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Hati

Registriert seit: 15.02.2011

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Ich hatte den Sampler von Clemente, der sogar 16 Tracks beinhaltete. Dies ist Part 1:

01. Kate Nash – Mansion Song
Los geht’s mit einer Songwriterin, deren Name ich hier schon oft gesehen habe, aber bisher immer gemieden habe, da ich nie der große Fan von sowas war. Falls die Musik von KN ständig so klingt, sollte ich das vielleicht mal ändern. Die erste Hälfte ist ein sehr impulsiver Rant-Monolog (ich vermute dabei, dass es die Dame selbst ist?) mit britischem Akzent und leitet ein rhythmisches Getrommel ein. Die ersten Gesangslinien erinnern dabei an „Frère Jacques“, diese werden jedoch stark verzerrt dargeboten und insgesamt fühlt sich der ganze Song auch sehr rustikal und blechern an. Dies ist jedoch keinesfalls negativ gemeint, da dabei die eisige Stimmung des Anfangs gut weitergeführt wird. Die Muße zu entschlüsseln, woher die Erregtheit kommt, hatte ich leider nicht, denn das ist für mich zwar ein sehr gut gewählter Opener, der schon mal eine gewisse Grundverwirrung an den Tag legt, aber als eigenständigen Song würde ich den erstmal mit Vorsicht genießen. Mich hat nur überrascht, dass ich mit solcher Musik vielleicht doch mehr anfangen könnte, als ich dachte, aber per se geflasht bin ich leider dann doch nicht.

02. The Quintet – Salt Peanuts
Es geht weiter mit Jazz und das ist einer der wenigen Songs, die mich weniger packen. Als ich den Sampler im anderen Thread so gelobt hatte, wollte ich damit ausdrücken, dass so ein Song hier stets von einem guten Geschmack zeugt, aber ich könnte niemals einen Sampler erstellen, der solche Stücke beinhalten würde. So wird hier „Salt Peanuts“ gespielt, was zuvor noch von einem netten Ansager angekündgt wird. Die Trompete nimmt das Ruder in die Hand und trötet sich die erste Hälfte durch die sehr loungige Chillout-Musik. Das Problem für mich bei derartiger Musik ist, dass sie für mich nur an bestimmten Orten oder bestimmten Momenten als Unterlegung gut passt, wie zum Beispiel in so einem Sampler, aber auch hier bin ich mir sicher, dass ich ansonsten nicht mehr oft auf das gute Quintett zurückgreifen werden kann. Es gibt dann noch einen Part, bei dem das Piano in den Vordergrund rückt und später gibt es noch ein Drum-Solo. Am Ende kommt dann das schrille Trompeten-Thema zurück und im Einklang mit der Holzblasmelodie auch ein letztes „Salt Peanuts, Salt Peanuts!“-Gerufe. Jazz, der nichts falsch macht, aber für mich einfach zu traditionell und klassisch klingt.

03. The Mars Volta – Day Of The Baphomets
Niks Review zu TMV hat mir erstmal Angst gemacht, aber ich scheine wohl einen besseren Song der Truppe abgekriegt zu haben. Clemente beglückt mich hier mit einem Zwölfminüter, der die jazzige Atmosphäre vom Vorsong aufgreift und in ein modernes Prog-Gewand integriert. Die Vocals haben mich sehr erstaunt, da ich diese bei anderen Interpreten normalerweise unerträglich finde, aber hier in seinen hohen Tönen doch auf Anklang bei mir stößt. Der Song hat insgesamt einen sehr spannenden Verlauf, bei dem er immer wieder irgendwelche Spielereien aus dem Hut zaubert, und damit immer interessant bleibt. Soviele überlagerte Gimmicks bin ich normalerweise nur von Bands wie Sigh gewohnt, aber das erklärt wohl, wieso es mich so sehr bei Laune hält. Nachdem der Anfang so euphorisch und quirlig klang, kommt erstmal ein Saxophon-Gitarren-Tandem-Solo und bringt nochmal neuen Schwung rein. Man merkt schnell, dass zwar viel im Hintergrund passiert, aber die Grundstruktur schön überschaubar bleibt und damit nicht überfordernd wirkt, wie man denken könnte. Der Sänger singt ständig mit überlagerten Vocallines, was ich ziemlich amüsant finde, da diese einen weiteren Freakfaktor in die Musik bringen. Im letzten Abschnitt spielen funkige Synths mit rein, Gitarrensoli und etwas Geschreddere und machen den Song zu einer sehr spaßigen Extravaganza. Sogar ein Percussion-Solo findet seinen Weg in die letzten Minuten, aber die letzten Worte gehören den mausartigen Kopfstimmenvocals und dem Anfangsmotiv. Wohl mein Highlight der ersten Samplerhälfte.

