Provokante politische, soziologische, philosophische Thesen

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  • #1483353  | PERMALINK

    Roy Black Metal

    Registriert seit: 12.03.2004

    Beiträge: 5,065

    blacklebaron
    Ich würde unseren heutigen zustand auch kurz als hochgradig dekadent bezeichnen.

    JUHU!! DEKADENZ! MEIN FACHGEBIET!

    --

    Oberste moralische Instanz des Forums. Kaiser von Europa und Imperator des Forums. Unterwerft euch, hopp hopp!
    UlverRoy hat recht, alle Anderen keine Ahnung.
    Highlights von metal-hammer.de
    #1483355  | PERMALINK

    Aquifel

    Registriert seit: 06.09.2004

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    blacklebaronWenn ich Dich recht verstehe, dann gehst Du davon aus, daß ‚Wollen‘ und ‚Sollen‘ zwei grundsätzlich voneinander getrennte Dinge sind.

    Nicht grundsätzlich. Wenn man will, was man soll, aber von sich aus, dann ist es freier entschieden, als wenn man versucht es zu vereinen oder versucht sein Wollen an das Sollen anzupassen.

    Im Idealfall sind ‚Wollen‘ und ‚Sollen‘ deckungsgleich;

    Nur ist dieser Idealfall selten wirklich aus freien Stücken heraus bei vielen Individuen vorhanden. Demnach ist folgendes

    Dabei wird gerne vergessen, daß der Mensch eigentlich ein soziales Wesen ist, das auf die Gemeinschaft angewiesen ist, und das deshalb manchmal im eigenen Interesse (!) sein unmittelbares ‚Wollen‘ hinter dem Interesse Aller zurückstellen muß.

    mag das stimmen, aber es geschieht nicht aus wirklich freien Stücken sondenr unter einem gewissen „Zwang“.

    --

    Erklärbär des Forums 2. Vorsitzender des Clubs STOLZER BARTTRÄGER Ich hab "Buuhörns" gerufen. http://www.last.fm/user/DerMuedeJoe/ Piercings by Jana
    #1483357  | PERMALINK

    blacklebaron

    Registriert seit: 29.02.2004

    Beiträge: 620

    Aquifel
    mag das stimmen, aber es geschieht nicht aus wirklich freien Stücken sondenr unter einem gewissen „Zwang“.

    Ohne einen gewissen Zwang wären wir keine Menschen! Der Mensch wendet ja auch ständig gegen sich selbst Zwang an, indem er eben nicht permanent das tut, was ihm gerade in den Sinn kommt.

    Beispiel:
    Wenn der Steinzeit-Mensch immer seinen gleich seinen Hunger gestillt hätte, anstatt ein paar Körner zum Anpflanzen zu verwenden, wäre er womöglich irgendwann elend eingegangen.
    Die Kunst, sich selbst und seiner Umwelt Regeln zu verpassen, ist vielleicht der evolutivste Schritt der uns erst zum Menschen gemacht hat. Sonst wären wohl nix anderes als Primaten, die immer nur ihren Trieben nachgehen, dadurch aber zu keinen bedeutenden planerischen Fähigkeiten in der Lage sind.

    --

    Qui tacet consentire videtur!
    #1483359  | PERMALINK

    Aquifel

    Registriert seit: 06.09.2004

    Beiträge: 4,165

    blacklebaron

    Aquifel

    mag das stimmen, aber es geschieht nicht aus wirklich freien Stücken sondenr unter einem gewissen „Zwang“.

    Ohne einen gewissen Zwang wären wir keine Menschen! Der Mensch wendet ja auch ständig gegen sich selbst Zwang an, indem er eben nicht permanent das tut, was ihm gerade in den Sinn kommt.

    Hab nix anderes behauptet. Aber in deinem Zitat ist von echter Freiheit die Rede. Und Freiheit und Zwang passen nicht zusammen. Und den daraus folgenden Schluss, dass es keine echte Freiheit geben kann und es (wenn man das weiter führt) es auch keinen wirklich freien Willen gibt (da gewisse Teile in uns, uns desöfteren Dinge tun lassen, die wir nicht wirklich wollen, wenn wir eine Wahl hätten) habe ich in meinem Post erwähnt.

    Kurz : Ich widerspreche dir nicht wirklich, ich sage nur, dass das, was du sagst und was in dem Zitat auftaucht, nicht gerade positiv mit echter Freiheit oder wirklichem freien Willen korreliert ist 😉

    Um in deinem Beispiel zu bleiben : Der Steinzeitmensch tat nicht das, was er am liebsten getan hätte, was echter Freiheit und komplett freiem Willen ungefähr entsprochen hätte, sondern er hat an Konsequenzen gedacht, geplant, etc. und sich gegen das entschieden, was er wohl am liebsten getan hätte. Die Frage ist meiner Ansicht nach nicht, ob das „gut“ oder „schlecht“ war, sondern ob es wirklich „frei“ war.

    --

    Erklärbär des Forums 2. Vorsitzender des Clubs STOLZER BARTTRÄGER Ich hab "Buuhörns" gerufen. http://www.last.fm/user/DerMuedeJoe/ Piercings by Jana
    #1483361  | PERMALINK

    Daray

    Registriert seit: 18.04.2004

    Beiträge: 31,943

    blacklebaron
    „Das zu tun (zu können), was einem gerade in den Sinn kommt, ist eben keine Freiheit, sondern die Selbstauslieferung an Instinkte und instinktähnliche Sozialzwänge. Echte Freiheit ist die bewußt gemachte Annäherung von ‚Wollen‘ und ‚Sollen‘ bis hin zu deren Identität.“

    Kannst du mir sagen, woher du das hast (Autor, Werk evtl. Passage)?

    Denn wenn wir diese beiden Sätze mit den gängigen Begriffsbedeutungen lesen, dann kann ich darin keinen Sinn erkennen…

    Der erste Satz ist noch einigermassen nachvollziehbar, also betrachten wir mal den zweiten: insbesondere das „Sollen“ macht mir hier Kopfzerbrechen. Ein ‚Sollen‘ ist doch stets ein äusserer Zwang und zwar stets ein Katalog, eine Aufzählung von Dingen die man soll oder nicht soll. Es ist somit noch nicht mal ein moralisches System, sondern eine dogmatische Liste von Verhaltensregeln (wie z.B. der Dekalog).

    Doch auch wenn ich den Begriff des „Sollens“ jetzt mal noch etwas weiter fasse, so kann ich diesen Satz immer noch nicht verstehen. Angenommen ich tu was ich will und das deckt sich mit dem was ich soll. Wieso sollte dies dann mehr Freiheit bedeuten, als wenn ich einfach nur tue was ich will?

    --

    Treat everyone the same until you find out they're an idiot. http://www.last.fm/user/daray
    #1483363  | PERMALINK

    Aquifel

    Registriert seit: 06.09.2004

    Beiträge: 4,165

    Darauf will ich ja hinaus : Das ergibt so keinen wirklichen Sinn, wenn man behauptet, durch Einheit von Sollen und Wollen entstehe mehr Freiheit.

    --

    Erklärbär des Forums 2. Vorsitzender des Clubs STOLZER BARTTRÄGER Ich hab "Buuhörns" gerufen. http://www.last.fm/user/DerMuedeJoe/ Piercings by Jana
    #1483365  | PERMALINK

    blacklebaron

    Registriert seit: 29.02.2004

    Beiträge: 620

    Daray
    Kannst du mir sagen, woher du das hast (Autor, Werk evtl. Passage)?

    Denn wenn wir diese beiden Sätze mit den gängigen Begriffsbedeutungen lesen, dann kann ich darin keinen Sinn erkennen…

    Der erste Satz ist noch einigermassen nachvollziehbar, also betrachten wir mal den zweiten: insbesondere das „Sollen“ macht mir hier Kopfzerbrechen. Ein ‚Sollen‘ ist doch stets ein äusserer Zwang und zwar stets ein Katalog, eine Aufzählung von Dingen die man soll oder nicht soll. Es ist somit noch nicht mal ein moralisches System, sondern eine dogmatische Liste von Verhaltensregeln (wie z.B. der Dekalog).

