Jahresbilanz 2011: Highlights, Lowlights und alles andere

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  • #6583843  | PERMALINK

    Tiz

    Registriert seit: 15.03.2009

    Beiträge: 4,651

    Jop, die habe ich auch gerade gefunden 🙂

    Highlights von metal-hammer.de
    #6583845  | PERMALINK

    xTOOLx

    Registriert seit: 30.06.2008

    Beiträge: 19,947

    @darkaan:

    1 . Long Distance Calling – Long Distance Calling
    5. A Storm Of Light – As The Valley Of Death Becomes Us, Our Silver Memories Fade
    8. Omega Massif – Karpatia
    11. This Will Destroy You – Tunnel Blanket
    14. Mogwai – Hardcore Will Never Die, But You Will

    Guter Mann!

    #6583847  | PERMALINK

    xkillwithpowerx

    Registriert seit: 25.12.2003

    Beiträge: 7,966

    Der folgende Post ist nicht meine persönliche Top Ten, sondern lediglich eine Auswahl von Alben, zu denen ich gern etwas schreiben wollte und zu denen nicht bereits zehn mal jemand in diesem Thread Stellung bezogen hat. Vielleicht kommen bei Gelegenheit noch mehr, aber für den Anfang soll das hier mal reichen. Vielleicht interessiert es ja jemanden, gegebenenfalls wünsche ich viel Spaß beim Lesen. 😉

    Adolescents – The Fastest Kid Alive

    Wenn Punkurgesteine, die zu ihren Glanzzeiten jugendliche Wildheit und Rebellion verkörpert haben, 30 Jahre später mit erheblich mehr Bauch und erheblich weniger Haaren mal wieder die Langeweile oder eventuell auch die Geldnot auf die Idee bringt, ein neues Album aufzunehmen und zu touren, kann das für Außenstehende schonmal ein sehr unangenehmes Schauspiel werden. Was der fetteste Bassist der Welt und der nach Keith Morris zweitfertigste Sänger als die einzigen beiden Konstanten in der langen Geschichte der Adolescents nun aber zusammen mit unter anderem auch dem Quasioriginalgitarristen Frank Agnew auf die Beine gestellt haben, schießt zum Glück weit genug an allen erdenklichen Worst Case Szenarien vorbei. Wie gealterte Männer klingen sie schon ein bisschen, aber zumindest wie gealterte Männer, die sich noch gut an das erinnern können, was sie zu dem gemacht hat, was sie sind. Dass The Fastest Kid Alive nicht an die Frühwerke heranreichen würde, war genauso zu erwarten wie die weniger aggressive Grundausrichtung und so bin ich persönlich schon ziemlich zufrieden damit, dass die Band ihre wichtigsten Trademarks wie zum Beispiel die im Punk in dieser Form eher unübliche Form von Gitarrenleads oder die genreprägenden mehrstimmigen Gesangsarrangements noch beherrscht und mit diesen für den ein oder anderen Nostalgiemoment sorgt, der auch für sich genommen funktioniert und einen nicht wünschen lässt, man würde gerade stattdessen das Debüt hören. Frei von Füllmaterial ist das Album zwar nicht, aber so lang der Release eine Europatour rechtfertigen konnte, auf der die gespielten neuen Lieder sich auch super ins ansonsten selbstverständlich von Klassikern dominierte Set eingefügt haben und bei der die alten Männer auf der Bühne sichtlich genauso viel Spaß hatten wie die teilweise ebenso alten Männer vor der Bühne, hat es seinen Zweck für meine Begriffe uneingeschränkt erfüllt. Kein Album, das man haben muss, aber eines, für dessen Existenz ich dankbar bin.

    http://www.youtube.com/watch?v=JrNVfbB0Iyk

    Animals as Leaders – Weightless

    Tosin Abasis Solodebüt von 2009 glänzte nicht nur mit überragender technischer Virtuosität, sondern vor allem auch mit dem schier unendlichen Ideenreichtum im Songwriting und in den Soli. So viele wirklich gute und verdammt originelle Riffs und Licks stecken sonst nicht einmal in ganzen Jahrgängen von Prog Alben. Was die innovative, kreative und individuelle Beherrschung seines Instruments angeht, steht Tosin Abasi bei mir in seinem Metier mindestens auf einer Ebene mit Ron Jarzombek, konnte mich live im direkten Vergleich vielleicht sogar noch mehr begeistern – und das will etwas heißen, man lese nur weiter unten meine Lobeshymnen auf diesen Mann.
    Der große Unterschied zwischen dem Debütalbum und Weightless ist, dass es sich nicht um eine Soloscheibe handelt, sondern er zwei weitere vollwertige Bandmitglieder an seiner Seite hat. Ich war im Vorfeld äußerst gespannt, wie sich das auswirkt und an das Resultat musste ich mich erst ein wenig gewöhnen. Die ersten beiden Durchläufe wirkten auf mich irgendwie etwas unspektakulär, es gab keine sofort ins Auge oder vielmehr ins Ohr springenden Momente der Genialität, das Album lief fast schon an mir vorbei. Doch dann zündete es, und zwar nicht zu knapp. Das Feeling ist einfach doch ein ganz anderes als auf dem Debüt und auch wenn immernoch viel, viel kreative Arbeit in Weightless steckt, so sind die Stärken eher der erdige Fluss der Musik, die tief ins Mark gehenden ultratighten Grooves und die tatsächlich „schwerelose“ Leichtigkeit, mit der diese perfekt eingespielte Band ihre Stücke rüberbringt. Mehr Natürlichkeit und aus dem Bauch kommende Spielfreude habe ich wenn überhaupt noch selten bei vergleichbaren Bands gehört.
    Als Demonstration dafür, welches kreative Potential auch nach einem halben Jahrhundert Rockgeschichte noch in dem Instrument E-Gitarre steckt, ist das Debüt eindrucksvoller. Als homogenes Bandwerk, das jedem technische Musik verteufelnden Analogpuristen, in dessen Welt virtuoses und präzises Spiel nicht mit emotionalem und leidenschaftlichem unter einen Hut zu bringen ist, über den Mund fährt, erkläre ich Weightless hiermit zum State-of-the-Art. Wenn ich mich jetzt festlegen muss, ist es das Album des Jahres.