04. Deathspell Omega – The Shrine Of Mad Laughter
Die Musikmaschine, die bis eben noch präzisiös lief und verschiedenste Musikparts melodisch ineinander übergehen ließ, zerbricht jetzt an diesem Song. Als hätte man einen Schraubenschlüssel zwischen zwei Zahnräder geworfen, verschiebt sich alles zu einer neuen Dissonanz, die man von DsO zwar schon kennt, aber einen schönen Kontrast zu dem eher fröhlichen Song zuvor bildet. Wilde Riffwirbel zischen einem ins Gesicht während einzelne Frickeleien nach Gejammer gesichtsloser Geister klingen. Nach Lachen sollte einem hier eigentlich nicht zumute sein, denn die vertrackten Melodien versetzen einen eher in Ehrfurcht. Ein schwarzmetallischer Breakcore-Song sozusagen, so bleibt der Song nämlich ständig instabil und wird durch einzelne Gitarrenanschläge in eine andere Richtung geschoben. Zwei ruhige Intermezzos wiegen den Hörer zwar in Sicherheit, aber man sollte bei DsO ja stets mit allem rechnen. Das Monster geht nämlich nicht wirklich ins Bett am Ende sondern macht nur ein Auge zu und faked ein paar Schnarchgeräusche. Beim zweiten Mal gibt es danach zwar noch ein letztes Grummeln, dann ist es aber wirklich vorüber. Ein schöner Song, der mir mal wieder zeigt, dass ich die Band öfter hören sollte.

05. Can – Peking O
Beim ersten Durchlauf haben Can schon sehr überrascht. Was als ruhiger Krautrock begann, entwickelt sich nach und nach zu einem bekloppten Chaoswürfel, bei dem elektronische Spielereien, die ich bisher nur bei Künstlern wie Nurse With Wound genießen durfte, aus allen Ecken in den Song geworfen werden und die Musik dadurch schwer beschreibbar machen. Die Produktion klingt so, als würde der Song mindesten 30 Jahre alt sein, weshalb ich verstehen kann, wieso ich über die Band lesen kann, dass sie als Pioniere gelten. Sphärische Ambient-Parts wechseln sich mit schrillen Quietschtönen, Geplapper und Gerufe der Bandmember und weiteren undefinierbaren Synth-Effekten ab. Ein Song, der mich auch nach mehreren Durchläufen zwar auf Unterhaltungsebene begeistern kann, aber mir musikalisch dann doch zu sehr an mir vorbeigeht. Woran es genau liegt, kann ich nicht mal sagen, da es mich stellenweise auch sehr an Zeuhl erinnert. Auf dem Sampler erfüllt er jedoch eine gute Übergangsrolle, um aus dem dunklen Schrein des verrückten Gelächters in eine klassischere Rock-Idylle zu führen.

06. T-Bone Walker – Left Home When I Was A Kid
Das tönt wie ein Song, den jeder mal irgendwann gehört hat. Ob es jetzt aber wirklich ein Klassiker ist, und ich bin gut darin Klassiker nicht zu kennen, oder nur nach einem klingt, kann ich jedoch nicht sagen. Spontan würde ich die Musik dem Bluesrock oder so zuordnen, aber das ist alles viel zu traditionell für mich. Wie bereits bei „The Quintet“ fühle ich mich wie in einer unfreiwilligen Fahrt mit einer Zeitmaschine. Retrokram, der für mich als Soundtrack durchgeht, aber der gute T-Bone Walker kann mir sonstwas über sein Leben erzählen, wirklich packen wird mich das in diesem Leben nicht mehr. Und wieder kann ich das Clemente nicht wirklich ankreiden, weil es eigentlich nach einem zeitlosen Evergreen klingt, aber da bin ich wohl einfach zu stur um außer allgemeinem Lob, auch noch ein persönliches Daumen-Hoch draufzulegen. Bei diesem Song wurde mir bewusst, dass andere User das sicher viel besser wertschätzen könnten als ich, weshalb ich den Sampler weiterempfohlen habe.

07. Peter Doherty – A Little Death Around The Eyes
Der Songtitel sagt bereits alles aus, was ich von dem Interpreten bisher wusste: diese Augenringe aus den Nachrichten vergisst man nicht so leicht. Was der Typ privat treibt und dass ich darüber urteilen muss, lasse ich mir jedoch nicht von irgendwelchen Boulevardblättern aufdrängen, weshalb ich relativ neutral zu dem Typen stehe. Der Song ist wieder sehr kurz und hat einen beschwingten Unterton, der die tragende Säule bildet. Sanfter Bass, Mundharmonika und Streicher tanzen um die träumerischen Vocals umher, was mich jedoch mal wieder eher kalt lässt. Es ist zwar gut gemacht, aber ein Fan von derartigem Indierock (oder was das sein soll) war ich ebenfalls noch nie. Mein Feuerzeug bleibt zumindest in der Tasche, wenn ich ihn aus irgendwelchen Gründen mal live sehen sollte.