    Doch auch wenn ich den Begriff des „Sollens“ jetzt mal noch etwas weiter fasse, so kann ich diesen Satz immer noch nicht verstehen. Angenommen ich tu was ich will und das deckt sich mit dem was ich soll. Wieso sollte dies dann mehr Freiheit bedeuten, als wenn ich einfach nur tue was ich will?

    Tach!

    Also, die einfachste Antwort vorneweg:
    Ich beziehe mich stark auf den Philosophen / Soziologen / Anthropologen / Ethnologen Arnold Gehlen, dem Denker der philosophischen Anthropologie. Die Zitate sind nicht ganz exakt, aber (hoffentlich) sinngemäß und finden sich eigentlich in allen seinen bedeutenden Werken, wie zum Beispiel „Moral und Hypermoral“ oder „Die Seele im technischen Zeitalter„.

    In einem hast Du natürlich recht, mit den umgangssprachlichen Sinndeutungen kommen wir hier nicht immer weiter, eigentlich hätte man vorher definieren müssen.

    1.
    Wir müssen uns von der zwanghaften (!) Vorstellung lösen, Zwang reflexartig in einem Atemzug mit Unfreiheit zu nennen.* Wäre dies der Fall, dann hieße der logisch umgekehrte Fall Freiheit = Beliebigkeit! In dem Begriff Freiheit steckt aber mehr als der Zufallsfaktor der Beliebigkeit, sondern das bewußte, reflektierte Handeln, einschließlich dem Treffen von Entscheidungen. Wenn ich entscheiden muß, dann heißt das automatisch, daß ich mich dazu zwinge, alle anderen als die gewählte Handlungsoption zu negieren. Auch dann, wenn eine der anderen Optionen eher meinem momentanen Lustempfinden entspräche.
    Zwang ist also wiegesagt eine ganz eigentümlich menschliche „Verhaltensweise“.

    *Anmerkung: Diese Denkweise haben nicht zuletzt die mir verhaßten (ich weiß, ich sollte beim Argumentieren keine wertenden Begriffe gebrauchen) ’68er kultiviert. Die geistigen Grundlagen sind freilich viel älter, aber das würde jetzt zu weit führen.

    2.
    Ich widerspreche der Behauptung, ‚Sollen‘ sei nur ein äußerer Zwang. Der Mensch wendet Zwang gegen sich selbst an, z.B. indem er Entscheidungen trifft (s.o.) und sich in Selbstdisziplin übt.

    Ich widerspreche auch der Behauptung, ‚Sollen‘ sei stets ein dogmatischer Katalog. Alles ‚Sollen‘ ist von Menschen gemacht, die Natur kennt kein ‚Sollen‘, sondern nur (Kausal-)Zusammenhänge. D.h. auch wenn es vielleicht katalogartig niedergeschrieben ist, so entspringt ‚Sollen‘ immer einem geschichtlichen, kulturellen, sozialen, technologischen, und geistigen Kontext. Menschen machen Gesetze, die Gesetze verändern die Menschen, die Menschen ändern die Gesetze usw.
    Das Problem ist nur heutzutage, daß viele nicht mehr verstehen, warum die Gesetze so geschrieben worden sind, wie sie es nun mal sind. Man kann und/oder will den „background“ nicht mehr verstehen, man kapiert nicht mehr, was der eigentliche Hintergedanke des ‚Sollens‘ ist. Und warum ist das so? Ich vermute, weil mit der Aufklärung und den ’68igern jeder in die eigene Verantwortung entlassen wurde – allerdings ist er mit der Bewältigung seiner eigenen Lebensumstände schon so beschäftigt, daß er sich keinen Kopp mehr darum machen kann und/oder will, welchen Sinn das ‚Sollen‘ hat.
    Mit anderen Worten, wir haben uns der Sinnzusammenhänge beraubt, die uns früher durch gewisse Institutionen (z.B. Kirche, Staat, Könige, etc.) erklärt wurden – ob die Erklärungen „gut“ oder „schlecht“ waren ist egal, wir führen ja keine normative Diskussion. Und weil wir die Zusammenhänge nicht mehr kennen, nehmen wir das ‚Sollen‘ nur noch als repressiven Verhaltenskatalog wahr.
    Umgekehrt: alle, die mit dem ‚Sollen‘ auch noch einen Sinn und eine Weltanschauung verbinden, für die ist das ‚Sollen‘ sogar Ent- statt Be-Lastung! So wie eigentlich jede bewährte Regel eine Entlastung ist. Wo wäre der Mensch ohne Regeln? Er müßte jeden Tag nach dem Aufstehen das Rad neu erfinden, durch Regeln und Gewohnheiten (nichts anderes sind Sitten, Traditionen, Gesetze etc.) gewinnt er Zeit, Kapazität und Sicherheit für kreativere, produktivere Dinge.
    Letztlich ist das ‚Sollen‘ nicht moralisch, sondern vernünftig! Und im Hintergrund des ‚Sollens‘ steht eine bestimmte Weltanschauung! Heutzutage leben wir zwar in einer Informationsgesellschaft, man wird mit unnützen Informationen zugemüllt, aber ohne Theorie/Weltanschauung wird man nur verwirrt.

    3.
    Warum ist nun absolute Freiheit vorhanden, wenn ‚Wollen‘ und ‚Sollen‘ identisch sind? (Wobei man dazu sagen muß, daß das ein rein hypothetischer Punkt ist, man kann sich dem Punkt höchstens annähern).

    Vorbemerkung: Wann wurden in der Geschichte Diskussionen um die Freiheit des Menschen geführt? Meistens dann, wenn das herrschende moralische System desavouiert/im Verfall war, dadurch die erwähnten Sinnzusammenhänge verloren gingen – in der Literatur läßt sich dieser Zusammenhang gut nachvollziehen.
    Denn bis zu diesem Zeitpunkt stellte sich den Menschen die Frage der eigenen Freiheit nicht: das ‚Sollen‘ war ihnen so selbstverständlich, daß sich die Fragen nicht stellten. (Ob das damalige ‚Sollen‘ nach heutigen Maßstäben „gut“ oder „schlecht“ war, ist für diese wertfreie Diskussion irrelevant).
    Heutzutage haben wir den Zustand der „Sollens-Krise“ zum moralischen Absolutheitsanspruch erhoben, im Prinzip schmiedet sich jeder seine eigene Moral, naheliegend, daß er sie an sich selbst ausrichtet. Das bedeutet freilich auch Konflikt mit der „Ego-Moral“ des Nachbarn. Der
    Inbegriff dieser „Ego-Moral“ heißt bei den meisten: Lustprinzip!

    Die Folgen kann Dir jeder Soziologe wie aus der Pistole geschossen aufzählen:
    – Negation von Verantwortung
    – Negation von Verpflichtung
    – Individualisierung bzw. Atomisierung, Single-Dasein
    – Selbst-Betäubung ganzer Gesellschaftsschichten: man wird von Myriaden unsortierter Informationen erschlagen, liegt im moralischen Konflikt mit sich selbst und seiner Umgebung, also gibt man sich lieber der Betäubung hin, die da viele Namen haben: Kokain, Extremsport, Entertainment usw.

    Die Identität von ‚Wollen‘ und ‚Sollen‘ bedeutet nicht, daß das eine das andere dominiert/übernimmt, sondern beide sich dialektisch aufeinander zubewegen. (Ich erinnere: ‚Sollen ist von Menschen, im Prinzip jedem Einzelnen, gemacht) Es heißt auch nicht, daß der private Bereich von Außen (dem öffentlichen Raum) kontrolliert wird, sondern unter anderem:

    – Verantwortungs- und Pflichtbewußtsein bei gleichzeitig kritischem Denken
    – je privater, desto toleranter, je öffentlicher, desto intoleranter
    – eine einigermaßen kohärente, verständliche Moral für alle
    – …

    Wenn sich die Frage der Freiheit nicht mehr stellt, dann haben wir viel Freiheit.

