Swans – My Father Will Guide Me Up a Rope to the Sky (27.09.10)

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  • #67865  | PERMALINK

    palez

    Registriert seit: 04.01.2007

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    Die beste Band der Welt hat sich ja unlängst wiedervereinigt, das Reunion-Album hat nun auch greifbare Form angenommen und einen neuen Song, „Eden Prison“, gibt es auf Myspace.

    http://www.myspace.com/swansaredead

    e5ih4g.jpg

    Es lag ja teilweise noch trotz Giras Dementis und des Band-Line-Ups, das sich unter anderem aus Musikern der Früh- und Spätphase (also SFTB) zusammensetzt, bei einigen wie eine böse Vorahnung in der Luft, aber die erste erfreuliche Feststellung, die ich bei „Eden Prison“ gemacht habe, ist, dass mit einer Fortführung von The Angels of Light (die nun bis auf Weiteres auf Eis liegen) nicht zu rechnen ist. Vielmehr handelt es sich bei dem Song um Swans in Reinform; wie schwer, wenn nicht gar unmöglich so etwas bei einer Band, die in ihrer Karriere mehrfach Stilsprünge zum anderen Ende der Welt getätigt hat, zu sagen ist, ziehe ich dabei durchaus auch in Betracht, dennoch gibt es in „Eden Prison“ Rückschlüsse auf verschiedene Bandphasen (hier vor allem die stilistisch irgendwo zwischen Industrial, Doom und Noise Rock angesiedelte Frühphase und die Reife und das Melodieverständnis von „The Great Annihilator“) und als zusammenhaltende Atmosphäre das, was alle Alben trotz fast gänzlich fehlender stilistischer Verbindungspunkte doch immer gemeinsam hatten. Genau deshalb, weil zumindest dieser Song im Bandkontext nichts wirklich Neues bietet, vermute ich, dass „My Father Will Guide Me Up a Rope to the Sky“ nie auch nur annähernd am persönlichen Status von „Children of God“, „Soundtracks For The Blind“ und „Cop“ kratzen wird, rücke aber keinen Zentimeter von meiner ansonsten wolkenkratzerhohen Erwartungshaltung ab. Auch (und gerade) 13 Jahre nach ihrer Auflösung sind Swans noch von allgemein hoher Relevanz und ihr Stil unkopiert/unkopierbar, einzigartig und wertvoll, und der Abgrund, den Swans gegen Songmitte auch 26 Jahre nach „Cop“ noch zu öffnen vermögen, treibt mir fast die Tränen in die Augen. Album des Jahres, ick hör dir tapsen…

    Hübsches Cover auch. *find*

    Highlights von metal-hammer.de
    #6222769  | PERMALINK

    Axe To Fall

    Registriert seit: 18.10.2009

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    Der Song macht Spaß. *auf Album gespannt bin*

    --

    Musik-Sammler „I met God and he had nothing to say to me.“
    #6222771  | PERMALINK

    Moloch

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    #6222773  | PERMALINK

    Tiz

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    Beiträge: 4,651

    Irgendwie gefällt mir der Song, werde wohl mal in das Album reinhören.

    #6222775  | PERMALINK

    Ric.

    Registriert seit: 07.08.2010

    Beiträge: 89

    Klasse, ebenso die Konzerte im Dezember.

    #6222777  | PERMALINK

    Tiz

    Registriert seit: 15.03.2009

    Beiträge: 4,651

    Nach weiteren Hördurchgängen fesselt mich der Song mittlerweile richtiggehend. Vorallem das von palez angesprochene „Loch“ in der Mitte des Songs ist einfach genial, einnehmend und faszinierend. Was ist den von der Band empfehlenswert, wenn mir die Richtung von „Eden Prison“ gut gefällt (also nicht zu sehr elektronisch und eher songorientiert, mit dem angesprochenen „Loch)?

    #6222779  | PERMALINK

    Axe To Fall

    Registriert seit: 18.10.2009

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    Children Of God!

    --

    Musik-Sammler „I met God and he had nothing to say to me.“
    #6222781  | PERMALINK

    palez

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    Beiträge: 10,795

    Axe To FallChildren Of God!