08. The Doors – You’re Lost Little Girl
Den Abschluss dieses ersten Parts bilden die Rockklassiker schlechthin, The Doors. Sehr einfache und schnell ins Ohr gehende Melodie, die mir auch schnell zeigt, wieso man diese Musik auch heute noch ohne Bedenken hören kann. Ich respektiere Gruppe nämlich dafür, so zeitlose Kompositionen in ihrem Repertoire zu haben, doch scheitert es mal wieder an meinem Desinteresse und so fühle ich mich beim Songtitel direkt angesprochen. In dieser Welt des allgemeingültigen Faktums, dass The Doors eine großartige Rockband ist, fühle ich mich in der Tat wie ein verlorenes kleines Mädchen und so kann ich wieder nur sagen, dass es zwar gut in den Sampler passt und die Stimmung vom Peter Doherty-Song konsequent weiterführt, aber mehr auch nicht. Oldschool-Freunde werden hier sicher mit den Zähnen knirschen, aber man kann es eben nicht allen Recht machen.

So, jetzt auch Part 2:

09. Occvlta – Staring At The Lake
Als nächstes steht ein rauhbeiniger Black Metal-Song an, der zwar mit Blastbeats beginnt, aber schnell in einen doomigen Swing, mit kultigen Fanfaren im Hintergrund, gerät. Occvlta scheinen eine deutsche Underground-Band zu sein, die Clemente wohl mal live gesehen haben muss, anders kann ich es mir nicht erklären, wie er auf diese gestoßen ist, denn ich merke, mir fehlt wohl irgendein Bindeglied um in die Musik einzutauchen. Die Riffs funktionieren zwar, aber sie bleiben oft sehr schleppend und der Gesang hört sich für mich eher danach an, als ob jemand einfach nicht die Lust hatte, typisches Gekeife einzustudieren. Ein behäbiger und schummriger Song, der mich jedoch nicht in irgendeine melancholische Mitternachtstrance versetzt.

10. Burning Witch – Sacred Predictions
Wir bleiben in Deutschland und es geht genauso midtempomäßig weiter: Kenner rümpfen hierbei jetzt vielleicht die Nase, aber mich erinnert das Feeling, die Palmmutes und der Rhythmus des Sängers total an späte Celtic Frost (bzw. Tryptikon). Ein essentieller Interpret, keine Frage, aber ich persönlich wurde noch nie warm (hihi, warmwerden mit Celtic „Frost“) mit denen. Von daher erkenne ich die Hommage als solche an, muss ansonsten abwinken.

11. Swans – Cop
Die Schwäne sind mir ja bereits ein Begriff, aber auch hier lässt sich Clemente nicht lumpen und wählt einen sehr alten Song eines mir noch unbekannten Albums der Truppe. Das Doomige vom Vorsong wird durch einen langsamen Drumbeat und fuzzigen Gitarren sofort in eingängigen Industrial umgewandelt. „Eingängig“ soll hier eher heißen, dass der Song keine Haken schlägt oder sich durch irgendwelche Entwicklungsstufen bewegt: Vocals, die wie von weit, weit weg klingen und gelegentliche Samples von metallischem Geklirre oder Geschlage geben dem Song einen psychedelischen Touch und irgendwo auch einen bedrohlichen Unterton. Insgesamt ein sehr überschaubarer Track, aber das ist leider nicht die Seite der Band, die mich auf „Children Of God“ überzeugt hat. Aber ich will den Song nicht wieder aus dem Kontext reißen, es geht immer noch um den Sampler und da muss ich sagen, baut „Cop“ eine gute Brücke aus dem schroffen Doompart und führt mit seiner blechernen Kaputtheit eindringlich in die Endphase.