    --

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    #1483367  | PERMALINK

    Aquifel

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    blacklebaron
    1.
    Wir müssen uns von der zwanghaften (!) Vorstellung lösen, Zwang reflexartig in einem Atemzug mit Unfreiheit zu nennen.*

    Dann frage ich dich, wie du Zwang definierst.

    Wäre dies der Fall, dann hieße der logisch umgekehrte Fall Freiheit = Beliebigkeit!

    Wobei das Gegenteil von Zwang mitnichten Beliebigkeit ist. Abgesehen davon ist dieser Umkehrschluss wenn A=B ist, ist B=A oder dass das Gegenteil von A = dem Gegenteil von B ist, in vielen Fällen auch nicht gegeben.

    Wenn ich entscheiden muß, dann heißt das automatisch, daß ich mich dazu zwinge, alle anderen als die gewählte Handlungsoption zu negieren. Auch dann, wenn eine der anderen Optionen eher meinem momentanen Lustempfinden entspräche.
    Zwang ist also wiegesagt eine ganz eigentümlich menschliche „Verhaltensweise“.

    Allerdings steckt dadrin keine Freiheit.

    2.
    Ich widerspreche der Behauptung, ‚Sollen‘ sei nur ein äußerer Zwang. Der Mensch wendet Zwang gegen sich selbst an, z.B. indem er Entscheidungen trifft (s.o.) und sich in Selbstdisziplin übt.

    Wobei da die Frage eine Rolle spielt, wovon dieser innere Zwang bewegt wird. Und ich behaupte, dass dies in der Regel äussere Faktoren sind. Wenn ich eine Entscheidung treffe und etwas wähle, dass mir im Moment eher weniger zusagt als die Alternative(z.B. der Höhlenmensch, der das Korn säht, anstatt es zu essen) und ich mich selbst dazu zwinge, dann eher aufgrund anderer Umstände, z.B. dass es auf lange Sicht gesehen klüger wäre, das Korn einzupflanzen. Hier entsteht der Zwang nicht aus einem selbst heraus, sondern daraus, dass die Konsequenzen der anderen Alternative sich negativ auswirken würden. Ergo wäre die andere Alternative nicht gut. In letzter Konsequenz wird der Mensch sich gegen das sofortige Essen entscheiden und das Korn einpflanzen, aber nur, weil ihm keine Wahl bleibt, wenn er weiter zu essen haben möchte. Darin liegt keine Freiheit. Das ist dasselbe, als wenn ich die Wahl zwischen zwei Parteien habe und die eine den Untergang predigt, während die andere halbwegs vertretbare Ansichten hat. Allgemein gesagt : Wenn nur eine Alternative klug ist, alle anderen eher unwünschenswerte Konsequenzen haben, dann ist die Wahl eingeschränkt und nicht wirklich frei.

    Alles ‚Sollen‘ ist von Menschen gemacht, die Natur kennt kein ‚Sollen‘, sondern nur (Kausal-)Zusammenhänge. D.h. auch wenn es vielleicht katalogartig niedergeschrieben ist, so entspringt ‚Sollen‘ immer einem geschichtlichen, kulturellen, sozialen, technologischen, und geistigen Kontext. Menschen machen Gesetze, die Gesetze verändern die Menschen, die Menschen ändern die Gesetze usw.

    Du beschreibst gerade selber, warum „Sollen“ dogmatisch ist. Sollen ist vom Umfeld diktiert, daher nicht frei.

    Das Problem ist nur heutzutage, daß viele nicht mehr verstehen, warum die Gesetze so geschrieben worden sind, wie sie es nun mal sind. Man kann und/oder will den „background“ nicht mehr verstehen, man kapiert nicht mehr, was der eigentliche Hintergedanke des ‚Sollens‘ ist.

    Darum geht es doch gar nicht. Nicht der Sinn des Sollens ist interessant, sondern die Freiheit im Sollen, bzw. die Zusammengehörigkeit/Identität des Sollens und Wollens.

    Zusammenhänge nicht mehr kennen, nehmen wir das ‚Sollen‘ nur noch als repressiven Verhaltenskatalog wahr.

    Wir diskutieren hier über „wahre Freiheit“, die Schöne Seele, die Einheit des Sollens und Wollens auf Basis des freien Willens. Wie gesagt, egal ob das Sollen Sinn macht, frei ist es nur, wenn man ohne äussere Zwänge/Konsequenzen/etc. wählen kann und sich dafür entscheidet. In der Realität ist das natürlich unmöglich, wodurch es sowas wie reale Freiheit gar nicht gibt.

    Letztlich ist das ‚Sollen‘ nicht moralisch, sondern vernünftig!

    Je nach Hintergrund des Individuums und des Sollens stimmt das meistens auch. Nur argumentierst du hier kein Stück dafür, dass das Sollen Freiheit bedeutet. Du erklärst warum es das Sollen gibt, warum es sinnvoll ist, dass es gewisse Zwänge gibt, etc. Aber mehr nicht.

    Warum ist nun absolute Freiheit vorhanden, wenn ‚Wollen‘ und ‚Sollen‘ identisch sind? (Wobei man dazu sagen muß, daß das ein rein hypothetischer Punkt ist, man kann sich dem Punkt höchstens annähern).

    Ich hab gerade keine Zeit mehr, daher gebe ich jetzt mal, ohne den Rest zu lesen darauf meine Antwort :

    Weil man an diesem Punkt, ist man da angelangt, das Sollen nicht als Sollen, sondern als das, was man will, empfunden wird. Wer keine Drogen nimmt, den stören die Gesetze gegen Drogen logischerweise in der Regel nicht.

    Nur der Weg dahin bestimmt, in wieweit das Sollen und Wollen wirklich auf freiem Wege eins geworden sind. Und das geht, mal Zufall ausgelassen, nur durch äusserlichen Druck/Zwang, der Unfreiheit gleich kommt.

    --

    Erklärbär des Forums 2. Vorsitzender des Clubs STOLZER BARTTRÄGER Ich hab "Buuhörns" gerufen. http://www.last.fm/user/DerMuedeJoe/ Piercings by Jana
    #1483369  | PERMALINK

    Aquifel

    Registriert seit: 06.09.2004

    Beiträge: 4,165

    So, nu gehts weiter.

    blacklebaron
    Denn bis zu diesem Zeitpunkt stellte sich den Menschen die Frage der eigenen Freiheit nicht: das ‚Sollen‘ war ihnen so selbstverständlich, daß sich die Fragen nicht stellten. (Ob das damalige ‚Sollen‘ nach heutigen Maßstäben „gut“ oder „schlecht“ war, ist für diese wertfreie Diskussion irrelevant).

    Oder eher deshalb da, gerade vor einigen Jahrhunderten, der einfache Mann durch Umstände, wie stärkeres religiöses Empfinden (oftmals) oder schlichtweg aus Problemen im Alltag, mit denen er genug zu Ringen hatte und auch die allgemeine weniger emanzipierte Situation der Gesellschaft, nicht so stark das Bedürfnis bzw. durch das Gefühl der Determiniertheit nicht den Eindruck, dass er direkt etwas ändern könnte hatte. Und die dann stattfindenen Revolutionen hatten neben dem Gefühl des moralischen Verfalls auch viel mit der Unfreiheit zu tun.

    Heutzutage haben wir den Zustand der „Sollens-Krise“ zum moralischen Absolutheitsanspruch erhoben, im Prinzip schmiedet sich jeder seine eigene Moral, naheliegend, daß er sie an sich selbst ausrichtet. Das bedeutet freilich auch Konflikt mit der „Ego-Moral“ des Nachbarn. Der
    Inbegriff dieser „Ego-Moral“ heißt bei den meisten: Lustprinzip!

    Wobei das imo nicht so krass ist wie du sagst und durch die Entwicklungen in der Vergangenheit, ist das eher nicht so abwegig, dass es so gekommen ist. Und letztendlich muss jeder selbst entscheiden, was er moralisch verantworten kann. Ohne partielle Ego-Moral der Individuen wäre das Leben öde, da wir in in jeglicher Hinsicht diesbezüglich konform gängen. Aufgrund der verschiedenen Kulturen wäre das global gesehen alles aber eh kaum möglich.