    Verbeugt euch vor dem treibendsten und zwingendsten 7/8 Groove aller Zeiten:
    http://www.youtube.com/watch?v=_kOoemulkzc

    Between the Buried and Me – The Parallax: Hypersleep Dialogues

    Eigentlich unglaublich, dass ich diese Band erst mit diesem Release für mich entdeckt habe. Die drei zusammen knapp eine halbe Stunde langen Lieder haben so ziemlich alles, was man von modernem und von Fesseln befreitem Prog Metal erwarten kann. Statt schon wieder in eine Lobesorgie zu verfallen (wie ich es über diese EP bestimmt schon irgendwo in diesem Forum getan habe), will ich mich hier einmal auf die konstruktive Kritik konzentrieren, die ich schon noch hätte. Da wäre zunächst der etwas flache und undynamische Sound. Für sich genommen klingen die Instrumente und der Gesang eigentlich hinreichend natürlich, beim Mastern muss dann aber irgendwas schiefgelaufen sein. Dann würde es der Band glaube ich auch gut tun, das Verhältnis zwischen melodischem Gesang und Shouts (noch) etwas stärker auszugleichen und den Einschlag von ganz herkömmlichem Metalcore, der immernoch aus ihren Anfangstagen vorhanden ist, noch weiter herunterzuschrauben. Schließlich habe ich in einigen Momenten das Gefühl, dass die emotional aggressiven Parts etwas entschlackt werden und viel direkter, viel roher kommen sollten. Gewissermaßen überschneidet sich das ein bisschen mit meinem ersten Kritikpunkt. Wenn Between the Buried and Me auf ihrem bereits angekündigten zweiten Teil dieser EP-Serie an diesen Dingen arbeiten, weiß ich nicht, was noch kommen soll, um das zu toppen.

    http://www.youtube.com/watch?v=SF2WJwSOz-k

    Blotted Science – The Animation of Entomology

    Dass Ron Jarzombek zu den talentiertesten und verrücktesten Musikern überhaupt gehört, hat er eigentlich schon oft genug bewiesen, mit dieser EP dürfte er auch den allerletzten Zweifel beseitigen. Mit Selbstlimitierung durch Auferlegung gewisser Kompositionsregeln als Kunstform hat er auf seinen Solowerken und bei Spastic Ink genau wie bei Blotted Science bereits mehrfach seine Hörer überfordert und beeindruckt, The Animation of Entomolgy steht an der Spitze dieser Entwicklung. Das Konzept: musikalische Vertonung von Szenen aus Horrorfilmen, in denen Insekten vorkommen, unter ausschließlicher Verwendung der Zwölftontechnik. Das Ergebnis spottet jeglicher Beschreibung, man muss es gehört und vor allem eben auch gesehen haben. Wem die im Ansatz ähnlichen A Wild Hare oder The Cereal Mouse von Spastic Ink noch nicht genug das Hirn zerbröselt haben, dem bietet Ron Jarzombek zusammen mit Alex Webster und dem neu rekrutierten Hannes Großmann, der Charlie Zeleny ersetzt, mit dieser EP eine neue Herausforderung. Der Detailreichtum ist grenzenlos, die Spielfreude nicht von dieser Welt und die Spritzigkeit der Umsetzung der Szenen lässt mir jedes Mal wieder die Kinnlade herunterkippen.

    Mal ein zufälliges Beispiel, ich empfehle sowieso, alle Videos zu gucken:
    http://www.youtube.com/watch?v=NRYpsCsjnXk

    Gorod – Transcendence

    Nachdem Process of a New Decline in meinen Augen ein Schritt in eine völlig falsche Richtung war und nur noch zwei bis drei wirklich gute Lieder enthielt, war ich dazu geneigt, Gorod schon etwas vorschnell abzuschreiben. Das Album klang danach, als würde sich die Band auf den internationalen Schwanzvergleich zwischen allen Tech Death Bands einlassen: Mehr Tempo, mehr Blastbeats, mehr Gefrickel – weniger von der Individualität, von der leicht kauzigen „Wir machen unser Ding und haben unsere eigene Interpretation von Prog Death“ Attitüde, die Neurotripsicks und Leading Vision ausgezeichnet hat. Bei der Tour mit The Faceless hatte ich die Gelegenheit, Gorod zum ersten Mal live zu sehen, mit den Bandmitgliedern zu sprechen und die gerade frisch herausgebrachte neue EP mitzunehmen. Alle drei Dinge zusammengenommen ergab sich ein eindeutiges Bild: Die Jungs schienen in dieser Hinsicht retrospektiv gar nicht so unähnliche Ansichten wie ich zu haben. Die lobenswerterweise alle Alben berücksichtigende Setlist enthielt von Process of a New Decline genau die Lieder, die ich für relevant halte, die Einstellung der Band gegenüber der Tech Death Szene ist im Hinblick auf einige Entwicklungen nicht unkritisch und Transcendence ist ein Schritt, der nicht nur den Kurs vom Vorgänger korrigiert, sondern auch darüber hinaus einen weiten Satz in Richtung einer vielversprechenden Zukunft macht. Neben einer Neueinspielung und einem Cynic Cover (beides ganz nett, aber nicht wirklich essentiell), gibt es noch Akustikinterpretationen von zwei Liedern von Leading Vision (immernoch kein Kaufgrund, aber doch sehr schön) und schließlich das namensgebende Herzstück, das 15minütige Epos Transcendence, welches inhaltlich das Konzept der beiden vorangegangenen Alben abschließt. Dieses bietet alles, was ich mir je von Gorod hätte wünschen können, und noch mehr, vermischt Elemente aus allen bisherigen Schaffensphasen und fügt neue Einflüsse hinzu. Ein Longtrack von solchen Dimensionen ist in diesem Genre selten, aber Gorod meistern die ambitionierte Aufgabe hervorragend, schaffen es, den Spannungsbogen auch über diese Spielzeit hochzuhalten und ihn perfekt zu schließen. Wenn dieser Stil die Marschroute für das kommende Album angibt, habe ich bereits einen Anwärter auf das Album des Jahres 2012.

