Home › Foren › Maximum Metal › Zeitmaschine – früher war alles besser › Anddies Mottenkiste: Die 70er Jahre › Re: Anddies Mottenkiste: Die 70er Jahre
Möchte euch gerne ein Non-Metal-Album vorstellen, das zu einen meiner absoluten Favoriten gehört.
Gary Numan- The Pleasure Principle (Beggars Banquet, 1979)
Die letzte Periode der 70er ist durch eine weitgehende Elektrifizierung von Rockmusik geprägt. Künstler und Bands wie David Bowie, Ultravox! und Tubeway Army profitierten von einer neuen Technologie, die ganz neue Möglichkeiten eröffnen sollte. Nicht nur war der Synthesizer für viele Bands eine erschwingliche Investition und einfacher zu bedienen als das klassische Rockequipment, sondern auch das Sprachrohr einer weitesgehend urbanisierten, isolierten Gesellschaft zwischen wachsender Armut und erschütternden Fabriklärm.
Wo noch Tubeway Army eine elektrifizierte Variante von Rockmusik waren und im Jahre 1979 mit „Are Friends Electric?“ Ihren ersten UK- Nr.1-Hit landeten, schwebte es Sänger Gary Numan ein halbes Jahr später schon vor, sich aus diesen Bandkorsett zu lösen und eine klassische Rockbesetzung aufzugeben zugunsten einer kühlen, maschinellen Klangästhetik. Die spontane Vorangehensweise , die an Punk angelehnt ist, bleibt. Nur die klassische Besetzung wurde durch Moog- Synthesizer, Schlagzeug, Bass und Viola völlig ersetzt. The Pleasure Principle stellt somit eine Form neuer, analoger, elektronischer Rockmusik dar, welche für die noch anstehenden 80er stilprägend sein sollte.
„Metal“ wird durch monotone, unterkühlte Drumschläge geprägt. Die Synths beschwören dabei ein apokalyptisches, industrielles Szenario herauf, das in seiner maschinellen Ästhetik atmosphärisch Streifen wie Blade Runner vorwegnimmt. Die Entfremdung des Menschen zu seiner maschinellen Umgebung durchzieht sich wie ein roter Faden durch das Album. Die Viola setzt als Gegenpol in „Complex“ und „M.E.“ eigene melancholische Akzente, um diesen unterkühlten Sound noch eine gewisse Wärme hinzuzufügen. „Cars“ sticht durch seinen eher positiven Grundton noch heraus und sollte Numans erster Solo-UK-Nr.1-Hit werden, nachdem ihn dies zuvor schon mit Tubeway Army gelungen ist. Wer einmal Cars gehört hat, vergisst den Song nie wieder. Ebenso wie das von Ironie geprägte „Films“. Kernstück ist für mich jedoch „Conversation“, das schon alleine wegen seiner 7 Minuten Länge heraussticht. Die monotone Rhythmik des Moog- Synthesizers wird auch hier wieder durch das wunderschöne Violaspiel herrlich konterkariert. Wie auch in „Films“ oder „Cars“ steuert der Song einen fulminanten Höhepunkt entgegen. Der Raum für die wunderbaren Violaakzente ist hier aber ein viel größerer. Dadurch kann sich der Track auch besser entfalten.
Durch die Dichte an guten Songs und der durchgehenden maschinellen Klangästhetik ist es Numan dabei gelungen, den schon wunderbaren Tubeway Army- Vorgänger „Replicas“ sogar zu übertrumpfen. Ein Album, dass in den ausgehenden 70ern seiner Zeit um Jahre voraus war. Jedoch blieb Numan der Erfolg in Deutschland bis dato verwährt und gilt in unseren Graden eher als Geheimtipp. „Reproduction“ von Human League, sowie Gary Numan´s „The Pleasure Principle“ (beide 1979) und „Metamatic“ von John Foxx (1980) sollten den ersten Grundstein für die noch folgenden Entwicklungen der Cold-, Minimal- und Electrowave- Szene bilden. In Detroit- Techno- Kreisen sollte man sich noch Jahre später auf das musikalische Erbe Gary Numan´s berufen.
Anspieltipps: Metal- Films- M.E.- Conversation- Cars
http://www.youtube.com/watch?v=lpBUmS5em0w
http://www.youtube.com/watch?v=akLKrd7zlS0
http://www.youtube.com/watch?v=Zzzr_ika75o
--