    Und zum Lustprinzip : Du verteufelst es ja geradezu. Aber in nem gewissen Rahmen ist gegen dieses Prinzip nichts einzuwenden! Vor allem, wenn man die Konsequenzen seines Handel´ns trägt, ergo auch die Verantwortung.

    – Individualisierung bzw. Atomisierung, Single-Dasein
    – Selbst-Betäubung ganzer Gesellschaftsschichten: man wird von Myriaden unsortierter Informationen erschlagen, liegt im moralischen Konflikt mit sich selbst und seiner Umgebung, also gibt man sich lieber der Betäubung hin, die da viele Namen haben: Kokain, Extremsport, Entertainment usw.

    Das klingt, als ob du mit der Ablenkung im Leben ein grosses Problem hast. Letztendlich läuft alles auf den Tod hinaus. Und vieles lenkt uns von dieser Realität ab. Manche brauchen mehr Ablenkung, andere weniger. Für den einen macht es mehr Sinn dies durch harte und lange Arbeit zu tun, für andere ist es besser, sie schauen täglich ihre drei Stunden fern. Krass gesagt gibt es für jeden Akt einen der davon profitiert, auch wenn oft irgendwo einer verliert. Aber was wäre schlimmer, als am Ende abzutreten und den Grossteil seines Lebens zu bereuen, weil man sich nicht ab und an dem Lustprinzip, der partiellen Ego Moral zugewendet zu haben?

    – Verantwortungs- und Pflichtbewußtsein bei gleichzeitig kritischem Denken

    Geht auch mit dem Lustprinzip.

    – je privater, desto toleranter, je öffentlicher, desto intoleranter

    Das klingt irgendwie nach nem ganz seltsamen Weltbild.Öffentlich kann man sicher weniger sagen/machen, als privat, aber das klingt so zu krass formuliert.

    – eine einigermaßen kohärente, verständliche Moral für alle

    Gewisse moralische Grundprinzipien hat jede Kultur und ausser gestörte Individuen geht jeder damit halbwegs konform. Mehr würde zur Entindividualisierung führen, was unserem heutigen Bewusstsein nach ziemlich hart wäre.


    Wenn sich die Frage der Freiheit nicht mehr stellt, dann haben wir viel Freiheit.

    Eigentlich nicht, wir empfinden nur nicht das Bedürfnis nach Freiheit. Wer aber einmal den Blick auf die Freiheit, der dem Menschen in der Realität möglich ist, geworfen hat, der wird, zu Recht, nicht mehr wirklich einsehen, warum er sie aufgeben sollte. Es ist wie mit Träumen : Gehen sie in Erfüllung ist es schöner als alles andere, zerbrechen sie aber, ist es shclimmer, als sie nie erlebt zu haben (zumindets für den Moment, bis man „Ersatz“ gefunden hat).

    Was aber alles immer noch nicht erklärt, wie wirkliche Freiheit im Zusammenhang/Annäherung mit der Einheit von Sollen und Wollen steht. Du hast schlichtweg erklärt, dass wir, wenn Sollen und Wollen eins sind, nicht mehr das Bedürfnis haben, über Freiheit nachzudenken. Und das ist wie Dummheit/Naivität : Macht einen scheinbar glücklicher, da man vieles nicht hinterblickt/hinterfragt, aber endgültige Befriedigung bietet es dem Geist oder der Seele nur sehr bedingt (auch wenn man so durchaus ohne Reue sterben kann und in der Sekunde des Todes sein Leben als erfüllt betrachten kann).

    Das erreichen des höchstmöglichen Grades wirklicher Freiheit für die höchstmögliche Anzahl Personen sollte daher das Ziel sein und nicht den Leuten das Bedürfnis nach Freiheit zu nehmen. Das ähnelt Propaganda : es scheint Probleme zu lösen, für den Verstand derer, die drauf reinfallen/sich dem hingeben, aber wirklich gelöst wird damit nicht mal ein Kreuzworträtsel in der Bildzeitung.

    Edit : Abgesehen davon würde die Identität von Sollen udn Wollen auf einer gemeinsamen Basis des (moralischen) Sollens, die Individualität des Ichs einschränken, was die Progression des Menschen in geistiger Hinsicht zumindest teilweise stagnieren lassen würde.
    So wie du vieles sagts, wäre der Mensch eher einer Maschine als einem potentiell hochgradig denkfähigem Tier ähnlich.

    Edit’s Return :

    – Verantwortungs- und Pflichtbewußtsein bei gleichzeitig kritischem Denken

    Das funktioniert in deiner Anschauung aber nur, wenn die moralischen Konventionen nicht hinterfragt werden, bzw. nicht mit einer negierenden Antwort hinterfragt werden. Und moralisch ist das durch Subjektivität möglich. nur bei mathematischen(physikalischen Konventionen, die uns zur Greifbarkeit des Themas dienen, wäre das abstrus und unmöglich (bzw. möglich, aber sinnfrei).

    --

    Erklärbär des Forums 2. Vorsitzender des Clubs STOLZER BARTTRÄGER Ich hab "Buuhörns" gerufen. http://www.last.fm/user/DerMuedeJoe/ Piercings by Jana
    #1483371  | PERMALINK

    blacklebaron

    Registriert seit: 29.02.2004

    Beiträge: 620

    Aquifel

    blacklebaron

    1.
    Wir müssen uns von der zwanghaften (!) Vorstellung lösen, Zwang reflexartig in einem Atemzug mit Unfreiheit zu nennen.*

    Dann frage ich dich, wie du Zwang definierst.

    Gut, war vielleicht etwas mißverständlich formuliert, denn Zwang ist nicht gleich Zwang. Grob gesagt würde ich zwischen fremden Zwang (> Erpressung, Nötigung) und freiwilligen/selbstauferlegten Zwang (> Selbstdisziplin, Erkenntnis, Vernunft) unterscheiden.

    Beispiele:

    1. Ich werde zu etwas gezwungen, hatte vorher keine Entscheidungsmöglichkeit und keine Möglichkeit zu Widerstand = unfrei, man könnte auch Erpressung dazu sagen

    2. Ich entscheide mich bewußt, ohne äußere Einflüsse, zu einer Handlungsweise und zwinge mich, andere nicht anzuwenden = maximal frei, wobei dies für den Menschen also soziales Wesen hypothetisch ist

    2.a. Verhalte ich mich entsprechend meinem reinen Lustempfinden/meinen Instinkten, handle ich auch unfrei: denn Instinkte gleichen unbeeinflußbaren äußeren Zwängen

    3. Entscheide ich mich, das die Entscheidungshilfen/Regeln (‚Sollen‘) an-/hinzunehmen, handle ich teilweise frei.

    4. Sind die ‚Sollens‘-Regeln die selben wie meine eigenen, so handle ich stets nach meinen eigenen Entscheidungen, bin also maximal frei.

    Freilich ist das Thema gar nicht so leicht zu formulieren, ich hoffe das hat weitergeholfen.

    Aquifel

    blacklebaron

    Wäre dies der Fall, dann hieße der logisch umgekehrte Fall Freiheit = Beliebigkeit!

    Wobei das Gegenteil von Zwang mitnichten Beliebigkeit ist. Abgesehen davon ist dieser Umkehrschluss wenn A=B ist, ist B=A oder dass das Gegenteil von A = dem Gegenteil von B ist, in vielen Fällen auch nicht gegeben.

    Logisch gilt es aber, wenn es sich – wie hier – um Komplementäraussagen handelt!
    Was ist dann Deiner Meinung nach das Gegenteil von Zwang?

    Aquifel

    blacklebaron

    Wenn ich entscheiden muß, dann heißt das automatisch, daß ich mich dazu zwinge, alle anderen als die gewählte Handlungsoption zu negieren. Auch dann, wenn eine der anderen Optionen eher meinem momentanen Lustempfinden entspräche.
    Zwang ist also wiegesagt eine ganz eigentümlich menschliche „Verhaltensweise“.