    http://www.youtube.com/watch?v=bhrEgA5tqpo

    Monumental Torment – Element of Chaos

    So wahnsinnig lang ist es ja eigentlich noch gar nicht her, dass ich technischen Death Metal als mein absolutes Spezialgebiet bezeichnet hätte. Dass mein Interesse an diesem Genre vor einigen Jahren rapide nachgelassen hat, war vor allem den Entwicklungen in Sachen Selbstverständnis und Sound geschuldet. Höher, schneller, weiter, und das um jeden Preis und bei möglichst perfekt glattem und fett aufgeblasenem Sound. 2008, als Bands wie Arsis, Decrepit Birth und Psycroptic auf einmal bei Nuclear Blast waren, Origin auch in Europa Fuß fassen konnten und Obscura – für mich überraschend – die frickelige Spielart des Death Metal endgültig massentauglich machten, war diese Tendenz für mich persönlich am stärksten und am schmerzhaftesten spürbar (wenn auch nicht notwendig bei all diesen Bands speziell). Dass meine Abneigung dagegen mich dann positiverweise in der Folgezeit in ganz andere musikalische Gegenden gebracht hat, ist eine andere Geschichte. Der springende Punkt jetzt ist: Ich hatte mit dem Genre sozusagen abgeschlossen und auch wenn ich in der Zwischenzeit noch einige aktuellere Alben aus dieser Ecke gut finden konnte, hatte ich eigentlich nicht mehr damit gerechnet, dass mich noch einmal ein Tech Death Album wirklich umhauen könnte. Doch dann kamen Monumental Torment aus Moskau um die Ecke und haben mir gezeigt, wie sehr man sich doch irren kann. Und dabei ist Element of Chaos gar nicht mal sonderlich originell. Man nehme die besten Stellen von Origin, schraube das Tempo (noch weiter) nach oben, füge hier und da Dudelgitarren à la Beneath the Massacre hinzu und garniere das Ganze dann noch mit einer Prise Suffocation. Die einzige magische Zutat, die jetzt noch fehlt, ist ein in diesem Milieu viel zu rares Gespür für kompaktes, spannendes und auf den Punkt kommendes Songwriting. Death Metal Riffs mit Ohrwurmpotential findet man nicht allzu oft, hierauf findet man gleich eine ganze Reihe davon und diese sind auch noch schlüssig miteinander kombiniert. Plakativ könnte man sagen, Monumental Torment machen eigentlich gar nichts anders als die Konkurrenz, sie machen es nur einfach viel besser und konsequenter. Bei dem tollen Gesamtbild verzeihe ich auch gern den ein oder anderen nicht ganz so notwendigen Nintendopart und die Tatsache, dass es vielleicht auch eine EP getan hätte.

    http://www.youtube.com/watch?v=5knco_SdYyU

    Scale the Summit – The Collective

    Ich stelle mal eine gewagte These auf und behaupte in Anlehnung an mein Review von Monumental Torment, dass auch die Protagonisten von Scale the Summit die dort beschriebenen Entwicklungen im technischen (Death) Metal vor einiger Zeit eher weniger schätzen. Auf ihren ersten beiden Alben spielten sie eine Form von instrumentalem Prog Metal, die trotz aller Technik und kompositorischen Spielereien in erster Linie aus dem Bauch und weniger aus dem Kopf kam, was man auch zu jeder Sekunde hören konnte. Zwischen Album Nummer eins und zwei merkte man, wie dieser Grundgedanke – meinem Eindruck nach auch sehr bewusst – noch stärker in den Vordergrund drang. Das dieses Jahr erschienene Drittwerk The Collective stellt nun den größten Sprung in dieser Evolution dar. Die Technik wurde zurückgeschraubt und findet eher auf einem subtileren Level statt, macht sich eher in einer kreativen Verwendung des Instruments bemerkbar als in einem ad absurdum geführten Einsatz bestehender Spielweisen. Vom Metal löst man sich zum Teil vollständig und schwebt stattdessen mit den Liedern in eine Welt, in der sich die Frage nach Genrezuordnungen oder sonstiger Diskussion über die Musik gar nicht stellt, in der diese einfach nur ist. Klingt vielleicht wie esoterisches Hippiegelaber, aber hört euch das Album an und ihr werdet genau verstehen, was ich meine. Für mich ist The Collective trotz der bereits vielversprechenden Vorgänger in dieser Form eine der Überraschungen des Jahres.

    http://www.youtube.com/watch?v=lBDibOrDgaM

    Uneven Structure – Februus

    Beim diesjährigen Euroblast waren Uneven Structure für mich einer der Gewinner des Wochenendes. Der Auftritt im spärlich beleuchteten kleineren Hinterzimmer war trotz des furchtbaren Sounds einer der intensivsten des Festivals, die dichte und düstere Atmosphäre konnte sich dort perfekt entfalten und die Band, angeführt von ihrem charismatischen Frontmann, war offensichtlich voll in ihrem Element. Ich kann nicht der einzige gewesen sein, der das so wahrgenommen hat, denn als ich aufgrund meiner Unlust, mich direkt nach dem Gig am überfüllten Merchstand anzustellen, erst etwas später an selbigem das Premiere feiernde Debütalbum erwerben wollte, waren die mitgenommenen Exemplare bereits restlos vergriffen. So musste ich dieses dann bei Basick Records bestellen und wegen der mitbestellten Blotted Science EP, welche einige Wochen später erschien, auch noch ein wenig länger darauf warten. Meine Erwartungen wurden durch diese Verzögerung höchstens noch größer und auch daher war mein Eindruck nach dem lang ersehnten ersten Durchlauf dann doch eher ernüchternd. Februus ist definitiv ein sehr anstrengendes Album geworden, welches mich nicht auf Anhieb in derselben Form packen konnte wie in der live Situation, doch nach mittlerweile einigen weiteren Anläufen festigt sich das Gefühl, dass sich die „Einarbeitung“ lohnt. Für ein abschließendes Urteil ist es mir hier noch zu früh, aber ich bin vorsichtig optimistisch, dass das Album auf lange Sicht den Erwartungen doch noch gerecht wird. Sicher ist dem Album übrigens meinerseits der Titel für das beste Artwork des Jahres.

    http://www.youtube.com/watch?v=ax7dweqq25c

    The Universe Divide – Dust Settles on the Odontophobes

    Aus der Asche von Canvas Solaris stieg unter anderem The Universe Divide empor, welches als einziges der diversen Nachfolgeprojekte involvierter Musiker stilistisch in etwa da ansetzt, wo man vorher aufgehört hatte. Die fünf Tracks ihrer Debüt EP bieten instrumentalen Prog Metal mit elektronischen Einsprengseln und ab und an einem dezenten Ethnoflair. Die Lieder sind weder betont technisch, noch wimmelt es von besonders komplexen Arrangements, den Progstempel verdient sich Dust Settles on the Odontophobes in erster Linie durch intelligentes und vor allem sehr, sehr flüssiges Songwriting, welches nie den Blick für gute Melodieführung verliert und beeindruckend punktgenau an den gefühlt richtigen Stellen den Break zurück ins Hauptthema findet. Ich kann niemandem verübeln, wenn er die Band bei der bisherigen Beschreibung in Gedanken schon in die Djentschublade steckt, aber das für mich schönste an The Universe Divide ist, dass sie damit eben rein gar nichts zu tun haben und auch insgesamt recht wenig von aktuellen Strömungen im Prog Metal beeinflusst scheinen. Eine wirklich großartige EP, die hoffentlich in nicht allzu ferner Zukunft ein genauso gelungenes Album nach sich ziehen wird.