    Hätte ich jetzt eigentlich auch gesagt, da gibt es mit „New Mind“, „Like A Drug“ und vor allem „Beautiful Child“ gigantische Löcher. Einerseits sind diese aber nicht unbedingt für die Stilvielfalt repräsentativ und andererseits meine ich mich zu entsinnen, dass Tiz mit Jarboes Stimme bisher nicht so zurecht kam.

    @tiz: „Cop“ ist ein einziges musikalisches Loch, „The Great Annihilator“ songorientiert.

    Sind ja jetzt noch weitere Songs bekannt und ich konnte mich natürlich nicht zusammenreißen:

    http://www.youtube.com/watch?v=QHtWvpkMaHo

    Großartig.

    #6222783  | PERMALINK

    Tiz

    Registriert seit: 15.03.2009

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    Danke für die Tipps. Die „Cop“ hört sich bisher sehr gut an, aber scheint leider ausverkauft zu sein 🙁
    In „Children Of God“ werde ich morgen mal reinhören 😉

    btw: Neuer Songs dingsda gefällt auch!

    #6222785  | PERMALINK

    sounds2move.de

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    Swans sind einer der Headliner auf dem Roadburn 2011 (Tilburg, NL). Bisher sind u.a. auch Sunno))) bestätigt. Das nur am Rande… 😉

    --

    Aktuelle Interviews @ www.sounds2move.de : OMNIUM GATHERUM, DEADLOCK, THE VERY END, TANKARD, ...
    #6222787  | PERMALINK

    Axe To Fall

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    Beiträge: 9,142

    Roadburn ist aber auch das einzige Festival was jedes Jahr ein absolutes Hammer-Line-Up hat…

    --

    Musik-Sammler „I met God and he had nothing to say to me.“
    #6222789  | PERMALINK

    Moloch

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    Schon seid ein paar Tagen geleaked, habs auch schon auf platte hörs mir aber erstmal die tage in ruhe an.

    #6222791  | PERMALINK

    palez

    Registriert seit: 04.01.2007

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    Verlorenes Glockengeläut ist das Erste, was man von den Swans nach 14 Jahren Sudio-Abstinenz hören kann. Die ersten Sekunden von „My Father Will Guide Me Up a Rope To The Sky“, dieses für die weitere Karriere und das künstlerische Selbstverständnis der Band so wichtigen Albums, wollen kein „Wir sind wieder da!“ und kein angemessener (Neu-)Anfang sein, sie entstehen aus einer verlorenen, unbestimmbaren Zeit heraus. Der fast zehnminütige Opener „No Words / No Thoughts“ kann in seinem Gestus, vor dem neugierigen Blick des Hörers die Pforten zum Album zu verriegeln und ihm den Boden unter den Füßen wegzuziehen, fast als Trotzreaktion verstanden werden. Die schweren, gegen ihre eigene Unbeweglichkeit rebellierenden Gitarren, die den Glockenklängen folgen, klingen bezeichnenderweise nach einem misslingenden Starten eines alten, kaputten und verrosteten Motors. Der Kapitulation folgt neue, ins neurotisch-Panische gleitende Nervosität, zitterndes Drumming, Glocken, „See that man – ego“, überall diese Glocken, Lärm. Dann schließlich der Zusammenbruch, kaum mehr erkennbare Gitarren mit nie verheilenden, entzündeten Wunden übersät, kollabierendes Drumming, Pfeifen, Kratzen, Lärm. Glockenläuten, betäubende Gefahr, ansatzweise Stille, nur noch der eigene Herzschlag. Atemnot, hämmernder Pulsschlag. Vorahnung bestätigt sich, wieder aufeinanderfallendes Blech, schrill verzerrte Sirenen, verhinderte Hilfeschreie. „To think is a sin. To think is a sin. Long may his world never begin.“ „No Words / No Thoughts“ ist eine einzige offene Wunde. Was tun mit etwas Atmendem, Röchelndem, Wucherndem, was vor dem Tod die Augen verschließt und sich gegen seinen bereits abgeschlossenen Verfallsprozess stemmt, bei seinem Zustand gar nicht mehr am Leben sein dürfte?