    Allerdings steckt dadrin keine Freiheit.

    Warum steckt darin keine Freiheit, wenn ich mich zwischen Handlungsoptionen entscheiden kann?

    Aquifel

    blacklebaron

    2.
    Ich widerspreche der Behauptung, ‚Sollen‘ sei nur ein äußerer Zwang. Der Mensch wendet Zwang gegen sich selbst an, z.B. indem er Entscheidungen trifft (s.o.) und sich in Selbstdisziplin übt.

    Wobei da die Frage eine Rolle spielt, wovon dieser innere Zwang bewegt wird. Und ich behaupte, dass dies in der Regel äussere Faktoren sind. Wenn ich eine Entscheidung treffe und etwas wähle, dass mir im Moment eher weniger zusagt als die Alternative(z.B. der Höhlenmensch, der das Korn säht, anstatt es zu essen) und ich mich selbst dazu zwinge, dann eher aufgrund anderer Umstände, z.B. dass es auf lange Sicht gesehen klüger wäre, das Korn einzupflanzen. Hier entsteht der Zwang nicht aus einem selbst heraus, sondern daraus, dass die Konsequenzen der anderen Alternative sich negativ auswirken würden. Ergo wäre die andere Alternative nicht gut. In letzter Konsequenz wird der Mensch sich gegen das sofortige Essen entscheiden und das Korn einpflanzen, aber nur, weil ihm keine Wahl bleibt, wenn er weiter zu essen haben möchte. Darin liegt keine Freiheit. Das ist dasselbe, als wenn ich die Wahl zwischen zwei Parteien habe und die eine den Untergang predigt, während die andere halbwegs vertretbare Ansichten hat. Allgemein gesagt : Wenn nur eine Alternative klug ist, alle anderen eher unwünschenswerte Konsequenzen haben, dann ist die Wahl eingeschränkt und nicht wirklich frei.

    Deine Beispiele sind nicht unproblematisch, schon weil sie arg mit normativen Wertungen („klug“/“wünschenswert“) durchsetzt sind.
    Der Grundaussage werden sie auch nicht ganz gerecht: natürlich werden sich immer Beispiele konstruieren lassen, in denen eine Handlungsoption deutlich zweckmäßiger ist, als alle anderen. Zweckmäßigkeit hat aber nichts mit Zwang zu tun.
    Und schließlich habe ich nicht gesagt, es gäbe gar keine äußeren Zwänge, schließlich gibt es Naturgesetze, Reflexe, Erpressung…. Aber alles was mit ‚Sollen‘ zu tun hat, ist von Menschen gemacht, und würde nicht lange bestehen, wenn’s sich nicht irgendwie bewährt hätte (bewähren meine ich nicht im Sinne normativer Kategorien). Das Sollen gibt mir Entscheidungshilfen, aber es läßt mir eine prinzipielle Wahl.

    Aquifel

    blacklebaron

    Alles ‚Sollen‘ ist von Menschen gemacht, die Natur kennt kein ‚Sollen‘, sondern nur (Kausal-)Zusammenhänge. D.h. auch wenn es vielleicht katalogartig niedergeschrieben ist, so entspringt ‚Sollen‘ immer einem geschichtlichen, kulturellen, sozialen, technologischen, und geistigen Kontext. Menschen machen Gesetze, die Gesetze verändern die Menschen, die Menschen ändern die Gesetze usw.

    Du beschreibst gerade selber, warum „Sollen“ dogmatisch ist. Sollen ist vom Umfeld diktiert, daher nicht frei.

    Hört sich grad wie bei ’nem orthodox-marxistischen Klassenkämpfer an…
    Du solltest mir mal erklären, wer oder was das diktierende Umfeld sind, das klingt sehr nebulös. Sollen das die Naturgegebenheiten sein? Oder irgendwelche Tyrannen / Regenten?
    Ich meine, Traditionen, Regeln und Gesetze sind immer Produkt ihrer Umstände, und an denen fabriziert jeder mit, ob beabsichtigt oder nicht, ob mit marginalen oder großen Effekt. Insofern kann ‚Sollen‘ gar kein Dogma sein, denn Dogmas sind unverhandelbar.

    Aquifel

    blacklebaron

    Das Problem ist nur heutzutage, daß viele nicht mehr verstehen, warum die Gesetze so geschrieben worden sind, wie sie es nun mal sind. Man kann und/oder will den „background“ nicht mehr verstehen, man kapiert nicht mehr, was der eigentliche Hintergedanke des ‚Sollens‘ ist.

    Darum geht es doch gar nicht. Nicht der Sinn des Sollens ist interessant, sondern die Freiheit im Sollen, bzw. die Zusammengehörigkeit/Identität des Sollens und Wollens.

    Wollen und Sollen kann man doch nur über den Sinn einander annähern, wie anders wolltest Du zwischen beiden vermitteln?
    Ohne den Sinn des ‚Sollens‘ zu verstehen kann ich doch die Freiheit höchstens der Möglichkeit nach wahrnehmen. Und es wäre schon sehr paradox anzunehmen, die Identität mit etwas herzustellen zu wollen, das ich dem Sinn nach nicht begreife. Die Freiheit im Sollen ohne Sinn ist nix anderes als Kadavergehorsam – da hat der Wille nix verloren, das 3. Reich läßt grüßen.

    Aquifel

    blacklebaron

    Zusammenhänge nicht mehr kennen, nehmen wir das ‚Sollen‘ nur noch als repressiven Verhaltenskatalog wahr.

    Wir diskutieren hier über „wahre Freiheit“, die Schöne Seele, die Einheit des Sollens und Wollens auf Basis des freien Willens. Wie gesagt, egal ob das Sollen Sinn macht, frei ist es nur, wenn man ohne äussere Zwänge/Konsequenzen/etc. wählen kann und sich dafür entscheidet. In der Realität ist das natürlich unmöglich, wodurch es sowas wie reale Freiheit gar nicht gibt.

    Diesen Absatz verstehe ich nicht ganz, ich weiß nicht, was Du letztendlich zeigen willst…

    Aquifel

    blacklebaron

    Letztlich ist das ‚Sollen‘ nicht moralisch, sondern vernünftig!

    Je nach Hintergrund des Individuums und des Sollens stimmt das meistens auch. Nur argumentierst du hier kein Stück dafür, dass das Sollen Freiheit bedeutet. Du erklärst warum es das Sollen gibt, warum es sinnvoll ist, dass es gewisse Zwänge gibt, etc. Aber mehr nicht.

    Weil es für die meisten zur meisten Zeit vernünftig ist, sich nach nach den Regeln des ‚Sollens‘ zu richten, bleibt die Freiheit, andere (freie) Entscheidungen zu treffen. Gleichzeitig sinkt die Gefahr, mit meiner „Freiheit“ die „Freiheit“ des nächsten zu beeinträchtigen.

    Aquifel

    blacklebaron

    Warum ist nun absolute Freiheit vorhanden, wenn ‚Wollen‘ und ‚Sollen‘ identisch sind? (Wobei man dazu sagen muß, daß das ein rein hypothetischer Punkt ist, man kann sich dem Punkt höchstens annähern).

    Ich hab gerade keine Zeit mehr, daher gebe ich jetzt mal, ohne den Rest zu lesen darauf meine Antwort :

    Weil man an diesem Punkt, ist man da angelangt, das Sollen nicht als Sollen, sondern als das, was man will, empfunden wird. Wer keine Drogen nimmt, den stören die Gesetze gegen Drogen logischerweise in der Regel nicht.

    Nur der Weg dahin bestimmt, in wieweit das Sollen und Wollen wirklich auf freiem Wege eins geworden sind. Und das geht, mal Zufall ausgelassen, nur durch äusserlichen Druck/Zwang, der Unfreiheit gleich kommt.

    Zwar widersprichst Du Dir im letzten Absatz selbst („…freien Wege eins geworden…Druck/Zwang, der Unfreiheit gleich…), aber:
    Sicher? Siehst Du prinzipiell die Menschen noch pessimistischer als ich, der ich mir schon große Sorgen mache?
    Wobei ich doch noch etwas Hoffnung in Einsicht/Erkenntnis/Vernunft habe, also die frei(willig)e Akzeptanz des „Sollens“.

