Polizeibrutalität

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  • #5611665  | PERMALINK

    Leukon

    Registriert seit: 14.07.2010

    Beiträge: 1,385

    abrakadabraein paar gedanken zu eurer debatte:
    es gibt grundsätzlich zwei möglichkeiten dafür, dass ein angezeigter fall von polizeibrutalität kein tatsächlicher fall von polozeibrutalität war, also etwas, dass die tatsächliche „ziffer“ verringert:

    1, der kläger schildert die situation falsch (entweder er lügt, oder er bildet sich etwas ein).
    2, der kläger kennt die gesetzeslage nicht anständig, und denkt nur, dass es polizeibrutalität war. in wirklichkeit handelten die beamten im rahmen des gesetzes.

    wie könnte man versuchen die häufigkeit der obigen situationen zu schätzen?
    ad 1, man könnte die fälle betrachten in denen nach der aussage des zeugen zusätzliche (wirklich glaubwürdige) beweise aufgetaucht sind. in wieviel fällen bestätigten sie die aussage des zeugen, in wievielen fällen bewiesen sie die unschuld der beamten? so lässt sich die wahrscheinlichkeit für fall (1) ungefähr schätzen.

    ad 2, man betrachte jene fälle, in denen klargestellt wurde, dass die anschuldigungen nicht für eine verurteilung ausreichen, selbst wenn sie bewiesen werden können. wie oft kommt das durchschnittlich vor?

    ich besitze solche statistiken nicht, aber man könnte sie zweiffellos anfertigen. wenn ich raten müsste, würde ich sagen, dass beides relativ selten ist. eine falsche beschuldigung (wenn sich das dann beweisen lässt) ist ein übles verbrechen, und zweiter fall ist glaub ich auch nicht allzu häufig.

    dass es durchaus plausibel ist als opfer von polizeibrutalität keine anzeige zu erstatten, ist aber nicht weit hergeholt, und auch dazu lassen sich leicht statistiken anfertigen.

    fazit: warum quantitative aussagen über das „dunkelfeld“ nicht möglich sein sollen, ist für mich nicht nachzuvollziehen. man braucht nur geeignete statistiken anfertigen.

    Mir ist das Konzept der Dunkelfeldforschung durchaus bekannt; genauso wie die Grenzen der hier möglichen Verfahren. Man unterscheidet daher relatives und absolutes Dunkelfeld. Ich halte es für angemessen, nur das absolute Dunkelfeld auch als solches zu bezeichnen und das durch Täter- und Opferbefragungen ,,aufgehellte“ Dunkelfeld aus dem Begriff herauszunehmen. Jedenfalls gilt, dass über das nicht erforschte Dunkelfeld vor Durchführung entsprechender Untersuchungen – und das ist der Stand in der hier interessierenden Sache – keine Aussagen möglich sind.

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    #5611667  | PERMALINK

    Leukon

    Registriert seit: 14.07.2010

    Beiträge: 1,385

    abrakadabraein paar gedanken zu eurer debatte:
    es gibt grundsätzlich zwei möglichkeiten dafür, dass ein angezeigter fall von polizeibrutalität kein tatsächlicher fall von polozeibrutalität war, also etwas, dass die tatsächliche „ziffer“ verringert:

    1, der kläger schildert die situation falsch (entweder er lügt, oder er bildet sich etwas ein).
    2, der kläger kennt die gesetzeslage nicht anständig, und denkt nur, dass es polizeibrutalität war. in wirklichkeit handelten die beamten im rahmen des gesetzes.

    wie könnte man versuchen die häufigkeit der obigen situationen zu schätzen?
    ad 1, man könnte die fälle betrachten in denen nach der aussage des zeugen zusätzliche (wirklich glaubwürdige) beweise aufgetaucht sind. in wieviel fällen bestätigten sie die aussage des zeugen, in wievielen fällen bewiesen sie die unschuld der beamten? so lässt sich die wahrscheinlichkeit für fall (1) ungefähr schätzen.

    ad 2, man betrachte jene fälle, in denen klargestellt wurde, dass die anschuldigungen nicht für eine verurteilung ausreichen, selbst wenn sie bewiesen werden können. wie oft kommt das durchschnittlich vor?

    ich besitze solche statistiken nicht, aber man könnte sie zweiffellos anfertigen. wenn ich raten müsste, würde ich sagen, dass beides relativ selten ist. eine falsche beschuldigung (wenn sich das dann beweisen lässt) ist ein übles verbrechen, und zweiter fall ist glaub ich auch nicht allzu häufig.

