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  • #6813329  | PERMALINK

    abrakadabra

    Registriert seit: 31.03.2008

    Beiträge: 4,809

    damit dass die verteuerung einer leistung mit dem wunsch nach einer günstigeren alternative einhergeht, stimme ich natürlich überein. dass ein extrem hoher mindestlohn die schwarzarbeit „fördern“ würde, ebenso wie die fortscheitende automatisierung (wogegen ich nichts habe), ist klar. trotzdem haben auch roboter und schwarzarbeiter ihren preis, und das unternehmen wird sich nur für diese varianten entscheiden, wenn der mindestlohn SO HOCH ist, dass er teurer ist als die anschaffung von automaten zur erledigung gewisser arbeiten (was in vielen branchen heutzutage absolut unmöglich ist), und auch das risiko schwarzarbeiter zu beschäftigen (das man ja als staat mittels besserer kontrollen erhöhen kann) überwiegt.

    ganz nebenbei existieren in deutschland bereits heute für die reine marktwirtschaft „unnatürliche“ verteuerungen von arbeit: es gibt sicherheitsstandards (obwohl es vielleicht leute gäbe, die bereit wären ohne sie zu arbeiten), es gibt sozialversicherungspflicht (obwohl es leute gibt, die ohne versicherungsanspruch arbeiten würden), es gibt kündigungsschutz, es gibt krankengeld das der arbeitgeber zahlen muss (ist doch auch in D so, oder?), es gibt für frauen diverse schwangerschaftsregelungen, die den arbeitgeber etwas kosten können…

    wir haben also bereits schon längst entschieden, dass einer künstlichen verteuerung von arbeit nichts grundsätzlich entgegenzusetzten ist. all diese regelungen gibt es, weil die gesellschaft (ja, ich mag das wort) entschieden hat, dass es zum menschenwürdigen dasein in unserer gesellschaft dazugehört, auf solche leistungen ansprüche zu haben. ebenso trivialerweise gehört es für mich dazu, dass jemand der hart arbeitet darauf anspruch darauf zu haben hat, dass er auch ein menschenwürdiges leben mit seinem gehalt führen kann – und wenn die reine marktwirtschaft (von der du ein fan zu sein scheinst) nicht in der lage ist das sicherzustellen, dann zum teufel mit ihr.

    edit: ad „wenn die löhne steigen, steigen auch die preise, und die leute die besagte löhne bezahlt bekommen haben erst nichts davon“:
    es stimmt schon, dass dadurch die preise für ARBEIT steigen. dieses argument wäre nur stichhaltig, wenn wir nur menschliche arbeit kosumierten – das ist aber nicht der fall. wir komsumieren rohstoffe, und wir bezahlen gewinne von unternehmen – und diese „kosten“ steigen eben nicht durch verteuerung von menschlicher arbeit – also hätten die niedrigverdiener durchaus was davon, wenn sie mehr bezahlt bekämen. außerdem nimmt dein argument an, dass die einzige kompensierung für steigende lohnkosten ein steigender preis wäre – und nicht zb. auch auch geringere gewinnspannen, wie dieses paper im fall der gastronomiebranche suggeriert. (einen hässlicheren textsatz habe ich übrigens schon lange nicht mehr gesehen)

    das paper
    „Exploiting variation in the cost impact of the MW across restaurants, we find no significant effect of the MW increases on employment or hours over the three years. Cost increases were instead absorbed through other channels of adjustment, including higher prices, lower profit margins, wage compression, reduced turnover, and higher performance standards.“

    um ehrlich zu sein, will ich mich aber gar nicht auf eine wirtschaftswissenschaftliche diskussion mit dir einlassen, weil ich von dem thema null ahnung habe, und ich gar nicht weiß, ob es überhaupt jemanden gibt, der genug weiß, um eine komplexe frage wie diese mit sicherheit beantworten zu können.

    meine politische meinung hat ihren ursprung auch nicht in dem glauben an die funktionalität eines bestimmten wirtschaftsmodells, sondern in meinem ethischen empfinden.

