Re: Asylrecht und Migration

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Leukon

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Verärgerter_Bahnkundehttp://www.sueddeutsche.de/bayern/fluechtlinge-kriminalitaetsstatistik-zeigt-die-sorgen-sind-unbegruendet-1.2920109

Ich sage zunächst mal etwas zum ersten der zitierten Texte. Inhaltlich ist dieser Kommentar leider sehr dünn, aber machen wir doch einfach mal einen kleinen Faktencheck.

I. “Dass jedes zehnte Sexualdelikt von einem Zuwanderer begangen wurde, hört sich bedrohlich an. Nur, es handelt sich um 82 Fälle bei 156 000 Asylbewerbern. Außerdem könnte es sein, dass nach den Vorfällen in Köln die Bereitschaft gestiegen ist, Anzeige zu erstatten. Das aber ist nur eine Vermutung.“

Glücklicherweise lassen sich diese Zahlen nachprüfen, da das Ministerium seinen Tabellenwerke online zum Download zur Verfügung stellt. Die hier interessierenden Aspekte sind unter dem Kürzel B061 abrufbar.

Daraus ergeben sich folgende Werte:
– Gesamtzahl der Sexualdelikte 2015: 4309
– Nichtdeutsche Tatverdächtige: 1069; Anteil: 24,8 %

– Fälle des § 177 StGB, dh der sexuellen Nötigung und besonders schwerer Fälle (dazu gehört die Vergewaltigung): 769 + 500 = 1269
– Nichtdeutsche Tatverdächtige insoweit: 328 + 195 = 523; Anteil: 41,2 %.

– Der Anteil Asylantragsteller, also von Personen, bei denen gerade ein Asylverfahren läuft, beträgt bei § 177 StGB 6,4%; das allerdings bei einem Bevölkerungsanteil von knapp 1,2 %. Damit sind Asylantragsteller noch erheblich stärker überrepräsentiert als die nichtdeutschen Tatverdächtige allgemein. Da atmet man doch erleichtert auf.

Ich bitte euch darum, die Statistiken selbst abzurufen und zu prüfen. Das sind die offiziellen Zahlen. Bemerkenswert ist übrigens der Zusatz, dass die nach den Vorfällen von Köln möglicherweise erhöhte Anzeigebereitschaft die Zahlen beeinflusst haben könnte. Wir sprechen hier aber von der Statistik für 2015! Die SZ will uns also glauben machen, dass die bayerische Polizei aufgrund eines erst 2016 bekannt gewordenen Vorfalls im Jahr 2015 mehr Sexualdelikte erfasst haben könnte.

II. “Bei den Tatverdächtigen, die Zuwanderer sind – sechs Prozent -, wäre es wichtig zu wissen, um welche Delikte es sich handelt.“

Das “wäre“ nicht nur wichtig zu wissen; es wird sogar genau aufgeschlüsselt. Wer es wirklich wissen will und nicht bloß irgendwelche Spekulationen anzustellen beabsichtigt, kann es mit wenigen Klicks in Erfahrung bringen. Das zum einen.

Zum anderen: Die Statistik weist eine Gruppe namens “Zuwanderer“ überhaupt nicht aus, sondern differenziert in erster Linie zwischen deutschen und nichtdeutschen Tatverdächtigen. Dass das nicht gleichbedeutend ist, sollte eigentlich klar sein. Was dies betrifft, so ist es natürlich nicht so, dass nichtdeutsche Tatverdächtige als Täter nur in 6% der Fälle ermittelt worden wären, sondern in 61%. Wenn man davon die ausländerrechtlichen Verstöße abzieht, sind immer noch über 30% aller Tatverdächtigen nichtdeutscher Staatsangehörigkeit. Offensichtlich bezeichnet man bei der Süddeutschen mit “Zuwanderer‘‘ ausschließlich Asylbewerber im laufenden Asylverfahren; nur dann kommt man mit der Größenordnung der Zahlen zumindest einigermaßen hin. Im Blick behalten muss man insoweit dann aber stets einen Bevölkerungsanteil von nur etwa 1%. Dass ein Hundertstel der Wohnbevölkerung sechs Hundertstel der Straftaten begeht also eine 600-prozentige Überrepräsentation festgestellt wurde, wie die SZ hier vermeldet, soll offenbar die Warnungen der Zuwanderungskritiker vor steigender Kriminalitätsbelastung als gegenstandslos erscheinen lassen.

III. “Gewalttätig werden Flüchtlinge vor allem untereinander“.

Und auch diese Aussage wird durch die vorgestellten Zahlen nicht gedeckt. Ich zitiere den Minister via Bericht der Welt: “Unter den Delikten der Gewaltkriminalität waren auch 1811 Taten, die von Zuwanderern begangen wurden, davon 898 innerhalb und 913 außerhalb von Asylbewerberunterkünften.“ (http://www.welt.de/regionales/bayern/article153604564/Immer-mehr-nichtdeutsche-Tatverdaechtige-in-Bayern.html)

Sonst wurde zu dieser Angelegenheit nichts ausgeführt und finden ich auch in den amtlichen Tabellenwerken hierfür keine Anhaltspunkte. Es ist schwer nachvollziehbar, wie diese Behauptung in den Bericht über die Pressekonferenz gelangt ist und woher sie stammt, wenn schon nicht aus den dort abgegebenen Erklärungen des Ministers oder aus den dort vorgelegten Daten.

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