Re: Jahressampler 2014 – Die Reviews

Home Foren METAL HAMMER’s Ballroom Meetingpoint User vs User Jahressampler 2014 – Die Reviews Re: Jahressampler 2014 – Die Reviews

#6987625  | PERMALINK

Dwelk

Registriert seit: 09.07.2007

Beiträge: 890

Mit reichlich Verspätung bin ich dann auchmal dazugekommen, die Reviews fertig zu schreiben. Dafür gleich komplett 🙂

Ich durfte mich dieses mal am Sampler von InFiction satthören. Ein Blick auf die Liste sagt mir, dass ich kein einziges Lied davon kenne und bei den meisten Liedern mir nicht mal der Interpret etwas sagt. Ich lasse mich also überraschen, was mich erwartet.
Mamiffer – Caelestis Partus
Los geht´s mit einem mir völlig unbekanntem. Das Lied beginnt mit einem waberndem Grollen, zu dem sich alsbald eine ruhige sich wiederholende Tonfolge gesellt – Postrock trifft ein wenig Drone quasi, auch wenn der Drone-Anteil angenehm gering ausfällt. Irgendwann kommt dann Frauengesang dazu, um die kalte Stimmung ein wenig aufzuhellen. Das ganze wirkt sehr verträumt, gefällt mir aber sehr gut. Ein erster Treffer – so kann´s weitergehen. 08/10

This Will Destroy You – War Prayer
Der martialisch anmutende Titel wird dem Lied nicht wirklich gerecht. Geboten wird erstmal ein ruhiges Postrock-Stück. Das Leitthema nimmt ab 2 Minuten durch das einsetzende Schlagzeug (ok, es war auch vorher da, aber doch viel weiter im Hintergrund) an Fahrt auf und wird dabei von der zweiten Gitarre umspielt, bis es dann bei der Hälfte des Songs einen Break gibt und die Bühne für atmosphärische Keyboardteppiche freimacht, die bis kurz vor Schluss alleine vor sich hinbrodeln, bevor Gitarre und Schlagzeug wieder mit zum Finale einsetzen. Mit der Benotung tu ich mir da ehrlich gesagt sehr schwer, da es eine Musikrichtung ist, mit der ich mich selten bis nie befasse und mir da auch ein wenig die Vergleiche fehlen. Ich geb mal ne gutgemeinte 06/10

Jakob – Resolve
Ein weiterer rein instrumentaler Song folgt mit Jakob. Der Songaufbau und die Stimmung ist ähnlich wie bei This Will Destroy You, sprich es fängt ruhig an, die Melodie steigert sich von der Intensität, die Gitarren versuchen sich irgendwann loszureissen und mutieren zu einem Sturm, bis ein ruhiger Part kommt und die Musiklandschaft wieder in seichtere Gewässer zieht. Die Gitarren bekommen aber alsbald wieder einen kleinen Tobsuchtsanfall und steigern da in etwas rein, bis sie erschöpft kapitulieren müssen und der Song ruhig ausklingt. Alles in allem sehr intensiv gespielt, aber ich würde mir das eher als Hintergrundbeschallung reinziehen. Vielleicht fehlt mir auf die Dauer einfach der Gesang. 06/10

Mogwai – Remurdered
Mogwai hab ich zumindest vom Namen her schon öfters hier im Forum gelesen – wenn ich mich recht entsinne auch eigentlich nur positives. Es bleibt mal wieder instrumental, diesmal jedoch rein elektronisch. Auch hier gibt es eine Melodie, die sich leicht abgewandelt von Anfang bis Ende durch den Song zieht und mal leiser und mal lauter wird und durch diverse Effekte und Keyboardspielereien unterstützt wird. Als Soundtrack für Tron oder ähnliches hätte ich mir das hier gut vorstellen können, aber mir passiert da irgendwie zu wenig für die über 6 Minuten Spielzeit – da fand ich die beiden Songs vorher besser. Das hat sich leider auch nach mehrmaligem Hören nicht geändert, der Funke will da bei mir nicht überspringen. 05/10