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    #6813331  | PERMALINK

    Leukon

    Registriert seit: 14.07.2010

    Beiträge: 1,385

    Wenn ich mich auf eine gesetzlich erzwungene ,,Verteuerung“ von Arbeit beziehe, ist mein Ausgangswert nicht das Gehalt eines ausgedachten Arbeiters, der auf Kranken- und Sozialversicherung verzichtet, sondern der Marktlohn, d.h. ein Lohn, der sich für verschiedene Qualifikationssegmente durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Dieser Mechanismus impliziert, dass Unternehmen, die Projekte planen, um die Beschäftigung rentabler Arbeitnehmer konkurrieren. So entsteht über das Informationssystem, das wir ,,Markt‘‘ nennen, eine Bewertung der Rentabilität des Einsatzes von Arbeitnehmern verschiedener Qualifikationsstufen.

    Selbstverständlich haben wir in Deutschland Gesetze, die Arbeitgebern einen bestimmten Umgang mit ihren Angestellten und Arbeitern abverlangen, etwa eine Aufteilung der in die Arbeit investierten Kosten in einen ausbezahlten Teil (Gehalt) und einen an bestimmte (Ver-)Sicherungssysteme weitergeleiteten Betrag – wodurch übrigens die Lohnstückkosten um keinen Cent erhöht werden; das anzunehmen ist ein schwerer Denkfehler! – oder die Entgeltfortzahlung bei Krankheit. Eine darin liegende Verteuerung ist solange unschädlich, wie nicht die Rentabilität des Einsatzes der Arbeitnehmer im Rahmen eines Projektes in Frage gestellt wird. Wenn es soweit kommt, dass ein genereller Mindeststundenlohn eingeführt wird, der – und sei es nur ein einigen Branchen – diesen Marktlohn übersteigt, verringert sich die Anzahl der Stellen, die rentabel bewirtschaftet werden können und Arbeitsplätze fallen weg, werden zB in das Ausland ausgelagert. Und deshalb ist der Mindestlohn das falsche Instrument, jedermann genug Geldmittel zum Leben zu verschaffen.

    Bei Hans-Werner Sinn findet sich die einprägsame Wendung: ,,Von einem Mindestlohn, den man nicht bekommt, kann man nicht leben.‘‘ Erforderlich sind, wie das ifo-Institut seit Jahren predigt, eben Zuzahlungen im Sinne einer ,,aktivierenden Sozialhilfe‘‘. Dazu, die freie Marktwirtschaft zum Teufel zu schicken, besteht überhaupt kein Anlass. Dass ich ein Anhänger des freien Marktes bin, hast du richtig erkannt; seit meiner vulgärmarxistischen Jugendphase bin ich halt – in bescheidenem Maße – klüger geworden. Das heißt aber natürlich keineswegs, dass ich den Gedanken der Solidargemeinschaft ablehne. Man muss schon differenzieren.

    abrakabra edit: ad „wenn die löhne steigen, steigen auch die preise, und die leute die besagte löhne bezahlt bekommen haben erst nichts davon“:
    es stimmt schon, dass dadurch die preise für ARBEIT steigen. dieses argument wäre nur stichhaltig, wenn wir nur menschliche arbeit kosumierten – das ist aber nicht der fall. wir komsumieren rohstoffe, und wir bezahlen gewinne von unternehmen – und diese „kosten“ steigen eben nicht durch verteuerung von menschlicher arbeit – also hätten die niedrigverdiener durchaus was davon, wenn sie mehr bezahlt bekämen. außerdem nimmt dein argument an, dass die einzige kompensierung für steigende lohnkosten ein steigender preis wäre – und nicht zb. auch auch geringere gewinnspannen, wie dieses paper im fall der gastronomiebranche suggeriert. (einen hässlicheren textsatz habe ich übrigens schon lange nicht mehr gesehen)

    Du hast mein Argument verfälscht. Mir ging es nicht darum, in Abrede zu stellen, dass derjenige, der aufgrund einer Mindestlohnregelung am Ende des Monats mehr Geld auf seinem Konto vorfindet, davon profitiert. Das bezweifelt niemand. Und natürlich konsumieren ,,wir‘‘ als Verbraucher nicht nur ,,Arbeit‘‘, also Dienstleistungen. Aber du machst einen Fehler, wenn du mir vorhältst, die steigenden Lohnstückkosten könnten im Falle eines Mindestlohnes durch eine geringere Gewinnspanne kompensiert werden. Denn bei meiner Kritik an den schädlichen Auswirkungen eines generellen Mindestlohnes beziehe ich mich von vornherein nur auf diejenigen Arbeitsverhältnisse, die bei der Einführung eines solchen nicht mehr rentabel bewirtschaftet werden könnten. Dies impliziert, dass es keine Gewinnspanne mehr gibt, aus der die zusätzlichen Kosten bestritten werden könnten; der Unternehmer müsste also mit anderen Worten, bereit sein, Geld zu verschenken. Was nun aber den anderen Fall angeht, in dem der Mindestlohn die Rentabilität der Stelle nicht beseitigt, ist der Mindestlohn zwar unschädlich, aber zugleich auch sinnlos. Die Wirtschaftlichkeit kann natürlich in begrenztem Umfang durch Preissteigerungen wieder hergestellt werden.