    Schon das folgende „Reeling The Liars In“ ist ein vordergründig zutrauliches und übersichtliches Folk-Stück, seine Abgründigkeit in den Lyrics tragend, sein innerer Widerspruch am ehesten an „God Damn The Sun“ vom kurzen Major-Ausflug „The Burning World“ erinnernd. Das folgende „Jim“, lyrisch eine Verbeugung vor Foetus-(und wie auch immer seine zig anderen Projekte auch heißen)Kopf JG Thirlwell, ist musikalisch und atmosphärisch schon eher „Failure“ von „White Light From The Mouth Of Infinity“, adaptiert seine Grimmigkeit, hebt sie allerdings aus dem strikten Minimalismus des Songs und seiner Depression, stattet sie mit drängender Aggression und Zynismus aus und würzt sie mit Krach. „Inside Madeline“ zeigt den ausufernd-rätselhaften Psychedelic Folk des Folgealbums „Love of Life“ bei einer Wanderung über den dissonanten Industrial Doomrock der frühen Bandjahre, „Eden Prison“ die songorientierte Aufgeräumtheit von „The Great Annihilator“ in Kombination mit der apokalyptischen, stählernen Schwere von „Cop“. MFWGMUARTTS funktioniert so gesehen durchaus auch als Rückblick und Nabelschau für die Band, ist in dem Sinne sogar ansatzweise repräsentativ, betritt allerdings auch – alles andere wäre für die Band vor allem nach 14 Jahren ein immenser Integritätsverlust – Terrain, das einem, auch wenn man sich in der Diskographie bestens auszukennen meint, völlig fremd erscheint. „You Fucking People Make Me Sick“ ist so ein Song, der auf keinem früheren Album denkbar gewesen wäre, mit einem Duett von Devendra Banhart (den Michael Gira engagiert hat, weil er sich seiner Meinung nach beim ersten Take nach ihm angehört haben soll, der hier aber ironischerweise nach Michael Gira klingt) und Giras dreijähriger Tochter. Umgeben von melodischen Akustikgitarren etsteht hier ein perfider, zaghafter, fast vertrauenserweckener Dialog zwischen Trümmern und Ruinen, mit „now give me what is mine“ wird jede fälschlicherweise aufkeimende Hoffnung von Wellen von tiefem Klaviergrollen, Trombone, Teer und angespültem Metallschrott begraben.

    Das Konzept von „My Father Will Guide Me Up A Rope To The Sky“ ist Zerrüttung, auch wenn oder gerade weil die Band einige Stücke bei ihrer Form belässt. Das Schlussstück „Little Mouth“ darf erschöpft, resigniert und kapitulierend Giras deprimierende Vorstellung von einem Lovesong sein, ohne im Nichts beginnen oder aufhören zu müssen, und an sein bisheriges Hauptbetätigungsfeld The Angels of Light erinnern, „Jim“ bei stringenter Todescountry-Struktur seinen Zorn unterdrücken, ausgerechnet die Albums-Brechstange „Eden Prison“ trotz des Abgrunds in der Mitte über den Hörer hinwegrollen, ohne selbst Kratzer zu bekommen. Von Songs wie dem Opener und „You Fucking People Make Me Sick“ geht jedoch die Bedrohlichkeit des dunklen Unbekannten aus, sie starten und enden unvermittelt in einem nicht näher definierbaren Irgendwo, kippen völlig unberechenbar und nehmen dem Hörer jegliche Orientierung. Gerade hier beweisen Swans im Umgang mit dem Stilmitel Noise eine Destruktivität und Gnadenlosigkeit, die in der heutigen Musiklandschaft auch heute noch selten ist und nachhaltig beeindruckt. Somit ist „My Father Will Guide Me Up A Rope To The Sky“ trotz relativ selten an Schmerzgrenzen stoßendem Klangbild und übersichtlichem Songwriting eines der schwierigeren Werke der eh nicht durch einladende Eingängigkeit bekannten Swans geworden. „Soundtracks For The Blind“, an dem es sich somit messen muss und das Gira in Interviews als Anknüpfungspunkt bezeichnete, hat MFWGMUARTTS dabei etwas Entscheidendes voraus; seine Uferlosigkeit barg Platz für allerlei Absonderlichkeiten, allerdings auch für momente von strahlender, transzendentaler Schönheit. Dass „My Father Will Guide Me Up A Rope To The Sky“ diese nicht hat, verhindert, dass es nicht bloß ein wirklich sehr gutes, sondern überragendes Album und diskographieinternder Klassiker wird. Trotz der großen Momente verbrannter Erde und zerstörter Fabriken von „No Words / No Thoughts“ und „You Fucking People Make Me Sick“ haben aber sonst gerade die vordergründig friedlicheren und folklastigen Stücke eine Schärfe an sich, die die brachialeren Songs des nunmehr sechsundfünfzigjährigen Michael Gira nicht mehr immer erreichen; „My Birth“ zeigt sich klanglich unangenehm verwaschen, schlägt auf seekrankem Rhythmusfundament ziellos um sich und fügt sich selbs mehr Schaden zu als dem, dem seine Wut gilt, will an „Beautiful Child“ von „Children of God“ anknüpfen, erreicht allerdings nicht seine Dringlichkeit. Diese Makel, die kein anderes Album der Swans seit „Children of God“ hatte, sind eventuell darauf zurückzuführen, dass Jarboe nicht mit von der Partie ist; ohne ihren Gesang, der je nach Instrumentierung Kontrast wie Betonung der Atmosphäre der Songs sein konnte, klingt die Band irgendwie lediglich neunzigprozentig.

