Re: Moralisches Dilema

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abrakadabra

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LeukonPeter Singer benennt als die Grundlage utilitaristischer Ethik ganz eindeutig ,,das Prinzip der gleichen Interessenberücksichtigung‘‘. Es kann dem Utilitarismus daher gerade nicht egal sein, wie die Interessen der Menschen (der Tiere, der Pflanzen) beschaffen sind. Und deshalb liegen der Theorie durchaus bestimmte Annahmen über das Wesen der Menschen (der Tiere, der Pflanzen, auch der unbelebten Materie) zugrunde, die sich als richtig oder falsch erweisen können

sorry für die späte antwort, aber ich hatte stress:

nein, du verstehst nicht, was Peter Singer meinte.
In seinem Standardwerk, „Praktische Ethik“, stellt er eine andere form des utilitarismus vor, den (so weit ich weiß von ihm erfundenen) Präferenzutilitarismus.
Singers Utilitarismus ist auf die maximale berücksichtigung der preferenzen („interessen“) aller individuen ausgerichtet, nicht auf maximierung des glücks, wie der klassische Bentham-utilitarismus, von dessen standpunkt aus ich in diesem thread argumentiert habe.
für Singers utilitarismus ist glück a priori nichts wert – nur, wenn es eine präferenz gibt, glücklich zu sein (gibt es natürlich bei den meisten, aber muss nicht sein), hat es einen wert. und auch dann ist es nur eine präferenz unter vielen. deshalb interessiert sich singer für „das prinzip der gleichen Interessensberücksichtigung“. Weil IHN präferenzen interessieren, die klassischen utilitaristen interessieren sich umgekehrt nur in den fällen für präferenzen, in denen deren nichtberücksichtigung die individuen unglücklich machen würde. Um mein Argument verkürzt auszudrücken: Laut Peter Singer ist „das Prinzip der gleichen Interessensberücksichtigung“ NICHT (!!!) grundlage für den klassischen glücks-maximier-utilitarismus, wie du behauptest, sondern die grundlage für seinen eigenen utilitarismus.

Übrigens findet sich in „Praktische Ethik“ (soweit ich mich erinnern kann, und das buch ist jetzt gerade in in einem anderen haus, weshalb ich nicht nachsehen kann) kein logisches argument, aus dem der präferenzutilitarismus folgen würde. Singer definiert einfach, dass die maximale berücksichtigung der interessen aller gut ist, und basta – logisch einwandfreies vorgehen, wie ich finde. auch jeremy bentham definiert am anfang seines Werkes „An Introduction to the Principles of Morals and Legislation“ was „gut“ ist, und sagt auch explizit, dass es sich hierbei um eine definition handelt, und er das wort „gut“ dieser definition gemäß verwendet.

edit: ich will mich jetzt auch nicht unbedingt als klassischen utilitaristen bezeichnen, aber momentan ist er mir irgendwie sympathischer als der präferenzutilitarismus. mal sehen, vielleicht entscheide ich mich irgendwann wieder um, haha.