    abrakadabraum ehrlich zu sein, will ich mich aber gar nicht auf eine wirtschaftswissenschaftliche diskussion mit dir einlassen, weil ich von dem thema null ahnung habe, und ich gar nicht weiß, ob es überhaupt jemanden gibt, der genug weiß, um eine komplexe frage wie diese mit sicherheit beantworten zu können.

    meine politische meinung hat ihren ursprung auch nicht in dem glauben an die funktionalität eines bestimmten wirtschaftsmodells, sondern in meinem ethischen empfinden.

    Die Meinung der Wissenschaft ist gerade beim Thema Mindestlohn relativ eindeutig (eine findet sich als Link in meinem ersten Diskussionsbeitrag). Das hat mich dazu veranlasst, meine Ansicht zu dem Thema zu ändern. Was spricht eigentlich dagegen?

    --

    #6813333  | PERMALINK

    abrakadabra

    Registriert seit: 31.03.2008

    Beiträge: 4,809

    dass die lohnstückkosten nicht steigen, wenn arbeitgebern vorschreibt, dass sie im krankheitsfall das arbeitsentgelt auch weiterhin zahlen müssen, stimmt zwar, ich habe aber auch nicht das gegenteil behauptet – was ich behauptete war, dass es gewisse vorschreibungen gibt, die die gesellschaft den arbeitgebern macht, wie sie ihre arbeitnehmer zu behandeln haben – und dass nicht der markt entscheiden darf, ob sich nicht doch ein arbeitnehmer findet, der bereit ist ohne diese sicherheit zu arbeiten. einzig die von mir erwähnten sicherheitsstandards erhöhen (wenn sie vorher nicht vorhanden waren) die stückkosten, da hast du schon recht.

    was die zuzahlungen angeht: von mir aus. dann erhöhen wir halt die steuern, damit der staat den leuten ihre zuzahlungen geben kann. grundsätzlich hätte ich mir sowas kein problem. womit ich aber ein problem habe ist „working poor“.

    @die wissenschaft ist sich einig: das weiß ich nicht. in dem von dir referenzierten blog steht eben auch, dass eine nicht geringe minderheit von wirtschaftswissenschaftern das anders sieht als du – ein konsens, wie über viele naturwissenschaftliche, oder gar erst mathematische dinge, scheint nicht zu existieren. inwieweit das bei wirtschaftlichen themen grundsätzlich möglich ist, steht natürlich auf einem anderen blatt.

    #6813335  | PERMALINK

    Leukon

    Registriert seit: 14.07.2010

    Beiträge: 1,385

    abrakadabradass die lohnstückkosten nicht steigen, wenn arbeitgebern vorschreibt, dass sie im krankheitsfall das arbeitsentgelt auch weiterhin zahlen müssen, stimmt zwar, ich habe aber auch nicht das gegenteil behauptet – was ich behauptete war, dass es gewisse vorschreibungen gibt, die die gesellschaft den arbeitgebern macht, wie sie ihre arbeitnehmer zu behandeln haben – und dass nicht der markt entscheiden darf, ob sich nicht doch ein arbeitnehmer findet, der bereit ist ohne diese sicherheit zu arbeiten. einzig die von mir erwähnten sicherheitsstandards erhöhen (wenn sie vorher nicht vorhanden waren) die stückkosten, da hast du schon recht..