    --

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    #1483373  | PERMALINK

    Aquifel

    Registriert seit: 06.09.2004

    Beiträge: 4,165

    blacklebaronGrob gesagt würde ich zwischen fremden Zwang (> Erpressung, Nötigung) und freiwilligen/selbstauferlegten Zwang (> Selbstdisziplin, Erkenntnis, Vernunft) unterscheiden.

    Die Frage ist, was die tiefste innerliche Motivation, aus der heruas du Selbstdisziplin übst, ist 😉

    2. Ich entscheide mich bewußt, ohne äußere Einflüsse, zu einer Handlungsweise und zwinge mich, andere nicht anzuwenden = maximal frei, wobei dies für den Menschen also soziales Wesen hypothetisch ist

    Was wahre Freiheit, die, das sagte ich in fast allen meinen Posts, auch rein hypothetisch ist. Aber um genau diese Freiheit geht es mir, da du im Ausgangspost von echter Freiheit geredet hast.

    alte ich mich entsprechend meinem reinen Lustempfinden/meinen Instinkten, handle ich auch unfrei: denn Instinkte gleichen unbeeinflußbaren äußeren Zwängen

    Habe nie was anderes behauptet.

    cheide ich mich, das die Entscheidungshilfen/Regeln (‚Sollen‘) an-/hinzunehmen, handle ich teilweise frei.

    Eben nur teilweise.

    4. Sind die ‚Sollens‘-Regeln die selben wie meine eigenen, so handle ich stets nach meinen eigenen Entscheidungen, bin also maximal frei.

    Nur wenn du das von Geburt an ohne äussere Einflüsse so siehst. Das ist der Kasus Knacktus. Aber um jeden dahin zu kriegen, müsstes du die Freiheit wieder beschneiden! Darum geht es mir doch überhaupt erst.

    Freilich ist das Thema gar nicht so leicht zu formulieren, ich hoffe das hat weitergeholfen.

    Was ist dann Deiner Meinung nach das Gegenteil von Zwang?

    Zwang definiere ich dafür jetzt mal als einen Umstand, der uns in eine Lage bringt, in der uns nichts anderes übrig bleibt als etwas bestimmtes zu tun. Demnach wäre ein mögliches Gegenteil freie Wahl.


    Warum steckt darin keine Freiheit, wenn ich mich zwischen Handlungsoptionen entscheiden kann?

    Weil, aufgrund von Einflüssen, die das Individuum nicht unter Kontrolle hat (seien es richtige Zwänge, Erfahrungen, zu erwartende Konsequenzen, etc.), deine Wahl von vorne herein „subjektiviert“ wird und diese gegebenheiten für dich von vorneherein gewisse Optionen ausschliessen oder präferrieren.

    Deine Beispiele sind nicht unproblematisch, schon weil sie arg mit normativen Wertungen („klug“/“wünschenswert“) durchsetzt sind.
    Der Grundaussage werden sie auch nicht ganz gerecht: natürlich werden sich immer Beispiele konstruieren lassen, in denen eine Handlungsoption deutlich zweckmäßiger ist, als alle anderen. Zweckmäßigkeit hat aber nichts mit Zwang zu tun.

    Natürlich ist es mit Wertungen durchsetzt, aber nicht meinen, sondern denen aus der Sicht des Individuums, das ich betrachte. Und ein individuum wird sich meistens dafür entscheiden, was seiner Ansicht nach ihm auf direkte oder indirekte Weise (auch wenn dies unterbewusst geschehen mag) am zweckmäßigsten ist. Und das iost eine Art Zwang.

    Aber alles was mit ‚Sollen‘ zu tun hat, ist von Menschen gemacht, und würde nicht lange bestehen, wenn’s sich nicht irgendwie bewährt hätte (bewähren meine ich nicht im Sinne normativer Kategorien). Das Sollen gibt mir Entscheidungshilfen, aber es läßt mir eine prinzipielle Wahl.

    Ich sage auch nichts gegen das Sollen an sich, sondern sage, dass darin keine wahre Freiheit liegt!

    Hört sich grad wie bei ’nem orthodox-marxistischen Klassenkämpfer an…
    Du solltest mir mal erklären, wer oder was das diktierende Umfeld sind, das klingt sehr nebulös. Sollen das die Naturgegebenheiten sein? Oder irgendwelche Tyrannen / Regenten?
    Ich meine, Traditionen, Regeln und Gesetze sind immer Produkt ihrer Umstände, und an denen fabriziert jeder mit, ob beabsichtigt oder nicht, ob mit marginalen oder großen Effekt. Insofern kann ‚Sollen‘ gar kein Dogma sein, denn Dogmas sind unverhandelbar.

    Das diktierende Umfeld sind gesellschaftliche Entwicklungen, soziales Umfeld, politische suMfeld, quasi ALLES, was einen umgibt.

    Wollen und Sollen kann man doch nur über den Sinn einander annähern, wie anders wolltest Du zwischen beiden vermitteln?

    Für diese Entwicklung bedürftest du inzwischen nur Maßnahmen, die von aussen herrühren. Ich rede, wie gesagt, von der von dir zitierten wahren (und damit hypothetischen) Freiheit. Und die ständen den Maßnahmen von aussen her gegenüber. Ob du es über den Sinn herleiten willst, spielt dabei keine Rolle.

    Diesen Absatz verstehe ich nicht ganz, ich weiß nicht, was Du letztendlich zeigen willst…

    Eine Annäherung von Sollen und Wollen müsste inzwischen beeinflusst werden und wäre daher nicht wahrhaft frei.

    Zwar widersprichst Du Dir im letzten Absatz selbst („…freien Wege eins geworden…Druck/Zwang, der Unfreiheit gleich…),

    Das widerspricht sich nicht wirklich. Es geht um den hypothetischen Fall, dass Sollen und Wollen eins sind, ohne äussere Einflüsse, was, wie gesagt, nur durch Zufall möglich ist. Demnach ist automatisch eine Art Zwang gegeben.

    Siehst Du prinzipiell die Menschen noch pessimistischer als ich, der ich mir schon große Sorgen mache?

    Ich glaube dass der Mensch ein progressives Wesen ist und diese Progression oft nicht die Wege geht, die, zumindets meiner Ansicht nach, die wünschenswertesten sind.

    ch doch noch etwas Hoffnung in Einsicht/Erkenntnis/Vernunft habe, also die frei(willig)e Akzeptanz des „Sollens“

    Auch wenn ich deiner Auffassung nicht zustimme, ich bezweifle, dass sich das dahin entwickeln wird. Wie gesagt, der Mensch hat die Freiheit erahnen dürfen und das Stück des Kuchens wird er (verständlicherweise auf eine gewisse Art) nicht zurückgeben. Nicht freiwillig.

    --

    Erklärbär des Forums 2. Vorsitzender des Clubs STOLZER BARTTRÄGER Ich hab "Buuhörns" gerufen. http://www.last.fm/user/DerMuedeJoe/ Piercings by Jana
    #1483375  | PERMALINK

    blacklebaron

    Registriert seit: 29.02.2004

    Beiträge: 620

    Der Replik zweiter Teil 😉

    Aquifel

    blacklebaron

    Denn bis zu diesem Zeitpunkt stellte sich den Menschen die Frage der eigenen Freiheit nicht: das ‚Sollen‘ war ihnen so selbstverständlich, daß sich die Fragen nicht stellten. (Ob das damalige ‚Sollen‘ nach heutigen Maßstäben „gut“ oder „schlecht“ war, ist für diese wertfreie Diskussion irrelevant).

    Oder eher deshalb da, gerade vor einigen Jahrhunderten, der einfache Mann durch Umstände, wie stärkeres religiöses Empfinden (oftmals) oder schlichtweg aus Problemen im Alltag, mit denen er genug zu Ringen hatte und auch die allgemeine weniger emanzipierte Situation der Gesellschaft, nicht so stark das Bedürfnis bzw. durch das Gefühl der Determiniertheit nicht den Eindruck, dass er direkt etwas ändern könnte hatte. Und die dann stattfindenen Revolutionen hatten neben dem Gefühl des moralischen Verfalls auch viel mit der Unfreiheit zu tun.