Earth – Even Hell Has Its Heroes
Wir verlassen nun den Postrock-Sektor und widmen uns dem Stoner/Doom-Bereich. Mit einem weiteren Instrumentaltrack, der auch fast 10 Minuten Spieldauer hat…Die Gitarrenläufe erinnern mich schonmal angenehm an ältere Black Sabbath und das Ganze hat einen schönen organisch-warmen Ton. Wirkt irgendwie wie eine Jam-Session aus den 70ern mit entsprechenden bewusstseinserweiternden Substanzen. Viel mehr passiert allerdings nicht, Tempowechsel, Gesang, andere Instrumente, Clowns die mit brennenden Fackeln jonglieren etc. bleiben aus. Von daher kann ich da auch nicht viel mehr zu schreiben. Hat aber was…7/10

Blueneck – Man Of Lies
Oh, mal kein Instrumental 🙂 Den Grundtenor bilden erstmal ein nicht besonders originell programmierter Drumcomputer und ein pulsierender Synthesizer, die alsbald von langsamem, fast melancholischem (böse Zungen würden jammernd sagen) Gesang begleitet werden. Nach gut zwei Dritteln hört der Gesang auf und überlässt der elektronischen Melodie noch einmal das Feld, die sich zum Ende noch einmal kurz erhebt. Ich finde, der Song ist sehr unspektakulär – im Gegensatz zu den obigen Instrumentalstücken ändert sich bei der Melodie fast gar nix und der Gesang ist auch sehr monoton und einschläfernd. 05/10

2:54 – Blindfold
Der Name sagt mir sogar mal was – ich hatte letzt mal ein Interview mit den beiden Damen gelesen 🙂 Angeblich seien sie im Punk verwurzelt hieß es da. Hört man allerdings nicht aus dem Lied raus. Einordnen könnte man das ganze eher im Indie-Umfeld. Atmosphärisch baut sich vor dem inneren Auge eine kalte urbane Landschaft auf, in der eine verzweifelte Desolation die Hauptrolle spielt. Nach mehrmaligem Hören hat es der Song sogar geschafft, im Ohr hängenzubleiben und nicht mehr wegzuwollen. 07/10

Crippled Black Phoenix – Let´s Have An Apocalypse Now!
Auch hier gibts wieder eine Band, die mir bekannt ist, wobei ich das neue Album nicht kenne.
Los geht’s mit beschwörenden, bedrohlichen Drums und einer orientalisch angehauchten Melodie, zu der sich alsbald ein Singsang gesellt, der eine Tribal-Atmosphäre verbreitet. Dann meldet sich auch der Sänger zu Wort und das Lied kriegt einen Stoner-Einschlag und walzt sich zäh seinen Weg ins Gehör. Hier geht es auf jeden Fall bei weitem nicht so minimalistisch zu wie bei einigen Songs vorher – es passiert was. Und das gefällt mir auch sehr gut. Kann ich mir gerne öfter antun. Läuft. 08/10

Matthew Collings – Silence Is A Rhythm Too
Ein paar unheilverkündende Trommeln und elektronisches Hintergrundrauschen, alles sehr gemächlich, fast schon hypnotisierend. Dazu gesellen sich ein flächendeckender, aber unauffälliger Keyboardteppich und öfters mal fast schon an ein Feuerkwerk erinnernde verzerrende Effekte. Alles spielt sich ein wenig zeitlupenartig ab. Die Trommeln dominieren den instrumentalen Song während den kompletten 12 Minuten und werden nur ab und an von Feedbackorgien überlagert. Ist nicht wirklich meins, weil mir einfach sowas wie klare Melodien, Songstrukturen oder ähnliches fehlen, aber man muss attestieren, dass hier im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten versucht wird sowas wie Abwechslung reinzubringen. 03/10

Marteria – Bengalische Tiger
Elektronische Spielereien bilden hier das Grundgerüst für eine Runde HipHop. Deutschen HipHop mag ich ja in den allerwenigsten Fällen. Zumindest gibt’s hier kein aufgesetztes Gangsta-Image der Marke Bushido, es geht eher textlich Richtung Casper, wobei hier der Elektrosound wie gesagt eine recht große Rolle spielt, so dass der Vergleich auch hinken würde. Inhaltlich geht’s hier um Straßenkampf und Revolte und die Dritte Halbzeit. Prinzipiell könnte mir das ja alles gut gefallen, aber der Gesang (bzw. das gerappe) nervt mich da nur. Aber dafür, dass es HipHop ist, ist es recht anständig und Leute, die damit generell mehr anfangen können, wird das auch bestimmt gefallen. 05/10

