatten, der ihnen dann aber ein paar Jahre später, als sie die Möglichkeit zur Veröffentlichung bekommen hätten, zu krank gewesen war. Und das kann man definitiv, zumindest bezogen auf die entrückte Stimmführung, sagen. Auch musikalisch hat das Teil elektronische Spielereien, die spätestens seit 1996 nicht mehr in der Ähnlichkeit geführt wurden.

Irgendwo auf Last.fm habe ich kurze Zeit später Sopor Aeternus entdeckt (mit vollem Namen Sopor Aeternus & the Ensemble of Shadows; ein Einmannprojekt, auch wenn es der Name anders vermuten lässt). Das Lied, was mir damals in irgendner Radiostation entgegenkam, hätte normalerweise überhaupt nicht dazu beigetragen, mich auf den Geschmack zu bringen, da es eins von einer Demo war und diese sind ja für den Otto-Normalhörer eher im Bereich „unerträglich“ einzustufen. Aber in Verbindung mit einem recht interessanten Kurzportrait in einem Gruftiemagazin habe ich mich dann doch entschlossen, mal näher reinzuhören. Damals war ungefähr die Les Fleurs du Mal erschienen und die war dann auch die erste, die ich mir anhörte. Mit durchschlagendem Erfolg.
Meine ambivalente (oder schizophrene?) Verbundenheit mit dem Projekt habe ich schon in einer PM dargelegt. Zuerst galt natürlich, dass mir die Melodien und der Fleurs-Gesang gefielen. Beim Durchwurschteln durch die Diskografie war ich aufgrund der auf anderen Veröffentlichungen schon an Grenzen geführten Stimmakrobatik fast dabei, zu kapitulieren. Aber irgendwann entfaltete sich auch über das Alte-Oma-Gekeife die Übermäßigkeit der Kompositionen. Wenn man quer über die Schaffensphase späht, sieht man, dass im Großen und Ganzen immer dieselben Instrumente benutzt werden, die einem im einzelnen nicht mal gefallen (Blechbläser). Aber durch ihre Kombination und mit dem Mitwirken von slightly few Elektronik und analogen Synthesizern können sehr unterschiedliche Sounds erzeugt werden. Ich bin ja vor allem der Detailverliebtheit der Kompositionen verfallen, sowie der drückenden Atmosphäre auf Dead Lovers… und Tales from… einerseits und der (oberflächlichen) Fröhlichkeit auf Les Fleurs… und La Chambre… andererseits.
Was mich so lange bei der Band gehalten hat, ist aber das, nunja, nicht ganz alltägliche Image, das von dem Projekt verbreitet wird. Man könnte die (vormals spärliche) Inszenierung des Künstlers und Gestaltung der Werke leicht als übertriebenes Gruftiklischee oder Fall für die Klapse abstempeln. Ich zweifle auch heute nicht daran, dass die Person dahinter einen mittleren Riss in der Schüssel hat. Wenn man sich aber mal ein bisschen tiefer durch die paar Interviews gräbt (vor allem ältere), merkt man, dass an dem ganzen Tamtam schon was dahinter ist. Ich weiß nicht, ob ich manipuliert wurde, aber ich habe tatsächlich bei einigen Interviewaussagen, vor allem die philosophischen über die Abgründe der Menschheit, groß mit dem Kopf genickt. Wahrscheinlich korrespondiert die allgemeine „soziophobe“ Grundhaltung des Künstlers aber auch einfach sehr mit meiner Persönlichkeit.
Leider hat sich das ganze seit dem letzten Albenzyklus zu sehr ins Lächerliche bzw. zu stumpfer Provokation entwickelt und die Interviewaussagen werden auch zunehmend egoistisch im negativen Sinne (egozentrisch/autobiografisch war das Projekt ja schon immer).
Trotzdem kann man in der richtigen Situation sich auch einfach nur noch v.a. über die Texte amüsieren. Niemand sonst auf dem Planeten käme auf die Idee, einen Song über seine Hämorrhoiden oder die Vorteile der Eigenurintherapie zu schreiben…

Nach o.g. beiden schon recht persönlich behafteten Bands kann ich leider für die restlichen nur kurze Texte schreiben.
Alcest, Opeth und MDB sind alles Bands, die hier wohlbekannt sein sollten.

