Re: Moralisches Dilema

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Leukon

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abrakadabra1, wieso ist das kriterium des glücks bittesehr unzulänglich? die utilitaristen definieren es als zulänglich – logisch ist daran absolut nichts auszusetzen.
2, kam der vorschlag mit der „menschenwürde“ von dir. für mich ist sie nicht mehr als ein mittel zum zweck.
ich glaube schon dass es möglich ist, glück hinreichend gut zu definieren – vorallem, wenn man statt des deutschen wortes „glück“, das englische wort „pleasure“ verwendet, wird die bedeutung viel klarer. noch klarer wird sie, wenn man sich zb. Jeremy Benthams erschöpfende auflistungen der quellen der „pleasures and pains“ in „An Introduction to the principles of morals and Legislation“ durchliest. Long story short: an einer unklarheit darüber, was „glück“ sein soll, scheitert der utilitarismus nicht. wenn man einmal definiert hat was „glück“ bedeutet, ist es auch einfach „lebenswert“ zu definieren – das entscheidet sich, so wie ich das wort hier verwendet habe, ob jemand eben mehr „pleasures“ als „pains“ in seinem leben erfährt.

Wenn du die Utilitaristische idee deprimierend findest, und den menschen für etwas größeres hältst: bittesehr, ich habe nichts dagegen. ich tue das jedoch nicht, und ich würde es auch nicht tun, wenn ich es ebenso wie du deprimierend fände.

Was ,,Glück‘‘ sei, wird nicht im mindesten klarer, wenn man stattdessen von ,,pleasure‘‘ spricht. Dabei handelt es sich in der Tat im einen klarer konturierten Gegenstand, das aber um den Preis, dass dieser Begriff die Komplexität des Kriteriums ,,Glück‘‘ nur sehr unvollkommen abbildet. Aber ich sehe schon, wenn ,,die Utilitaristen‘‘ uns sagen, dass das so in Ordnung geht, dann ist daran ,,logisch‘‘ ja nichts auszusetzen. (Darauf nun vertieft einzugehen, erspare ich mir.)

Noch einmal zum Kern der Sache: du hast meine Argumentation nicht verstanden! Der Utilitarismus ist ein Konzept, das davon ausgeht, der Mensch sei im wesentlichen ein System, das die Bedürfnisse ,,Genuss‘‘ und ,,Abwesenheit von Unbilden‘‘ produziere, und dass es deshalb ethisch gut sei, diesen Interessen einer größtmöglichen Zahl so weit wie nur möglich nachzukommen. Diese empirische, das heißt: nachprüfbare, Annahme ist allerdings falsch; denn der Mensch ist im Kern kein dergestalt kalkulierendes Wesen. Gegenüber den Interessen setzen sich im Kollisionsfall andere Handlungsantriebe durch: emotionale Zustände wie Empörung, Zorn, Angst, Enthusiasmus, Hoffnung, der Glaube an eine große Aufgabe. Und deshalb ist das utilitaristische Konzept dem Menschen nicht gemäß, ganz egal ob man in solchen ,,irrationalen‘‘ Zuständen die wahrhaftige Größe oder die wahrhaftige Dummheit des Menschengeschlechts sehen mag. So erklärt sich auch, dass du selbst deiner Sollforderung im Organträger-Fall nicht nachkommen wolltest: der Fehler steckt im radikalisierten utilitaristischen Ethos, das der in Wahrheit bestehenden ethischen Pluralität nicht gerecht wird.

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