12. Nico – Frozen Warnings
Ich kenne Nico ja nur von der sehr bekannten Kollaboration mit The Velvet Underground und weiß sonst nicht, was sie als Solo-Künstlerin so „verbrochen“ hat. Problem hier ist einfach, dass der Instrumentalpart nach lieblichem Ambient klingt, den ich mir gerne zur Gemüte führen würde. Dass der Song schon so einige Jahrzehnte auf dem Buckel hat, hört man ihm schon deutlich an, aber dann gibt es ja noch den Gesang der guten Dame und der gefällt mir leider weniger. Ihre Stimme ist sehr tief und sie weiß sie auch gut zu nutzen, um fulminant zu klingen, aber mir gibt das nichts, da hätte mir eine Instrumentalversion besser getan. Wer jedoch mit dem Gesang klar kommt, kann sich auf vier entspannende Minuten voller Flaum, Schaum, zarten Synthies und elegischen Gesangslinien freuen.

13. Blue Angel Lounge – Desert Shore
Ich hätte wetten können, dass dieser Song gar nicht so viel später als „Frozen Warnings“ entstanden ist, aber BAL greifen lediglich die Wurzeln des Psychedelic Rocks auf um ihn im zeitgenössischen Gewand. Es geht schnell ins Ohr und was einem als erstes auffällt, ist, dass es kein Schlagzeug zu geben scheint, sondern der Grundtonus vom Bass und gelegentlichen Tamburinschlägen gelegt wird. Hier ist mein einziger Kritikpunkt, dass es viel zu kurz ist und ich daher mal in das Album reinschnuppern sollte. Gefällt mir so mit am Besten aus der zweiten Samplerhälfte: Die Melodie klingt wehleidig und passt gut zum hallenden Gesang, was ziemlich gut miteinander harmoniert.

14. Pink Floyd – A Saucerful Of Secrets
Der längste Song stammt von den Prog-Königen Pink Floyd, mit denen ich erst seit Kurzem Freundschaft geschlossen habe. Eine der wenigen Klassikerbands, bei der ich noch einiges nachholen will und so wurde ich mal wieder daran erinnert. Es wird im ersten Drittel mit elektronischen Spielereien eine wirre, aber auch verlockende Atmosphäre aufgebaut, die im zweiten Drittel mit mehr Instrumenten fortgeführt und zum Ende hin in ein sehr sanftes und erhabenes Ende mündet. In der Mitte wirkt alles noch sehr zerfahren und unruhig, aber wenn die (Synth?)Orgel einsetzt, während der Rest komplett stillgelegt wird, ist das ein sehr eindrucksvoller Abschluss. Für diesen Aufbau allein hat der Song viel Lob verdient, denn das hätte für mich auch der Samplerschluss sein können. Kein Gesang, kein Riff, das dazwischenfunkt, kein Schlagzeug, am Ende ist alles einfach friedlich, die Orgelpfeifen ertönen, Background-Chöre gesellen sich dazu und fertig ist ein sehr ansehnlicher Song, der mit zu meinen Lieblingen des Samplers gehört.

15. Entrance Band – Valium Blues
Jetzt wird es aufeinmal überdreht und euphorisch: Mal wieder was psychedelisches und diesmal ist eine Violine im Vordergrund, die mit ihrer Melodie durch den vernebelten Song fidelt und eindeutig die Fäden in der Hand hält. Sie bleibt zwar stets gleich, dafür wabert und vibriert der ganze Rest. Der Bassspieler glitscht über die Saiten und der Frontmann heult, jault oder bedient sich gemäßigterem Gesang, was zwar alles erstmal sehr chaotisch wirkt, aber durch die Fidel zusammengehalten wird und eine recht spaßige und bewusstseinserweiternde Dynamik entwickelt. Der Song vergeht so wie im nu und macht dabei ununterbrochen Laune, auch wenn auf schwere Gitarren verzichtet werden, was ich auf Dauer weniger gewohnt bin. Valium Blues war nochmal ein letztes Aufbäumen, denn jetzt geht es zum letzten Track des Samplers.

16. Libertines – I Get Along
Tja, das ist der tragischste Part des Samplers, denn dies ist wohl der mir unliebsamste Song. Drei Minuten lang wird scheppernder Rock’n’Roll mit Singalong-Chorus und simplistischen Riffs geboten, was ich leider überhaupt nicht ab kann. Ich sehe es als locker-flockigen Rausschmeißer an, das erkenne ich zumindest als Idee für den Sampler, aber der Track an sich ist für mich leider eine Totgeburt, denn bereits nach 3 Sekunden wusste ich, dass das nicht mein Song ist. Schade zwar, aber dafür hatte ich sonst meinen Spaß und werde mich mit einigen Künstlern noch genauer beschäftigen müssen.

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Edgirl &Ich dachte ja eigentlich das die Jungs Erwachsen sind, insbesondere Tobi aber nach der Aktion,... das ist Kindergartennivou. Als das heißt das die Jungs zu Kleinkindern Motieren oder was? ich blick echt nicht mehr durch...
Ich auch nicht, Sina. Ich auch nicht.