    Nun soll das alles jedoch auf keinen Fall heißen, der Band sei ihr Comeback nicht geglückt. Vielmehr zementieren Swans mit diesem Album ihren Status, zeigen, dass sie auch anno 2010 noch wichtig und wertvoll sind. Nach 14 und mehr Jahren ist es vielleicht nicht mehr die Innovation, die sie besonders macht, sondern mehr denn je die Tatsache, dass sie sich ein nach außen hin hermetisch abgeriegeltes musikalisches Paralleluniversum aufgebaut haben, dessen Noten- und Buchstabencodes wie ein surreal verzerrtes Spiegelbild der Musikwelt außerhalb wirken. Keine weitere Band zeichnete sich jemals durch solch eine atmosphärische Ambivalenz aus, keine ließ rohe Gewalt so sakral klingen, keine konnte Abgründigkeit, Obsession und mörderischen Hass in mal perfide, mit verdächtigen Rissen versehene, mal strahlend reine Schönheit übersetzen. Swans waren für mich bisher annähernd alles, was Musik sein kann. Mit dem neuen Album hat sich trotz kleinerer Fehler nichts daran geändert.

    Hier noch ein Track-by-Track-Review von Mister Gira himself: http://thequietus.com/articles/04724-michael-gira-review-new-swans-album-my-father-will-guide-me-up-a-rope-to-the-sky

    #6222793  | PERMALINK

    Tiz

    Registriert seit: 15.03.2009

    Beiträge: 4,651

    Sehr sehr gutes Review. Bin mal gespannt, bin noch nicht zum Hören des Albums gekommen. So wie du es beschrieben hast, könnte es mich aber sogar noch ein bisschen mehr mitreissen, da ich noch in völlig kaltes Wasser geworfen werde.

    #6222795  | PERMALINK

    andysocial

    Registriert seit: 18.03.2006

    Beiträge: 7,603

    ist natuerlich vollkommen toll geschrieben, aber den hang zur ueberinterpretation hat dein deutschlehrer sicherlich auch schon erkannt. 🙂 ich muss sagen, dass das album mich nicht vom hocker reisst, aber ich kenne auch kein anderes werk der band, vielleicht gefaellen mir die anderen alben noch weniger. den opener sehe ich aehnlich stark aber schon den naechsten song finde ich dermassen katastrophal, dass sich der refrain in mein hirn gebrannt hat und das die erste assoziation mit dem albums ist. aber ich werde es mal naeher sezieren wenn ich mehr zeit hab.

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