Architects – Naysayer
Nun gibt´s ein wenig Krach auf die Ohren und zwar in Form von etwas Metalcore. Die Vocals klingen schön angepisst und die gebrüllte You can’t stop me giving a fuck“-Attitüde nimmt man den Jungs durchaus ab #yolo. Ansonsten gibt’s den genretypischen Groove und man könnte anmerken, dass vielleicht hier und da das Ganze ein wenig glattpoliert klingt. Nach 3:30 ist auch schon Schluss. Was gibt’s als Fazit zu sagen? Nichts schlechtes, aber auch nix überragen positives – kann man sich mal geben und hätte mir vor ein paar Jahren sicher auch noch besser gefallen als heute. 06/10

Aborted – Coffin Upon Coffin
Ah, was zum aufwachen 🙂 Hier gibt´s ordentlich losknüppelndes Todesblei der alten Schule – eine durchaus willkommene Abwechslung auf dem Sampler. Klar gewinnen Aborted keinen Innovationspreis, ist aber denke ich auch nicht gewollt. Es gibt dafür alles, was man sich von nem Death-Metal-Song wünscht – Geknüppel, Gegrunze, nen kranken Text über Necrophilie, hier mal ein eingestreutes Gitarrensolo und weiter mit geht’s mit Vollgas.
Macht auf jeden Fall Laune beim hören. 07/10

N(27)+Tzense – Beton
Das Lied beginnt erstmal mit verzerrtem Gitarrenfeedback…..nach 1,5 Minuten aber…..geht das ganze genauso weiter….und weiter….und weiter – in den kompletten 9 Minuten passiert original nichts, aber auch gar nichts – nur dieser verzerrte Feedbackton. Und das soll eins der besten Lieder des Jahres sein? Muss echt ein grausames Jahr gewesen sein 😉 …. 0/10

Talvihorros – The Secrets Of The Sky
Danach kann es jetzt eigentlich nur noch besser werden 🙂 Die gebotene Synthesizer-Melodie erinnert mich irgendwie an so morbid-verstörende Filmmusik wie z.B. auf dem Soundtrack von Clockwork Orange. Viel passiert hier allerdings auch nicht, die Melodie bleibt weitestgehend gleich, wirkt mal mehr und mal weniger bedrohlich und intensiv. Ist jetzt nichts, wo ich mal sagen würde „Hey, ich hab jetzt Bock auf Talvihorros, lass mal ne Platte davon auflegen“, aber taugt zum nebenbei hören durchaus. 06/10

Silent Echoes – Correlation
Den Abschluss bilden Silent Echoes, die Band von InFiction himself – ein wenig Eigenwerbung sei gestattet 🙂
Es ist natürlich mal wieder Postrock angesagt. Die Drums leiten den Song ein und die Gitarren weben einen verträumten Soundteppich, der von einem Spoken-Words-Monolog begleitet wird. Richtigen Gesang gibt´s auch hier nicht, es bleibt weitestgehend instrumental. Nach 4 Minuten explodiert der Song, es wird härter und die Träumerei von eben wird zu einem Stakkato-Riff, das aber ganz plötzlich stirbt und den Song beendet. Das Ende kam etwas unerwartet, ich hatte eigentlich noch ein Break und einen ruhigen Ausklang erwartet…. Den Vergleich mit den anderen Postrock-Songs des Samplers braucht man nicht zu scheuen. Ganz im Gegenteil, von der Stimmung her gefällt mir das Lied besser als ein paar der anderen Kandidaten. 07/10

Fazit:
Es war ein sehr durchwachsener Sampler, der zwar auch ein paar Highlights hatte (Mamiffer oder Crippled Black Phoenix), aber halt auch einiges, was absolut nicht meins war. Ein wenig Abwechslung abseits des Post-Dingens war ja auch geboten, auch wenn auch dies nicht unbedingt meinen Geschmack getroffen hat. Auf jeden Fall war es mal interessant, ein paar neue Sachen kennenzulernen und sich damit auseinanderzusetzen.

--

Speak Hessisch or die! :evil: last.fm musik-sammler