    Richtig, er war moralisch aufgehoben, ob man das heute gut oder schlecht finden mag. Aber ich denke, erst die moralische Dekadenz hat die Revolutionen in Gang gebracht. Nur wem sein moralisches Weltbild zerrüttet wird, hat den Mut und das Herz, sein Leben in einer Revolution zu riskieren. Ausnahmen sehe ich nur, wenn’s um nackte Überleben geht. Revolution gab’s bei uns noch keine, weil wir noch ausreichend betäubt und wirtschaftlich gesättigt sind, in Deutschland ist man geistig viel zu bräsig / eingelullt für sowas – und der Zustand der Nicht-Moral ist ja bei uns eh gewollt…

    Aquifel

    blacklebaron

    Heutzutage haben wir den Zustand der „Sollens-Krise“ zum moralischen Absolutheitsanspruch erhoben, im Prinzip schmiedet sich jeder seine eigene Moral, naheliegend, daß er sie an sich selbst ausrichtet. Das bedeutet freilich auch Konflikt mit der „Ego-Moral“ des Nachbarn. Der
    Inbegriff dieser „Ego-Moral“ heißt bei den meisten: Lustprinzip!

    Wobei das imo nicht so krass ist wie du sagst und durch die Entwicklungen in der Vergangenheit, ist das eher nicht so abwegig, dass es so gekommen ist. Und letztendlich muss jeder selbst entscheiden, was er moralisch verantworten kann. Ohne partielle Ego-Moral der Individuen wäre das Leben öde, da wir in in jeglicher Hinsicht diesbezüglich konform gängen. Aufgrund der verschiedenen Kulturen wäre das global gesehen alles aber eh kaum möglich.
    Und zum Lustprinzip : Du verteufelst es ja geradezu. Aber in nem gewissen Rahmen ist gegen dieses Prinzip nichts einzuwenden! Vor allem, wenn man die Konsequenzen seines Handel´ns trägt, ergo auch die Verantwortung.

    Ich hab‘ nix gegen das Lustprinzip, solange es im privaten Bereich bleibt. Da jeder tun und machen, was er will (maximale Toleranz, siehe oben). Und wenn ein Pärchen privat auf derben SM mit NS und KV steht, dann – so sehe ich das – habe ich darüber kein moralisches Urteil zu fällen.

    ABER: Ich kann es nicht vertragen, wenn das Lustprinzip quasi Staatsauftrag und Staatsprinzip wird, à la „jeder bekommt genug Geld, um sich zu betäuben.“ Egal, woher das Geld kommt. (Jaja, ich überspitze alles etwas…) Der Staat wird zum Erfüllungshelfer des persönlichen Glücks, und wenn er nicht alles leistet, was wir uns wünschen (weil es z.T. auch garnicht seine originären Aufgaben sind), dann wird er mal schnell zum machtgeilen Unterdrücker deklariert. Für den einzelnen, der eine Forderung nach der anderen raushaut: „Staat mach dies, leiste das,…“ ist das natürlich eine sehr schmeichelhafte Position.
    Man muß es auch nicht Lustprinzip nennen… jedenfalls sollen die Individualrechte die ganze Gesellschaft dominieren, von einem Gleichgewicht von Rechten und Pflichten kann nicht mehr ernsthaft die Rede sein.
    Schau sie Dir doch an, die Links-Liberalen und Links-Alternativen, reden nur und nur von Bürgerrechten, nie von den Rechten der Gesellschaft, die ihnen diese Rechte erst ermöglichte. Ich formuliere absichtlich etwas drastisch: sie sind die wahren A-sozialen dieser Republik.

    Aquifel

    blacklebaron

    - Individualisierung bzw. Atomisierung, Single-Dasein
    – Selbst-Betäubung ganzer Gesellschaftsschichten: man wird von Myriaden unsortierter Informationen erschlagen, liegt im moralischen Konflikt mit sich selbst und seiner Umgebung, also gibt man sich lieber der Betäubung hin, die da viele Namen haben: Kokain, Extremsport, Entertainment usw.

    Das klingt, als ob du mit der Ablenkung im Leben ein grosses Problem hast. Letztendlich läuft alles auf den Tod hinaus. Und vieles lenkt uns von dieser Realität ab. Manche brauchen mehr Ablenkung, andere weniger. Für den einen macht es mehr Sinn dies durch harte und lange Arbeit zu tun, für andere ist es besser, sie schauen täglich ihre drei Stunden fern. Krass gesagt gibt es für jeden Akt einen der davon profitiert, auch wenn oft irgendwo einer verliert. Aber was wäre schlimmer, als am Ende abzutreten und den Grossteil seines Lebens zu bereuen, weil man sich nicht ab und an dem Lustprinzip, der partiellen Ego Moral zugewendet zu haben?

    Ich will gar nicht widersprechen, daß man Ablenkung, Muse usw. braucht. Aber dem Bedarf an benötigter Ablenkung zu urteilen, muß Deutschland grad in den letzten paar Jahrzehnten besonders langweilig geworden sein. Und woher kommt das? Weil sich jeder ins private Schneckenhaus zurückzieht, und der Staat wurde für diese Politik instrumentalisiert.
    Kann man nicht auch zufrieden auf sein Leben blicken, wenn man auf öffentlicher Bühne was gerissen hat? Eigentlich wohl schon, aber nicht hier: Politiker, und alle die entfernt was mit Politik zu tun haben, sind eh die moralischen Verlierer, egal, was sie tun. Arme Schweine!
    Auch ich muß mich oft genug für meinen Beruf rechtfertigen, weil ich nun mal direkt für den Staat arbeite. Und ich muß mich blöd anschauen lassen, weil ich ehrenamtlich in einer Partei arbeite, wiegesagt: ehrenamtlich! Kein Geld! Dafür kann man sich doch nix kaufen – das ist’s, was ich in den Gesichtern vieler lese. Oder auch: Warum tust Du dir das an (unter all den Betrügern, Gaunern, etc.)? Da hast Du doch nix von!
    Und die Medien und Schreiberlinge machen das Spielchen gerne mit, profitieren ja noch davon: ist ja ohnehin ein häufig ein sehr linkes Gesocks. Die habens ja geschafft, dem Staat seine dürftige moralische Autorität abzukaufen, seitdem verwalten sie das verkürzte „politische“ Bewußtsein der Deutschen, welche sich nicht entblöden, das meist oberflächliche und hyperkritizistische Geseier eifrig nachzuäffen. Damit wird eine latente Querulanz erzeugt, sie findet schon ihren Gegner. Und die Medien freuen sich, denn „bad news are good news“ und der Rubel rollt.

    Aquifel

    blacklebaron

    - je privater, desto toleranter, je öffentlicher, desto intoleranter

    Das klingt irgendwie nach nem ganz seltsamen Weltbild.Öffentlich kann man sicher weniger sagen/machen, als privat, aber das klingt so zu krass formuliert.

    Ja, ich hab schon etwas überspitzt formuliert. Aber ich wehre mich mich gegen den „Nihilismus des Geltenlassens von schlechthin Allem“. Ohne eine gewisse kulturelle Identität (Leitkultur – auch wenn der Begriff verpönt ist; die permanente Argumentation mit der Nazi-Keule ist ja auch so’n Unding) kann keine Gesellschaft gedeihen.

    Aquifel

    blacklebaron

    - eine einigermaßen kohärente, verständliche Moral für alle

    Gewisse moralische Grundprinzipien hat jede Kultur und ausser gestörte Individuen geht jeder damit halbwegs konform. Mehr würde zur Entindividualisierung führen, was unserem heutigen Bewusstsein nach ziemlich hart wäre.