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    Noch eine Anmerkung zu deiner Vermutung, die unbegründete Anzeige komme selten vor: Dieses Argument lässt sich verallgemeinern und deshalb möchte ich auf das sog. Trichtermodell hinweisen, das den Filterprozess im Strafverfahren veranschaulicht. In diesem Pdf findet sich auf Seite 47 ein Schaubild: http://www.nomos-shop.de/_assets/downloads/9783832953133_lese01.pdf . Es lässt sich auf Grundlage der PKS immerhin die generelle Aussage treffen, dass die Verurteilung auf eine Anzeige hin auch bei ,,aufgeklärten“ Taten (das sind die, zu denen ein Tatverdächtiger namentlich ermittelt werden kann) seltener vorkommt als Verfahrenseinstellungen und Freisprüche.

    Edit: Soeben entnehme ich der Presse, dass 95% aller Verfahren wegen angezeigter Körperverletzungen durch Amtsträger (in der Regel Polizisten) eingestellt werden. Das heißt, im Jahr sind es etwa 100 erfasste Fälle, in denen die Feststellung statthaft ist, es handele sich um strafbare Polizeibrutalität. Wenn nun der von der SZ interviewte Kriminologe eine Dunkelziffer von weit über 2000 Fällen pro Jahr behauptet, dabei aber gleichzeitig einräumt, dass es dafür keine ausreichende Datengrundlage gibt, dann muss man sich wundern.

    --

    #5611669  | PERMALINK

    xGROBIx

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    #5611671  | PERMALINK

    Ospleatyher

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    Beiträge: 1,995

    LeukonOhne eine abschließende Stellungnahme abgeben zu wollen, dieser Satz ist schon kurios: ,,Die meisten Fälle werden nicht angezeigt, die Dunkelziffer ist sicher um ein Vielfaches höher“. Erfrischend unlogisch.

    In dem Satz fehlt eigentlich nur noch die ausgedachte %-Angabe.

    EDIT: upss…irgendwie wohl ein paar Seiten verpasst.

    #5611673  | PERMALINK

    Hallways of Always

    Registriert seit: 19.03.2011

    Beiträge: 1,120

    Jaja, die Dolmetscherin, die mit dem Kopf gegen die Wand rannte…
    In der Augsburger Allgemeinen war heute auch ein Artikel über Polizeigewalt, allerdings ein überaus unkritischer.

    […] sei es leider an der Tagesordnung, dass Polizisten angezeigt werden. Vielfach erwiesen sich die Vorwürfe als haltlos. „Es ist die absolute Ausnahme, dass wirklich mal ein Beamter wegen Körperverletzung im Amt verurteilt wird“, sagt Siefener. Als Beispiel nennt er den suspendierten Dienststellenleiter in Rosenheim. „So etwas kommt leider vor, es sind aber Einzelfälle. Es wäre bedauerlich, wenn dadurch der Eindruck entstehen würde, dass die bayerische Polizei prügelt“, sagt Siefener. Er nennt Zahlen: 2011 ist kein Polizist in Bayern wegen Körperverletzung im Amt suspendiert worden, vergangenes Jahr nur der Beamte in Rosenheim. Dem stünden jährlich rund 1700 Beschwerden gegen Polizeibeamte gegenüber, in denen es um Beleidigungen und schwerere Vorwürfe geht.

    Gegen bestimmte Passagen dieses Artikels kann und will ich nicht sagen, aber die Quintessenz ist folgende:
    Polizisten werden nicht verurteilt => die Vorwürfe waren erfunden.
    Immerhin gibt es einen Kommentar, der die Schwierigkeit bei der Aufklärung von polizeilichen Verbrechen thematisiert.

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    #5611675  | PERMALINK

    Veraergerter_Bahnkunde

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    Hallways of AlwaysJaja, die Dolmetscherin, die mit dem Kopf gegen die Wand rannte…

    Ich fand auch schön, dass ein Beamter seinen umgebogenen Daumen und den Kratzer in die Kamera hält, während zwei seiner Kollegen auf dem Kopf eines halbnackten Mannes knien, der dadurch den Bordstein knutscht.

    Das Hauptproblem (sieht man ebenfalls in der Situation mit dem geistig behinderten Jungen) ist, dass einige Beamten wohl während der Ausbildung beim Unterrichtsthema „Verhältnismäßigkeit und Deeskalation“ kacken waren.

    Anders kann man doch nicht erklären, wieso 5 Beamte auf eine Frau, einen Jugendlichen, der offensichtlich nicht auf der Höhe ist, und einen Blinden losgehen.