    http://www.youtube.com/watch?v=TkLaGGd-RZ4

    Vektor – Outer Isolation

    Sehr groß waren die Erwartungen an das dritte Album der amerikanischen Technothrasher und so war ich dann bereits ein klein wenig enttäuscht, als ich beim Lesen der Tracklist feststellen musste, dass drei der acht Lieder lediglich Neueinspielungen von Tracks des recht unbekannten und wenig verbreiteten Debüts sein sollten. Nun gut, für mich war das schade, aber grundsätzlich habe ich Verständnis dafür, dass sie ihre alten Lieder noch einmal neu einholzen möchten, um sie erstens mit ihren heutigen Möglichkeiten so klingen zu lassen, wie es ihnen gebührt, und sie zweitens einem größeren Publikum zugänglich zu machen – zumal die Neuaufnahmen wirklich sehr, sehr gut gelungen und den Originalen sowohl beim Sound als auch bei der Performance weit überlegen sind. Wenn diese dann aber die Highlights des Albums bilden, wirft das ein fragwürdiges Licht auf die derzeitige kreative Situation in der Band. Genau das ist leider meiner Meinung nach der Fall. Die tatsächlich neu geschriebenen Lieder lassen mich viel von dem vermissen, was Black Future und Demolition so stark gemacht hat: unbändige Energie, halsbrecherische Songstrukturen mit technischen Ausflügen in einem Affenzahn und vor allem die fast schon naiv wirkende Selbstverständlichkeit, mit der Vektor dies in ein trotz aller Vielseitigkeit homogenes und trotz aller chaotischen Momente eingängiges Ganzes verpacken konnten. Nicht zuletzt fand ich an Black Future auch beeindruckend, wie kompakt ein fast 70minütiges Thrash Metal Album paradoxerweise doch klingen kann. Die neuen Stücke auf Outer Isolation hingegen wirken auf mich (zumindest derzeit noch) zu behäbig, zu kalkuliert, zu harmlos. Vielleicht werde ich noch wärmer mit der Scheibe, im direkten Vergleich mit dem Vorgänger und vor allem mit dem Potential, das ich Vektor zugetraut habe, bin ich aber auch jetzt schon bereit, von einer Enttäuschung zu sprechen. Leider.

    Hier trotzdem mal positive Werbung in Form der genialen Neuaufnahme von Tetrastructural Minds:
    http://www.youtube.com/watch?v=1tAbcWrrIQU

    Ich merke gerade, dass diese Liste von der stilistischen Ausrichtung her ziemlich einseitig ist, ohne Prog kommt hier anscheinend fast nichts aus. Das steht aber auch insgesamt symptomatisch für das, was ich aus diesem Jahr mitgenommen habe und ist ohnehin bei meinem Musikgeschmack jetzt nicht so wahnsinnig überraschend. 😉

    #6583849  | PERMALINK

    Tiz

    Registriert seit: 15.03.2009

    Beiträge: 4,651

    Hmm, nach dem was man bisher so gelesen hat, inklusive deiner Einschätzung, bin ich irgendwie doch froh, dass ich die Vektor nicht bestellt habe. Da hole ich mir lieber erst noch die „Black Future“, hab ich wohl mehr von.
    Ansonsten ziemlich viel dabei, was mir leider eher wenig gibt. Die BTBAM ist natürlich völlig grossartig, die Blotted Science kenne ich (noch) nicht und in Gorod und Monumental Science werde ich mich mal reinhören später.

    #6583851  | PERMALINK

    Toxic_Violence

    Registriert seit: 15.07.2010

    Beiträge: 1,631

    Schöner Part zur Monumental Torment Scheibe! Das Ding hat mich auch weggeblasen, wie ein Orkan. Richtig starkes Album und wird sicherlich in meinen Top 15 zu finden sein, die ich nebenbei bemerkt schon seit Tagen posten will… Werde ich wohl gleich mal machen 😈 Und ein bisschen was schreiben werde ich wohl heute auch noch.

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    #6583853  | PERMALINK

    h0az

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    Darkaan
    Long Distance Calling – Long Distance Calling
    Sólstafir – Svartir Sandar
    This Will Destroy You – Tunnel Blanket

    LDC und Sólstafir lieferten gewohnt grandiose Werke ab. twdy hingegen ist ein verdammt schwer verdaulicher Brocken für mich gewesen. Lohnt es sich, das Teil nochmal intensiv anzuhören wenn es bei den ersten Malen kaum zündete? Ich mag die anderen Sachen von twdy, manches sogar sehr, auch wenn man die nicht wirklich mit Tunnel Blanket vergleichen kann.

    und vielen Dank an xkillwithpowerx für die Beschreibungen, vieles davon klingt echt super!

    --

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    #6583855  | PERMALINK

    xkillwithpowerx

    Registriert seit: 25.12.2003

    Beiträge: 7,966

    Danke. Ich hoffe mal, dass die Musik dem auch in deinen Ohren gerecht wird. 😉

    @toxic_violence: Freut mich, dass noch jemand anders hier Monumental Torment mag. Das Album ist ja durch die anschließende Auflösung der Band und den daraus resultierenden Mangel an direktem Support sowie durch die suboptimale Vertriebssituation bei SFC Records nicht gerade mit viel Aufmerksamkeit gewürdigt worden.

    #6583857  | PERMALINK

    Darkaan

    Registriert seit: 10.03.2010

    Beiträge: 590

    xTOOLx@Darkaan:

    1 . Long Distance Calling – Long Distance Calling
    5. A Storm Of Light – As The Valley Of Death Becomes Us, Our Silver Memories Fade
    8. Omega Massif – Karpatia
    11. This Will Destroy You – Tunnel Blanket
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    Guter Mann!

    Danke sehr. Bei dieser Gelegenheit kann ich ja auch mal zugeben, dass ich regelmäßig dein Last.fm-Profil besuche, um gute und für mich neue Bands zu entdecken. Dein Profil eignet sich dafür jedenfalls besser als die “Music Recommended by Last.fm“-Seite. Ich glaube ohne dein Profil würde ich heute kein Bohren & Der Club Of Gore, Hammock, Moving Mountains und andere diverse Highlights hören. Klingt schleimig, ist aber wahr und deshalb dafür ein recht herzliches Danke. 🙂

    h0azLDC und Sólstafir lieferten gewohnt grandiose Werke ab. twdy hingegen ist ein verdammt schwer verdaulicher Brocken für mich gewesen. Lohnt es sich, das Teil nochmal intensiv anzuhören wenn es bei den ersten Malen kaum zündete? Ich mag die anderen Sachen von twdy, manches sogar sehr, auch wenn man die nicht wirklich mit Tunnel Blanket vergleichen kann.

    und vielen Dank an xkillwithpowerx für die Beschreibungen, vieles davon klingt echt super!