    Stimmt schon, nur was im Moment passiert, ist genau das Gegenteil, es gibt nur noch ganz wenige gesellschaftsübergreifende Grundprinzipien. Und wer versucht, daran was zu ändern, bekommt die erwähnte Nazi-Keule um die Ohren geballert: „Buh, Leitkultur = Herrenmensch = Auschwitz“ So ähnlich läuft doch die „Argumentation“.

    Aquifel

    blacklebaron


    Wenn sich die Frage der Freiheit nicht mehr stellt, dann haben wir viel Freiheit.

    Eigentlich nicht, wir empfinden nur nicht das Bedürfnis nach Freiheit. Wer aber einmal den Blick auf die Freiheit, der dem Menschen in der Realität möglich ist, geworfen hat, der wird, zu Recht, nicht mehr wirklich einsehen, warum er sie aufgeben sollte. Es ist wie mit Träumen : Gehen sie in Erfüllung ist es schöner als alles andere, zerbrechen sie aber, ist es shclimmer, als sie nie erlebt zu haben (zumindets für den Moment, bis man „Ersatz“ gefunden hat).

    Was aber alles immer noch nicht erklärt, wie wirkliche Freiheit im Zusammenhang/Annäherung mit der Einheit von Sollen und Wollen steht. Du hast schlichtweg erklärt, dass wir, wenn Sollen und Wollen eins sind, nicht mehr das Bedürfnis haben, über Freiheit nachzudenken. Und das ist wie Dummheit/Naivität : Macht einen scheinbar glücklicher, da man vieles nicht hinterblickt/hinterfragt, aber endgültige Befriedigung bietet es dem Geist oder der Seele nur sehr bedingt (auch wenn man so durchaus ohne Reue sterben kann und in der Sekunde des Todes sein Leben als erfüllt betrachten kann).

    Das erreichen des höchstmöglichen Grades wirklicher Freiheit für die höchstmögliche Anzahl Personen sollte daher das Ziel sein und nicht den Leuten das Bedürfnis nach Freiheit zu nehmen. Das ähnelt Propaganda : es scheint Probleme zu lösen, für den Verstand derer, die drauf reinfallen/sich dem hingeben, aber wirklich gelöst wird damit nicht mal ein Kreuzworträtsel in der Bildzeitung.

    Edit : Abgesehen davon würde die Identität von Sollen udn Wollen auf einer gemeinsamen Basis des (moralischen) Sollens, die Individualität des Ichs einschränken, was die Progression des Menschen in geistiger Hinsicht zumindest teilweise stagnieren lassen würde.
    So wie du vieles sagts, wäre der Mensch eher einer Maschine als einem potentiell hochgradig denkfähigem Tier ähnlich.

    Hier liegt immer noch ein Mißverständnis: es geht nicht darum, den Menschen das Bedürfnis nach Freiheit zu nehmen, es wird sich im Idealfall von selbst auflösen. Und ich wiederhole auch: Ohne Sinn können ‚Sollen‘ und ‚Wollen‘ nicht dialektisch vermittelt werden. Also keine Naivität/Dummheit… Und weder soll das ‚Wollen‘ dem ‚Sollen‘ geopfert werden, noch umgekehrt, sondern sie sollen im Gleichgewicht einander zugeführt werden. Und ich glaube, in diesem Zustand hätte der Mensch die meisten freien geistigen und physischen Kapazitäten, um sich produktiveren Dingen zu widmen. Im momentanen Status der Hyperindividualität verwendet er viel Zeit auf Pseudo-Selbstverwirklichung, Organisation seiner vielen Freizeit, und Artikulation seiner trotzdem vorhandenen Unzufriedenheit.

    Anmerkung am Rande: mich überrascht es nicht, daß in Deutschland die Mitgliederzahl in Vereinen und Organisationen von öffentlichen Belang drastisch zurückgeht: dort müßte man ja Verpflichtungen eingehen. Im Gegensatz dazu stehen private Gruppen und Vereine, also ohne Außenwirksamkeit.

    Aquifel

    blacklebaron

    - Verantwortungs- und Pflichtbewußtsein bei gleichzeitig kritischem Denken

    Das funktioniert in deiner Anschauung aber nur, wenn die moralischen Konventionen nicht hinterfragt werden, bzw. nicht mit einer negierenden Antwort hinterfragt werden. Und moralisch ist das durch Subjektivität möglich. nur bei mathematischen(physikalischen Konventionen, die uns zur Greifbarkeit des Themas dienen, wäre das abstrus und unmöglich (bzw. möglich, aber sinnfrei).

    Kann ich nicht nachvollziehen… warum muss es immer gleich „Revolutionen oder Stagnation“ heißen. Wenn ich mich nicht irre, hat doch die Systemlehre gezeigt, daß sich Systeme aus sich selbst heraus regulieren/reformieren können, um somit Extremfälle wie Totalitarismus oder Moralanarchie/Kulturnihilismus zu vermeiden. Man muß „nur“ das System entsprechend gestalten. Aber dazu sind wohl Diktatur wie Demokratie nicht gut geeignet, oder ist es typisch deutsch, von einem Extrem ins andere zu schlagen?

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    #1483377  | PERMALINK

    Aquifel

    Registriert seit: 06.09.2004

    Beiträge: 4,165

    Von Revolution rede ich gar nicht, sondenr von Progression 😉

    Und der Hauptpunkt, warum wir mehr oder weniger nicht wirklich auf einen halwegs annehmbaren nenner kommen ist, dass ich von absoluter Freiheit im Sinne einer hypothetischen kompletten Freiheit rede und du einen etwas konventionelleren bzw. gebräuchlicheren Begriff dieses Wortes benutzt bzw. zitierst 😉

    (Hab jetzt nicht alles gelesen, da es spät ist und ich zu viel Wodka getrunken habe^^)

    --

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    #1483379  | PERMALINK

    blacklebaron

    Registriert seit: 29.02.2004

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    AquifelVon Revolution rede ich gar nicht, sondenr von Progression 😉

    Und der Hauptpunkt, warum wir mehr oder weniger nicht wirklich auf einen halwegs annehmbaren nenner kommen ist, dass ich von absoluter Freiheit im Sinne einer hypothetischen kompletten Freiheit rede und du einen etwas konventionelleren bzw. gebräuchlicheren Begriff dieses Wortes benutzt bzw. zitierst 😉

    (Hab jetzt nicht alles gelesen, da es spät ist und ich zu viel Wodka getrunken habe^^)

    Das glaube ich nicht unbedingt: ich sehe das Problem eher darin, daß ich absolute Freiheit in zwei (hypothetischen )Punkten verwirklicht sehe: nämlich in Beispielen 2 und 4 von oben, während Du eigentlich nur Punkt 2 akzeptierst. (Der übrigens dem alltäglichen Gebrauch des Wortes Freiheit eher entspricht, insofern ich den als konventioneller bezeichnen würde – was aber letztlich irrelevant ist.)

    Wobei ich mir grad etwas unsicher bin, ob Beispiel 2 selbst hypothtisch zu verwirklichen wäre, oder sogar gänzlich unmöglich ist: wenn ich davon ausgehe, daß dieser Mensch quasi von Geburt an ein Eremitendasein führen müßte, wie hätte er 1. überleben sollen und 2. die Fähigkeiten zum entscheiden / bewußten reflektieren lernen sollen? *grübel*

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    #1483381  | PERMALINK

    Aquifel

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    Punkt 2 ist unmöglich wäre aber wahre Freiheit in dem Sinne, dass es keinerlei Zwänge gäbe. Natürlich ist das unmgölich. Punkt 4, und das ist meine Ansicht, ist keine wahre Freiheit, es ist das reine Gefühl, alles tun zu können, da man aber eh nur will, was man „soll“ und das ohne vorhergehende äusserliche Einflüsse unmöglich ist.

    Anders gesagt : Wahre Freiheit, wie sie in dem Zitat halt erwähnt wird, wäre, alles tun zu können, losgelöst von allen Einflüssen. Ein „Sollens“-Begriff, auch ein kollektiv empfundener, wäre da zwar vorhanden, würde aber keine Rolle spielen, auch nicht für das Individuum.

    Selbstverständlich würde das im Chaos enden, aber darum geht es nicht 😉

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