    Durch die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall steigen die Lohnkosten für den Arbeitgeber durchaus, an dieser Stelle lagst du schon richtig. Ich habe mich auf den Arbeitgeberbeitrag zur Sozialversicherung bezogen. Ich bin übrigens mit dir einer Meinung, dass es gesetzlich verankerter Arbeitnehmerschutz eine gute, wahrscheinlich notwendige Sache ist. Alles eine Frage des Augenmaßes, andererseits. Zumindest in Deutschland ist man an dieser Stelle teilweise zu weit gegangen.

    abrakadabra
    was die zuzahlungen angeht: von mir aus. dann erhöhen wir halt die steuern, damit der staat den leuten ihre zuzahlungen geben kann. grundsätzlich hätte ich mir sowas kein problem. womit ich aber ein problem habe ist „working poor“.

    Mit dem Begriff der Armut sollte man m.E. vorsichtig sein. Aber selbstverständlich, es besteht ein Korrekturbedarf im Niedriglohnsektor.

    abrakadabra

    @die wissenschaft ist sich einig: das weiß ich nicht. in dem von dir referenzierten blog steht eben auch, dass eine nicht geringe minderheit von wirtschaftswissenschaftern das anders sieht als du – ein konsens, wie über viele naturwissenschaftliche, oder gar erst mathematische dinge, scheint nicht zu existieren. inwieweit das bei wirtschaftlichen themen grundsätzlich möglich ist, steht natürlich auf einem anderen blatt.

    Letzten Aufschluss über die internationalen Erfahrungen können nur empirische Untersuchungen bieten, von denen es bereits eine sehr große Zahl gibt. Ein wissenschaftlicher Überblicksartikel von David Neumark und William Wascher sichtet bald 150 ökonometrische Studien zur Rolle der Mindestlöhne in den USA und vielen anderen Ländern. Er kommt zu dem Schluss, dass die weitaus meisten Studien (und nahezu alle, die nach der Einschätzung der Autoren die normalen Standards wissenschaftlicher Arbeit erfüllen) negative Beschäftigungswirkungen finden. (Sinn, Von einem Mindestlohn, den man nicht bekommt, kann man nicht leben: Ein Plädoyer für den besseren Sozialstaat).

    Als Laie stößt man natürlich an Grenzen der Erkenntnismöglichkeiten, aber das Grundproblem des Mindestlohnes lässt sich durchaus nachvollziehen, meine ich. Und wenn sich die Warnung eigentlicher zahlreicher namhafter Ökonomen dann noch empirisch zu bestätigen scheinen, muss man das eben zur Kenntnis nehmen – ob es einem nun politisch opportun erscheint oder nicht.

    --

    #6813337  | PERMALINK

    abrakadabra

    Registriert seit: 31.03.2008

    Beiträge: 4,809

    LeukonDurch die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall steigen die Lohnkosten für den Arbeitgeber durchaus, an dieser Stelle lagst du schon richtig.

    ich habe das auch nicht behauptet, und bin mir auch (obowohl du mir vermeintlich recht gibst) nicht ganz sicher diesbezüglich. das mit dem krankengeld könnte man ja mit niedrigerem lohn ausgleichen, mit der argumentation „jetzt bekommt ihr krankengeld, und das ist auch etwas wert“. wenn man den arbeitgebern von heute auf morgen vorschreibt, dass sie sowas zu zahlen haben, und an den löhnen nichts ändern dürfen, steigen natürlich die lohnstückkosten schon.

    #6813339  | PERMALINK

    GoldDigger

    Registriert seit: 20.02.2013

    Beiträge: 3

    Naja ausschließlich um den Lohn geht es hier ja nicht, sondern um die wahnwitzigen Arbeits- bzw. Lebensbedingungen dieser Leute.

    Von einem paramilitärischen Sicherheitsdienst bewachte Polnische de facto Zwangsarbeiter im „Ferienlager“…
    Erinnert dich das an etwas?

    --

    #6813341  | PERMALINK

    Leukon

    Registriert seit: 14.07.2010

    Beiträge: 1,385

    ,,De-facto-Zwangsarbeiter“? Ernsthaft?

    Edit: In dem Film ging es btw nur am Rande um polnische Arbeiter, von denen es noch dazu hieß, dass sie mit der günstigen Unterbringung sehr einverstanden seien.

    --

    #6813343  | PERMALINK

    Mr.Torture

    Registriert seit: 14.01.2007

    Beiträge: 13,931

    was das betrifft sind polen aber wirklich unglaublich anspruchslos.

    --

    John Wayne"Ich traue keinem Mann, der keinen Alkohol trinkt"
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    #6813345  | PERMALINK

    Leukon

    Registriert seit: 14.07.2010

    Beiträge: 1,385

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