    Ich hatte tatsächlich auch das selbe Problem wie du mit der neuen This Will Destroy You Platte. Ich habe sie dann nach den ersten Durchgängen erstmal wieder zur Seite gepackt und als ich nach einigen Wochen wieder auf einem TWDY-Trip war herausgekramt. Da hat es bei mir plötzlich Klick gemacht. Also für mich hat sich die neue Chance gelohnt. Wie das bei dir sein wird, kann ich natürlich nicht sagen, aber ich würde der Platte an deiner Stelle noch eine weitere Chance geben.

    #6583859  | PERMALINK

    Toxic_Violence

    Registriert seit: 15.07.2010

    Beiträge: 1,631

    Da zieht es vorbei, das Jahr 2011.
    Und es war ein tolles Jahr. Ein Jahr mit vielen Vollgasfahren, aber auch ein paar Bremslichtern.
    Ich persönlich habe in diesem Jahr so viele Neuerscheinungen erworben wie nie, wobei ich leider auch das ein oder andere Mal enttäuscht wurde. Fangen wir doch am besten mal mit einer solchen Enttäuschung an: Dem Bremslicht des Jahres, wenn nicht sogar schon eine Rückfahrleuchte – ein Schritt in die flasche Richtung. Kollegah, der dieses Jahr wieder ganz frisch seine Bossaura versprühen wollte. Und mit was für einem Hype! Wochenlang vorher unter anderem Namen angekündigt, dann doch in Bossaura umbenannt (was natürlich nicht als Seitenhieb auf Kool Savas‚ neues Album Aura zu sehen war), unzählige Promotionvideos und zig Vorveröffentlichte Songs mit offiziellen Videos. Leider waren diese vorveröffentlichten Songs auch die einzig tollen Tracks der Platte: Business Paris, Mondfinsternis und Bossaura. Business Paris hätte man so zum großenteil auch auf dem Überalbum Kollegah releasen können und hat alles was den Boss ausmacht. Mondfinsternis als Doubletime Übertrack und Punchlinecompilation Bossaura beweisen natürlich mal wieder maskuline Bossaura, aber was bietet das Album sonst noch? Naja, langweilige Hooks, autotune Gejammer, Discobeats, uninteressante Texte, autotune Gejammer und vor allem autotune Gejammer. Alles, was Kollegha bisher NICHT ausgemacht hat. Absolut grauenhaft, und leider ein Schritt in die falsche Richtung. Da hat Kool Savas in diesem Jahr nicht nur das Album mit dem besseren Namen rausgebracht…

    — mehr Alben folgen morgen, dazu bin ich jetzt einfach zu müde —

    --

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    Xere0XaosJuhu, jetzt bin ich der Forenstricher!
    #6583861  | PERMALINK

    h0az

    Registriert seit: 27.06.2010

    Beiträge: 4,198

    Darkaan
    Ich hatte tatsächlich auch das selbe Problem wie du mit der neuen This Will Destroy You Platte. Ich habe sie dann nach den ersten Durchgängen erstmal wieder zur Seite gepackt und als ich nach einigen Wochen wieder auf einem TWDY-Trip war herausgekramt. Da hat es bei mir plötzlich Klick gemacht. Also für mich hat sich die neue Chance gelohnt. Wie das bei dir sein wird, kann ich natürlich nicht sagen, aber ich würde der Platte an deiner Stelle noch eine weitere Chance geben.

    Dann ist der Fall ja klar. Sobald die Tagesverfassung passt werd ich mich da nochmal reinwagen .

    btw, weil grad von last.fm die Rede war: zumindest deine Gemeinsamkeiten mit meiner Sammlung finde ich super 😉

    --

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    #6583863  | PERMALINK

    Ilo

    Registriert seit: 23.09.2007

    Beiträge: 13,393

    um mich auch dem kollektiven schleimen anzuschließen: mann mann mann, bei palez weiß man was man hat…verliebe mich gerade in eine band nach der anderen. zu den dazugehörigen texten sag ich besser nichts, sonst wirds ekelhaft, haha. war eine gute idee hier mal wieder vorbei zu schauen!

    #6583865  | PERMALINK

    xTOOLx

    Registriert seit: 30.06.2008

    Beiträge: 19,947

    #6583867  | PERMALINK

    palez

    Registriert seit: 04.01.2007

    Beiträge: 10,795

    @ilo: Hab dich auch lieb, alter Schleimer :haha:. Danke!

    4. Subrosa – No Help For The Mighty Ones

    Eines der eigenständigsten und besten Metalalben des Jahres kommt von einer Band, deren Mitglieder zum Großteil Frauen sind. Warum ich so tue, als sei das etwas Besonderes? Weil „No Help For The Mighty Ones“ alle Vorurteile gegenüber der Marke „Female Fronted Metal“ entkräftet und Kostverächtern den Wind aus den Segeln nimmt. Hier ist nichts lieblich, kitschig erst recht nicht, hier stehen keine Engel mit generösem Ausschnitt vor dem Mikrofon. Die Damen versuchen aber auch nicht, sich an den ganzen virilen Quatsch der Metalszene anzubiedern. Hirnlose Muskelspiele treten in den Hintergrund zugunsten von echter Kraft. Ihre eigene Identität haben SubRosa aber von vornherein und völlig selbstverständlich, mit dem ganzen Genderflohzirkus halten sie sich gar nicht erst auf, denn sie haben Größeres im Sinn.

    Beispielsweise den Beweis, dass „retro“ nicht gleich „retro“ ist und vor allem nicht genug als Konzept und Haltung, um ein ganzes Album zu tragen. Man orientiert sich in Teilen durchaus daran, die grobschlächtige und sehr erdige Produktion zeigt ein grobkörniges Bild auf einer riesigen Leinwand. SubRosa sind jedoch keine Traditionalisten, keine Restauratoren und weit mehr als bloß Fans – sie klingen, als hätten sie wirklich etwa zu sagen.