    Wäre mal ein wünschenswertes Wahlkampfthema. Für sowas muss eine von der Polizei unabhängige Institution her. Und bei solchen Verfehlungen gehört der Beamtenstatus unehrenhaft entzogen.

    Momentan ist schon klar, dass die Staatsanwaltschaften da wenig tun (wollen/können/dürfen). Die hacken sich ja mit der Beschneidung des eigenen „Fronteinsatzteams“ selbst die Augen aus.

    --

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    #5611677  | PERMALINK

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    http://blog.br.de/quer/freund-und-schlaeger-bayerische-polizei-in-der-kritik-13022013.html

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    #5611679  | PERMALINK

    xGROBIx

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    http://www.sueddeutsche.de/muenchen/nach-pruegel-vorwuerfen-polizeipraesident-in-der-kritik-1.1602666

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    #5611681  | PERMALINK

    SirMetalhead
    Moderator

    Registriert seit: 26.06.2004

    Beiträge: 30,318

    gabs eigentlich schonmal ne Petition für ne unabhängige Untersuchungsinstanz in solchen Fällen? Die müsste doch eigentlich genügend Unterzeichner bekommen… Aber ich hab keine Ahnung, wie da die Aussichten sind, dass sowas gesetzlich umgesetzt wird.

    #5611683  | PERMALINK

    Hallways of Always

    Registriert seit: 19.03.2011

    Beiträge: 1,120

    Laut der Augsburger Allgemeinen gibt es schon zwei unabhängige, zentrale Kontrollstellen in München und Nürnberg, die jedoch auch zur Polizei gehören. Wie weit es mit deren Unabhängigkeit her ist, weiß ich allerdings nicht…

    --

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    #5611685  | PERMALINK

    Leukon

    Registriert seit: 14.07.2010

    Beiträge: 1,385

    Strafrechtliche Ermittlungen wegen Körperverletzung im Amt (§ 340 StGB) werden schon immer von einer unabhängigen Instanz geführt, nämlich der Staatsanwaltschaft. Mir scheint, dass das oft übersehen wird.

    --

    #5611687  | PERMALINK

    Veraergerter_Bahnkunde

    Registriert seit: 26.06.2009

    Beiträge: 9,660

    LeukonStrafrechtliche Ermittlungen wegen Körperverletzung im Amt (§ 340 StGB) werden schon immer von einer unabhängigen Instanz geführt, nämlich der Staatsanwaltschaft. Mir scheint, dass das oft übersehen wird.

    Das unabhängig darf aber gerne in Anführungszeichen gesetzt werden.

    Das Problem ist doch, dass es für Außenstehende völlig anders wirkt. Da werden Leute zusammengeschlagen und nach erfolgloser Anzeige bekommen sie auch noch eine Gegenanzeige, das kann kein Gerechtigkeitsempfinden auslösen.

    Und ich wiederhole mich da gern

    Momentan ist schon klar, dass die Staatsanwaltschaften da wenig tun (wollen/können/dürfen). Die hacken sich ja mit der Beschneidung des eigenen „Fronteinsatzteams“ selbst die Augen aus.

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    #5611689  | PERMALINK

    abrakadabra

    Registriert seit: 31.03.2008

    Beiträge: 4,809

    das mit der gegenanzeige kommt mir auch irgendwie seltsam vor. das wirkt wirklich so, als wäre die gegenanzeige eine „vergeltung“ für die anzeige wegen körperverletzung (oder was auch immer man den beamten vorwirft).
    wenn jemand wirklich widerstand gegen die staatsgewalt geleistet haben sollte, dann soll er bittesehr ASAP deswegen angezeigt werden – ich sehe keinen grund dafür, damit zu warten. der einzige grund, den ich mir vorstellen kann, ist eben die möglichkeit der gegenanzeige als eine art druckmittel zu missbrauchen, und das kann nicht im interesse der allgemeinheit liegen.

    #5611691  | PERMALINK

    xGROBIx

    Registriert seit: 22.11.2006

    Beiträge: 12,021

    naja, das ist ja ein ganz klarer automatismus, wenn ein beamter unmittelbaren zwang anwendet, muss es ja verhältnismäßig sein, deswegen muss der täter/das opfer natürlich widerstand geleistet haben. wenn ein beamter keine gegenanzeige erstattet, kommt das ja in gewisser weise einem schuldeingeständnis gleich.

    --

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    #5611693  | PERMALINK

    xGROBIx

    Registriert seit: 22.11.2006

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