Opeth war die erste aller Bands, die ich entdeckt habe, man kommt aber als Metalhörer auch kaum umhin 😉
Die Blackwater Park war glaube ich, die erste CD, die ich mir in irgendnem Mediamarkt angehört habe und da war ich nicht besonders begeistert. Was aber daran liegen mag, dass ich Growls an sich weniger mag. Irgendwann habe ich aber bei nem Sonderangebot einen Blindkauf der ersten 3 Platten getätigt und die haben dann den Funken absolut überspringen lassen. Danach kam die Damnation, welche lange Zeit mit meine Lieblingsplatte war, aber inzwischen alleinstehend etwas lahm wirkt. Dann irgendwann halt der Rest der Diskografie. Viele mögen bei Opeth die raumfüllenden Gitarrenwände und Growls mögen, ich hab seit jeher an den Clean-(Gitarren- und Gesang)Einlagen und dem spannenden Songaufbau gehangen.

Alcest
hat mir beim ersten interessehaften Reinhören gar nicht gefallen, weil Kinderstimme und Kennste-einen-kennste-alle-Gefühl bei ersten Durchläufen. Spätestens mit der neuen Platte hat sich das aber schlagartig geändert. Alcest sind eben einfach zum Träumen, wie schon viele Rezensenten und Kritiker es genannt haben. Sie sind die Musik für die Situationen, in denen Black Metal nervt, aber Liedermacher-Folk langweilt. Neige schafft immer wieder grandiose Melodien und die „Kinderstimme“ passt dort einfach wie die Faust aufs Auge.

Selbiges kann man zu My Dying Bride sagen. Als ich das erste Mal quer durch die Diskografie gehört hatte, fand ich es enorm anstrengend und da waren die Rumpel-Death-Metal-Frühwerke noch der kleinste Faktor. Doom ist nun schon an sich keine leichte Kost und wenn er dann auch noch mit einer derart gewöhnungsbedürftigen Stimme dargeboten wird… ich habe nach dem Reinhören bestimmt zwei Jahre lang der Band den Rücken gekehrt. Aber irgendwie, ich weiß nicht mehr, wann und wodurch, bin ich wieder drauf zurückgekommen und fand es nach recht kurzer Zeit dann einfach nur Hammer. Wie oben gilt hier auch, dass der Gesang trotz seines (auf den ersten Blick) nervtötenden Klangs extra gut zur Musik passt. Und MDB sind in genügend Fällen eben auch Meister von Riffs, die Melodie und die oft zitierte Weltuntergangsstimmung einfach perfekt wiedergeben.

Die ungeordnete Tracklist lautet:
A Sea to Suffer in (The Angel and the Dark River – 1995)
Advent (Morningrise – 1996)
Autre Temps (Les Voyages de LAme – 2012)
Away (live) (20 Years of Electronic Avantgarde – 2007)
Baptisma (Es reiten die Toten so schnell – 2003)
Battle of the Ghosts (1987)
Black Heart Romance (The Dreadful Hours – 2001)
Day of the Dead (La Chambre d Echo – 2004)
Ghost of Perdition (Ghost Reveries – 2005)
Les Iris (Souvenirs d un autre Monde – 2007)
Percees de Lumiere (Ecailles de Lune – 2010)
The Mirror Men (acoustic) (Acoustic – 1995)
The Prize of Beauty (Songs of Darkness, Words of Light – 2004)
Va(r)nitas Vanitas (Dead Lovers Sarabande Face Two – 2000)
Windowpane (Damnation – 2003)