    Ihre Musik wird schon allein dadurch interessanter als das Groß der Stonerdoom- und Okkultrock-Konkurrenz, dass sie so herrlich unentspannt ist. Die Nabelschnur, die jene Stile mit der Mutter Bluesrock verbindet, wurde hier durchtrennt, Stücke wie „Beneath The Crown“ (früher Katharsismoment des Albums, der bei mir den Knoten zum Platzen brachte) brechen mit erstaunlicher Wucht über den Hörer herein. Genannter Schlüsselsong hat bei mir nebst wunden Oberschenkeln vor allem den Wunsch hinterlassen, Schlagzeug spielen zu lernen, denn er ist so körperlich mitreißend, dass der Wille des Hörers sofort bricht unter den Wagenrädern des nahenden Todes. Erstaunlich, wie weit die elektrisch verstärkten Streicher gegen ihre klanglichen Möglichkeiten anzugehen imstande sind, sie fräsen sich durch feuchte Erde und morsche Häuser und hinterlassen nichts als Verwüstung. Der Druck und die spürbare Anstrengung, mit denen die Instrumente auf NHFTMO eigentlich immer bearbeitet werden, lassen gar teilweise an Neurosis‘ 90er-Meisterwerk „Through Silver In Blood“ denken. Besonders in den Beschleunigungsparts klingt die Musik so gefährlich entfesselt und unaufhaltsam wie bei keinem vermeintlichen Genrekollegen. Eigentümlich und in höchstem Maße reizvoll ist dabei die feminine Note im Vortrag; hier werden ganze Städte niedergemäht, aber mit der Anmut eines Tanzes. Die elektrischen Violinen, die merkwürdigerweise oft wie ein Bläserensemble klingen, haben es, ebenso wie der beseelte Gesang von Rebecca Vernon, nicht nötig, exotisch zu klingen. Und vermitteln dazu eine Ahnung, wie My Dying Bride klingen könnten, würde Aaron Stainthorpe sie nicht regelmäßig in Rotwein und Pathos ersaufen.

    http://www.youtube.com/watch?v=rw1wK9zIQhM&feature=related

    3. Wolves In The Throne Room – Celestial Lineage

    „Celestial Lineage“ also. Das vierte Album von Wolves In The Throne Room, das dritte im medialen Brennpunkt, in den bei weitem nicht nur die einschlägige Metalpresse die Band gerückt hatte. Siehe: Die sogenannte „Spiegel“-Kontroverse, die von lichtscheuen und besitzergreifenden Black Metal-Puristen unnötigerweise überhaupt erst zu einer gemacht wurde. Das letzte Album von Wolves In The Throne Room, das im bandinternen Selbstverständnis deshalb vielleicht wichtigste, weil es auch der Abschluss einer Trilogie ist. Das zweite, das die auf dem umjubelten Zweitwerk „Two Hunters“ gemachten Versprechen einlösen, und das erste, das die Enttäuschung, die auf „Black Cascade“ folgte, ausbügeln soll.

    Es war dann ja doch kein gänzlich unplausibler Gedanke, der mir nach mehreren letztendlich ernüchternden Durchgängen von „Black Cascade“ in den Sinn kam; vielleicht sind WITTR doch nicht die großartigen Songwriter, für die ich sie zu halten bereit war. Was „Diadem of 12 Stars“ und insbesondere „Two Hunters“ ausmachte, war ihre Amosphäre, die Ahnung von feuchter Luft und knirschenden Zweigen, war ihr dunkler Schimmer und die wohligen Schauer, die er hervorrief, war das für seine Ansprüche beinahe perfekte Klangbild. Das wurde mir umso deutlicher bewusst, als das alles auf „Black Cascade“ fehlte. Ohne das letztendlich tragende vermeintliche „Beiwerk“ waren die Songs zwar immer noch gut und stilvoll, hatten aber viel von ihrer Faszinationskraft verloren, und wirkten zu kalt und gehalten, als dass Wolves In The Throne Room als die rabiatere Ausgabe ihrer Selbst funktionieren könnten.

    Nun gab es bei „Celestial Lineage“ aber mehrere Paradigmenwechsel, und ich habe selbst im Vorfeld am wenigsten geglaubt, wie positiv sie sich auf die verfahrene kreative Situation im Hause WITTR auswirken würden. Das 4 Songs pro Album-Dogma wurde aufgegeben, die Stücke sind erstaunlich kurz („Thuja Magus Imperium“ ist mit 11:44 Minuten der längste). Auf „Two Hunters“ hätte diese Herangehensweise nicht funktioniert, denn seine wenigen, aber prägnanten Ideen pro Song verlangten nach gewissenhafter Ausarbeitung und Unterordnung gegenüber der Atmosphäre. Auf „Black Cascade“ hatten die Songideen nichts, dem sie sich unterordnen konnten (und das ihnen also Sinn verlieh). Also mussten die Kompositionsprinzipien geändert werden. Statt Ausdehnung jetzt also Verdichtung – und es ist erstaunlich, wie gut es hier funktioniert. Der Opener „Thuja Magus Imperium“, ihr vielleicht bester Song, bringt auf den Punkt, was „Celestial Lineage“ ausmacht: Schon dieser erste und absolut beeindruckende Auftritt der wieder mit der Band zusammenarbeitenden Jessika Kenney erfüllt den Klangraum mit einer großen, elektrisierenden Spannung. Man hat diese Stimme vermisst, doch noch mehr hat man die Umgebung vermisst, in der sie wirken könnte und die ihr „Black Cascade“ nicht bot. Dabei hängt auch der beste Spannungsaufbau von seiner möglichst wirksamen Auflösung ab (looking at YOU, Echtra), und auch hier geben Wolves In The Throne Room sich keine Blöße. Es folgen: Wolkenbrüche, Hagelstürme, ein kurzes, aber schier zerreißend intensives Gitarrensolo, ein hochdynamisches Drumming, das gegen die Selbstbeherrschung angehtt, welche auf dem Vorgängeralbum kultiviert wurde, Melodiebögen von einer Größe, die man, egal, wieviel man von der Band vorher hielt, ihr nicht zugetraut hätte. Kaum zu fassen, wieviel Selbstbewusstsein Wolves In The Throne Room in den zwei Jahren seit „Black Cascade“ erlangt haben. Der höchste Crescendomoment ausgedehnt auf elf Minuten, Sinn gleicht Besinnungslosigkeit, gleißende Helligkeit tiefster Schwärze. In seiner Art, wie es Intensitätshöhepunkte aneinanderreiht (und dabei die Nahtstellen komplett verschwinden lässt – hier ist alles ein organisches Ganzes), fühlt „Thuja Magus Imperium“ sich an, als würde der Körper von mehreren Tausend Volt durchströmt werden. Das Beste an „Celestial Lineage“: Genau dieses Grundgefühl wird auf den folgenden Songs beibehalten.

    Auch im kaum zweiminütigen Interludium „Permanent Changes in Consciousness“ kommt der Puls nicht wieder herunter auf einen Normalwert. Es scheint hier wie auch in „Rainbow Illness“ nicht viel zu passieren, doch das klangliche Gesamtbild präsentiert sich als eine impressionistische Aufschichtungsarbeit, mit deren Entschlüsselung und Neuzusammensetzung man Stunden verbringen könnte. Jedes kleine Detail ist faszinierend und bringt das Gesamtwerk umso mehr zum Strahlen. Weil Wolves In The Throne Room hier alles und sofort wollen, die innere Einkehr genauso wie die Ekstase, die virtuose Kompositionskunst genauso wie den atmosphärischen Blindgang, gilt auf „Celestial Lineage“ das Unterordnungsprinzip nicht mehr. Nun war schon oft das Einzige, wessen sich Künstler, die alles und sofort wollten, rühmen konnten, das noble Scheitern. Bei WITTR wird diese nur scheinbare Überambition dabei nicht zum Stolperstein, sondern zum Motor ihrer Songs. Dass die Band nicht den Zeitpunkt abwartet, an dem es am besten ist, einen bestimmten Trumpf auszuspielen, sorgt völlig überraschend für ein überwältigendes Ergebnis. So schwächen die kristallinen Synthesizer die rohe Wucht von „Subterranean Initiation“ zu keinem Moment ab, sondern gebären im Schlussteil eine Melodie, die den Song erst vollendet. Auch die recht angriffslustige Gesamtattitüde von „Astral Blood“ wird nicht vom Einbruch des Unerwarteten in den Schatten gestellt. Die pendelnde Tonfolge, die die Harfe einleitet, ist ein Walzer auf Black Metal-Fundament, immer entlang am Rand der Klippe und mit dem Blick auf den Abgrund gerichtet.

    Auch Ruheinseln entwickeln hier ihre ureigene Anziehungskraft. „Woodland Cathedral“ verharrt in seiner sakralen Starre und ambientalen Rhythmuslosigkeit. Stark verzerrte, aber vollkommen ruhige Gitarren und Orgeln steigen langsam auf und setzen sich an den inneren Wänden der Kirchenkuppel ab. Jessika Kenneys Choralarrangements sind der Mittelpunkt dieses Stücks und das irreale, aber warme Leuchten, das von ihm ausgeht. Für einen Moment können sie sich in die Höhe schrauben und gegen die Harmonie des Songs angehen, dann fangen sie den Hörer mit seinem erschütterten Gravitätssinn aber umso zärtlicher wieder auf. Das Versinken und Auflösen ist sanft und langsam, am Ende ist man alles, und nichts. Der Schlusstrack „Prayer of Transformation“ ist schließlich ein Requiem, ein Todesmarsch, der seine gravitätische Schönheit durch keine Stimmungs- oder Tempowechsel bricht oder infrage stellt. Hier kehrt ein Album, das zuvor durch einen erhellenden, maßlosen Wahnsinn geglänzt hat, in sich, und findet seinen bestmöglichen Abschluss.

    „Celestial Lineage“ ist ein gewaltiger Befreiungsschlag. Diese Musik hat keine Verwurzelung in der kleinen, verschworenen neuen USBM-Subszene mehr, die nun von gewissenhaften Minimalisten im Geiste Weaklings wie zum Beispiel Fell Voices, Ash Borer und Lake of Blood beackert wird und der „Black Cascade“ noch in seinem Unterton Tribut gezollt hat. Hier gibt es keine verschiedenen Länderschulen mehr, es werden keine geographischen Grenzen überschritten, wo es keine gibt. Wolves In The Throne Room entsagen hier aber auch den selbstauferlegten Beschränkungen. Daran, was „Celestial Lineage“ an Einfallsreichtum und Intensität in die Waagschale wirft, wäre „Two Hunters“ zerbrochen. Nun heißt dies aber nicht, dieses so wunderbar gelungene Album würde seine Vorgänger in meiner Gunst durch den direkten Vergleich noch sinken lassen – sein Glanz erhellt sie. Beide bekommen ihre dramaturgische Funktion in der Trilogie. Einen besseren Abschluss – sowohl für den Konzeptzyklus als auch für die Bandlaufbahn – hätte es nicht geben können.

    http://www.youtube.com/watch?v=1AdfkejJDao

    2. EMA – Past Life Martyred Saints

    Spricht man im Indiekontext aktuell von einem Retrotrend, dann meint man damit vor allem, dass viele Bands und MusikerInnen ihre kreativen Auswürfe mit deutlichen 80er-Bezügen ausstatten. Das kennt man vom Post-Punk-/Dark Wave-Revivalismus von Interpol, Editors und Konsorten, aber auch die Singer-Songwriter-Damenriege gab sich in den letzten Jahren gerne den Anstrich der Nachlassverwalterinnen. Künstlerinnen und Bands wie Soap&Skin, Zola Jesus sowie Esben and the Witch und Austra beziehen sich in ihrem Schaffen mehr oder weniger eindeutig auf Siouxsie and the Banshees, Cocteau Twins, This Mortal Coil und Nico, die erste Grande Dame des Gothic, bevor es Gothic überhaupt gab (äh, zum besseren Verständnis: Nico = 60er-/70er-Ausnahme). Dies veranlasste schon große Teile des Feuilletons (komischerweise nicht die dafür „zuständige“ Szenepresse), von einer Renaissance zu sprechen, neuen großen Sternen am schwarzen Firmament.
    EMA wird mit und nach ihrem Solo-Debüt „Past Life Martyred Saints“ vermutlich noch oft mit ebendiesen Bands und Sängerinnen in Verbindung gebracht werden. Die wichtigsten Unterschiede ergeben sich aber daraus, dass sie ihre Haupteinflüsse schon aus dem folgenden Jahrzehnt bezieht.

    Im Gegensatz zu den Goth-Revival-Blassnasen verbringt sie ihre Tage und Nächte nicht in den stickigen, abgedunkelten Räumen des „Batcave“ in England, sondern an der sengenden Sonne Kaliforniens. Der Klang ist hell und heiß, das Fundament eindeutig Rock, die generös noisige Verzerrung stößt die Gitarren nicht selten in Richtung Stoner. Das klingt teilweise nach dem Slackerindie von Pavement und den zutraulicheren 90er-Arbeiten von Sonic Youth. Der noch bodenständige Shoegaze/Dream Pop von Slowdive – Souvlaki huscht ebenso kurz durchs Bild wie die ernsten und düsteren Momente von Lush, selbstversunkener Slowcore und die Songskizzen von Lisa Germano. Vor allem aber macht sich Erika M. Anderson am Grunge und Riot Grrrl zu schaffen und holt nachträglich heraus, was schon immer in beiden Bereichen steckte. Hier hätten damalige Szeneprotagonisten allen Grund, sich zu ärgern, dass sie diese Songs nicht geschrieben und das Ausdrucksspektrum des eigenen Wirkungsbereichs übersehen haben.

    Nun wäre „Past Life Martyred Saints“ aber ein Vergnügen mit nicht weiter erwähnenswerter Halbwertszeit, wenn es lediglich eine postmoderne Reise durch Madame Andersons gut sortierte Plattensammlung wäre. Um die Ansammlung von Zitaten zu mehr, zu genuiner Kunst zu machen, braucht es eine, die dem ganzen Kram Leben und Charakter einhaucht. EMA schafft dies, macht das ganze komplexe Netz aus Referenzen vergessen, das Blogger und Journalisten um sie herum gesponnen haben. Für 38 Minuten ist nichts wichtiger als das, was sie zu sagen hat, weil diese sonore, sinnlich tiefe, kraftvolle Stimme, die einem immer und gerne zu nahe kommt, sofort von diesem Lauf der Dinge überzeugt. Bevor es zu diesem Album überhaupt kommen konnte, musste Anderson sich ein Jahr lang durch konzentrierte persönliche Tiefschläge kämpfen. Ihre erste Band Gowns, mit der sie unaufgeräumte, freiförmige Stücke zwischen Freak Folk und elektronischem Unrat aufgenommen hat, zerbrach mit der Beziehung zwischen ihr und Bandmitglied Ezra Buchla. Die Liebe und die Trennung spiegeln sich in vielen der hier zusammengekehrten Songscherben. Fast wären ihre Solo-Ambitionen lediglich „Little Sketches On Tape“ geblieben, die Rettung durch eine Labelanfrage kam quasi im letzten Moment. Es ist mir zwar unangenehm, ihr dieses dezent blöde Authentizitätsstigma anheften zu wollen, aber möglicherweise wäre „Past Life Martyred Saints“ nicht so gut geworden, hätte Anderson dieses Tal nicht durchschritten.

    Es ist eine disparate, zerwühlte Platte geworden, die als Album vielleicht gar nicht so gut funktionieren dürfte, wie sie es tut. Konsequenz ist doch ein albernes Konstrukt, schon die Überkategorie Lo-Fi lässt sich auf PLMS nicht anwenden, weil Anderson nicht alle Songs im Schlafzimmerzustand belassen wollte. Der Opener „The Grey Ship“, eine der schönsten und betörendsten Songwelten des Jahres, ist ungeahnt filigran, sucht nach Lagerfeuer-Anfang nach der verwunschenen Bassline, die sich davongestohlen hat und sich im Gebüsch versteckt. Bevor das Stück Warpaint oder einem schwebend schönen Finale zu nahe kommen kann, holt EMA die Gitarrenbrechstange raus, und am Ende gibt es doch den Rückzug in sich selbst mit gebrochenen Knochen und Willen. „Great grandmother lived on the prairie / nothing and nothing and nothing and nothing / I got the same feeling inside of me / nothing and nothing and nothing and nothing“. Ausgerechnet „Marked“, dieses Homerecording-Songfragment, ist dann klanglich annähernd genauso beeindruckend. Den alten Gowns-Song befreit EMA von allem Müll und Seetang, der im Original an ihm hing und ihn ausmachte. In der neuen Version findet er auf engstem Raum statt, versteckt im Wandschrank als Kerzenfeuer in den Händen. EMA legt dazu die Hände auf die Schultern des Hörers und flüstert ganz nah und ganz sanft an sein Ohr. „I wish that every time he touched me left a mark.“

    Wer je eine bessere musikalische Verarbeitung von autoaggressivem Verhalten finden sollte, der soll mir Bescheid geben. Im übernächsten Song „Butterfly Knife“ singt Anderson mit so viel Wut, wie sie auf einmal ausspeien kann, über ein Goth-Kid an ihrer früheren High School. „Marked“ widmet sich ihm mit mehr Verständnis als alle seine mutmaßlichen Lieblingsbands. Überhaupt zieht sich die Körperlichkeit durch das ganze Album, Erika M. Anderson ist hier eine einzige offene Wunde. Was könnte besser als Code für Verzweiflung geeinget sein als blaugeschlagene Augen, aufgeplatzte Lippen, fließendes Blut, gebrochene Knochen? Solange man „Past Life Martyred Saints“ hört und von seinem Nachwirken eingenommen ist – tatsächlich nichts. EMA macht keinen Unterschied zwischen Zärtlichkeit und Brutalität, Verletzlichkeit und Angriffslust. Das äußert sich einerseits in der Art, wie bei „Anteroom“ und „Breakfast“ ätzender Gitarrenkrach die Ruhe stört. Andererseits kommt der innere Widerspruch auch in „California“ durch, der Blues-verwurzelten beinahe-Hymne, bei der Anderson mit gebündelten Kräften Unmengen an Galle über diesem zerstörerischen Moloch von Land ergießt und doch nach jeder Zeile näher am Kollaps scheint.

    Diese Herangehensweise steht eindeutig in der Tradition von „Rid of Me“, dem extrem gewalttätigen, sexualisierten, wahnsinnigen, ultimativ schmutzigen Seelendreck-Album einer jungen PJ Harvey, die aktuell mit Geisterwaldfolk gegen ihre Heimat England ins Feld zieht. Es geht auch hier im Grunde um Liebe – enttäuschte Liebe – und die Erlösung im Schmerz. Und die gibt es hier tatsächlich an genau der richtigen Stelle. Schlusssong „Red Star“ glänzt mit Stonergitarre und nur scheinbarer Entspannung, denn im Finale denkt Anderson nicht mal daran, auch nur verbrannte Erde zurückzulassen. Soll die rote Sonne den blauen Planeten doch verschlucken. Augen immer schön offen halten; wer blinzelt, verliert. Brennende Netzhaut hat sich aber auch selten so ekstatisch und schön angefühlt. Die finale Lichtexplosion klingt dann tatsächlich nach „Seven“ von The God Machine (deren „Scenes From The Second Storey“ immerhin das beste Album aller Zeiten ist). „If you won’t love me someone will.“

    Zu groß und zu wichtig, um nach der Jahresbestof vergessen zu werden. Wollen wir hoffen, dass EMA eine ebenso lange Karriere bevorsteht wie der Dame, mit der sie sich momentan noch messen muss.

    http://www.youtube.com/watch?v=UV8rpX_-6Gw

    #6583869  | PERMALINK

    Tiz

    Registriert seit: 15.03.2009

    Beiträge: 4,651

    Hast du toll geschrieben 🙂
    Stimme dir bei der Subrosa und der WITTR zu, auch wenn mir erstere besser gefällt. WITTR haben es bei mir denkbar knapp nicht in die Top 15 geschafft.

    #6583871  | PERMALINK

    palez

    Registriert seit: 04.01.2007

    Beiträge: 10,795

    TizHast du toll geschrieben 🙂

    Danke. 🙂

    TizStimme dir bei der Subrosa und der WITTR zu, auch wenn mir erstere besser gefällt. WITTR haben es bei mir denkbar knapp nicht in die Top 15 geschafft.

    Die Platzverteilung ist bei den obersten 4 fast völlig willkürlich, das SubRosa-Album hätte auch auf der 1 stehen können. Lange nicht mehr gehabt, dass ein Jahr mal keinen eindeutigen Hitkandidaten hat…

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